Rezension Cynthia D'Aprix Sweeney - Das Nest
Klappentext:Als Kinder haben sie einander geneckt, als Erwachsene verbindet die Geschwister Melody, Jack, Beatrice und Leo Plumb nur noch eine gemeinsame Erbschaft. Mitten in der Finanzkrise brauchen alle dringend Geld. Melody, Hausfrau und Mutter, wachsen die Ausgaben für ihr Vorstadthäuschen und die Collegegebühren ihrer Töchter über den Kopf. Antiquitätenhändler Jack hat hinter dem Rücken seines Ehemanns das Sommerhaus verpfändet. Beatrice, erfolglose Schriftstellerin, will endlich ihr Apartment vergrößern. Doch kurz bevor das Erbe ausbezahlt wird, verwendet ihre Mutter es, um Playboy Leo aus einer Notlage zu helfen. Unfreiwillig wiedervereint, müssen die Geschwister sich mit altem Groll und falschen Gewissheiten auseinandersetzen. Aber vor allem müssen sie irgendwo frisches Geld auftreiben ...
Meinung:Eigentlich sollten Melody, Jack, Bea und Leo einen großen Geldbetrag aus einem von ihrem Vater eingerichteten Fond erhalten, wenn die jüngste, Melody, 40 wird. Doch die Mutter hat immer noch die Verfügungsberechtigung über den Fond, und so nutzt sie das Geld, um Leo, den Ältesten der Vier, aus der Klemme zu helfen, nachdem er einen folgenreichen Autounfall hatte. Die anderen sind bestürzt, haben sie doch fest mit dem Geld gerechnet und ihre Leben und vor allem ihre Finanzierungen in Hinblick auf das kommende Erbe ausgerichtet. Plötzlich scheinen alle vor den Trümmern ihrer Existenz zu stehen. Frisches Geld muss her und Leo soll es besorgen, schließlich ist er für die Situationen mit verantwortlich. Doch auch Leo merkt, dass ihm im Leben doch nicht alles so leicht zufliegt...
Cynthia D'Aprix Sweeney hat ihre Charaktere sehr fein und detailliert gezeichnet. So werden die jeweiligen Schwächen der Protagonisten besonders hervorgehoben, da die Geschichte ja auch den Hauptaugenmerk auf diese legt. Jedes der Geschwister kämpft mit Unsicherheiten und Selbstzweifeln, will dazugehören, sich beweisen oder besser stellen. Die lieblose Beziehung zur Mutter, der frühe Tod des Vaters, all das sind nur einige Gründe, warum die Geschwister so große Schwierigkeiten haben, aufeinander zu zugehen. Die Figuren sind großartig ausgearbeitet, haben Tiefe und sprechen den Leser direkt an.
Deshalb fand ich es sehr schade, dass der Roman nicht bissiger war. Die Figuren bieten eine gute Vorlage und irgendwie hätte ich hier noch mehr Konflikte erwartet. Diese gibt es zwar im Roman, das spreche ich ihm hier nicht ab, aber ich empfand diese als recht milde und hätte es schön gefunden, wenn die Autorin noch mutiger gewesen wäre und die Situationen noch mehr zugespitzt hätte. Denn mit ihrem Erzählstil hat mich Cynthia D'Aprix Sweeney, großartig übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner, auf jeden Fall eingefangen und bereitwillig habe ich ihrer Geschichte bis zu letzten Seite gefolgt. Langweilig war der Roman an keiner Stelle und hat sehr unterhaltsame Lesestunden bereitet.
Erzählt in der dritten Person, mit wechselnden Blickwinkeln der Familie und Angehörige, schafft Cynthia D'Aprix Sweeney einen guten Erzählfluss. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und dank eines guten Plots zieht die Geschichte einen in den Bann, wobei das schön ausgearbeitete, bildliche Setting Großstadtfeeling und Kopfkino bereitet.
Fazit:Das Nest habe ich sehr gerne gelesen, nicht nur wegen der interessanten Geschichte sondern auch wegen seines einnehmenden Erzählstil. Ein wenig mehr Mut bei den Konflikten hätte ich mir aber gewünscht, da ist mir die Story nicht bissig genug geworden.
Von mir gibt es sehr gute 4 von 5 Punkten. PreisGebunden: 19,95 Euro
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 978-3-608-98000-4Seitenzahl: 410
Übersetzer: Nicolai von Schweder-Schreiner
Quelle: http://www.klett-cotta.de/buch/Gegenwartsliteratur/Das_Nest/74705