Auch hier: alles aufs Übelste versmogt.
Nach einer Pause bei ein paar Häusern, zusammen mit einem kühlen Fresca ging es wieder ein paar Kilometer mehrheitlich bergab. Als vor uns ein Auto hielt und wir vor der Region (und deren Leute) gewarnt wurden, waren wir einigermassen überrascht. In Cuernavaca hatten wir nämlich Polizisten auf die geplante Route angesprochen und gefragt, ob die Strecke sicher sei. "Bei Tag ja", war die Antwort gewesen und da wir eh nicht nachts fahren, hatten nun wir keine solchen Warnungen erwartet. Die Señora meinte aber eindringlich, wir sollten hier nicht bei Häusern entlang der Strasse stoppen und erst im nächsten grösseren Ort, dessen Name uns total unbekannt war, wieder Pause machen. Das Dorf Ocuilan, das wir zum Mittagessen auserkoren, war dann zwar nicht die empfohlene Ortschaft, der Platz vor der Kirche gefiel uns aber und es schaute uns niemand auch nur unfreundlich an. Später stellten wir bei einer Abzweigung ohnehin fest, dass wir da gar nie hingekommen wären. (Wie wir später erfuhren, ist der Staat Mexico tatsächlich nicht einer der sichersten. Die Staaten Puebla und Morelos, durch die wir zuvor gereist waren, haben diese Probleme anscheinend nicht.)
Nun ging's wieder begauf, nicht extrem steil, aber stetig. An diesem Hügel standen dutzende Treibhäuser, wo alle möglichen Blumen und sonstigen Topfplanzen verkauft wurden, die Ende Oktober wegen dem Tag der Toten absolute Hochsaison hatten und wie wir hörten in dieser Zeit entsprechend hohe Preise verlangten. Bald darauf kamen wir beim kleinen Dörfli Santa Lucía an und da es langsam Zeit wurde, sich nach einer Übernachtungsmöglichkeit umzuschauen, fragten wir nach Bomberos oder Polizeiposten (nach knappen 47 km und 6 Stunden). Gab es aber alles nicht. Selbst die Schule war weiter unten in Ocuilan. Da aber selbst das kleinste Kaff eine Kirche hat, fuhren wir trotzdem rein und hofften, jemanden zu finden, der uns weiterhelfen konnte. Bei der Kirche klappte das nicht, dafür kriegten wir die Erlaubnis, vor dem Centro de Salut, dem "Spital", bzw. Haus der Ärztin zu campen. Die nette junge Dame meinte dann aber gleich, dass es zum campen eigentlich zu kalt werde und bot uns das "Hospitalisierungszimmer" an.
Jener Nachmittag/Abend wurde unterhaltsam. Die dort alleine wohnende Ärztin war glücklich, Besuch zu haben und erzählte uns über ihre Arbeit hier auf dem Land. Anscheinend müssen alle jungen Ärzte in Mexiko ein Jahr lang gratis in einem kleinen Dorf arbeiten. Für Frauen ist das nicht immer ganz einfach, da sich einige mexikanische Obermachos nicht von Frauen behandeln lassen wollen und auch sonst öfter nicht sonderlich viel Respekt zeigen bzw. recht aufdringlich werden. Aus diesem Grund hatte unsere neue Freundin auch einen streunenden Hund aufgenommen, der nun auch im Haus wohnt und Zutritt zu sämtlichen Behandlungsräumen hat:-)
Der nächste Tag wurde relativ easy, erst ging es noch leicht auf und ab, dann war es mehrheitlich flach. Natürlich war das landwirtschaftlich genutztes Gebiet und im Moment werden viele Felder abgeerntet. Das sah richtig hübsch aus, wie die Maisstängel gebündelt waren.
Abgeerntete Maisfelder.
Wir kamen nun in die Nähe von Toluca und der Verkehr wurde immer dichter. Kurz vor der Stadt holte uns ein mexikanischer Ciclista ein, der auch mehrere Tage unterwegs war, als Gepäck aber nun einen Rucksack dabei hatte. Er war anscheinend kurz zuvor von seiner Freundin verlassen worden, fühlte sich einsam und suchte Gesellschaft. Wie es sich später herausstellte, wollte er nicht nur ein paar Stunden, sondern einige Tage mit uns fahren. Hmmm, was sollten wir da sagen? Er war ja nett, nervte jedoch nach einer Weile ziemlich. Er wollte immer mit uns reden und konnte nicht verstehen, dass wir keine grosse Lust hatten, die ganze Zeit in der Gegend herumzubrüllen (viel Verkehr ist bekanntlich laut). Als wir bei einer Tankstelle stoppten um uns bei unseren Freunden in Querétaro zu melden, ist er dann endlich verschwunden. Ja, auf Querétaro freuten wir uns. Wir hatten eine Einladung bei jener ecuatorianisch-holländischen Familie, bei der wir letze Weihnacht in Cuenca verbracht hatten und die hier in Mexiko wohnt.
Einige Kilometer später fragten wir bei einer Tankstelle an, ob wir campen dürften, was dann aber nicht ging, da im Rasen wenige Zentimeter unter der Oberfläche Bewässerungsrohre verlegt waren und man somit keine Heringe einschlagen konnte. Die nächste Pemex (94 km, 5:46 Stunden) war zwar nicht so hübsch, dafür wurde das Gras nicht bewässert. Wir hofften schon auf ein schön dunkles Plätzli hinter den Gebäuden, dummerweise war das dann aber die ganze Nacht grell beleuchtet. Tja Pech, sonst war es aber relativ gemütlich und die Leute der Tankstelle wie immer mega nett. Die Nacht wurde aber unfreundlich kalt, d.h. ich fand es eher kühl, Martina meinte, sie hätte die ganze Nacht lang gefrohren. Tja, nochmals Pech, unsere Faserpelz-Pijamas bewährten sich also nicht wie erhofft.
Tags darauf hatten wir das topfebene und todlangweilige "Tal" verlassen und es ging schon bald munter auf und ab. Nach Atlacomulco, einem grösseren Verkehrsknotenpunkt, befanden wir uns wieder einmal in einem riesigen Gewirr an neuen, alten und sich im Bau befindenden Strassen. Es ist schon unglaublich, wieviel Geld Mexiko in sein Strassennetz investiert. Das müssen Milliarden von Dólares sein, die hoffentlich nicht anderswo fehlen, wie z.B. bei der Bildung oder im Gesundheitswesen.
Viele neue Strassen in Mexiko.
Nun ging es erst mal ein Stück bergab, und das auf einer ziemlich ruinösen Strasse, entlang der sich ein Menge Baustellen befanden, da sie anscheinend zu schmal ist und auf vier Spuren ausgebaut wird. So konnten wir teilweise auf einer schön breiten, neu asphaltierten aber noch nicht befahrenen Strasse pedalen, teilweise mussten wir die enge, zerbrösmelte Fahrbahn mit dem vielen Schwerverkehr teilen. Nach einer Mittagspause auf einer Wiese im Schatten eines Baumes kam die obligatorische nächste Steigung, nun wieder auf schmaler Strasse. Man hört über Mexiko ja die krassesten Sachen was den Verkehr betrifft, bis jetzt können wir uns aber nicht beklagen und auch diesmal waren die Autofahrer überraschend geduldig und rücksichtsvoll. Trotzdem waren wir froh, als die Strasse weiter oben wieder breiter wurde. So war es sogar wieder möglich, etwas umherzuschauen und so interessante Sachen wie einen Aquedukt zu entdecken, der da durch die Landschaft zieht.
Aquedukt.
Inzwischen war es spät geworden und wir fragten wieder bei einer Tankstelle an, ob wir campen dürften (73 km, 4:39 Stunden). Wir durften. Während wir mit dem freundlichen Herrn plauderten, bot er uns ein mehr oder weniger leerstehendes Ladenlokal an, das sei vielleicht etwas wärmer als ein Zelt. Da diese Wahrscheinlichkeit gross war, nahmen wir das Angebot dankend an. Der Señor besass daneben ein kleines Restaurant und lud uns gleich zum Abendessen ein. Es gab Tortas de Salchicha, warme Sandwiches mit Würstchen und Gemüse. Mmm, fein.
Da es am Morgen jeweils nicht sehr warm war, standen wir nun auch nie wirklich früh auf - obwohl ursprünglich einmal geplant. Auch hier nicht, auch wenn es im Gebäude drin nicht kalt war. Die Abfahrt, mit der der Tag begann, war natürlich von diversen Gegensteigungen durchsetzt, die uns netterweise auch gleich aufwärmten. Insgesamt ging es an diesem Tag mehr bergab als bergauf, was die Sache erleichterte, v.a. da Martina gar nicht fit war. Schon am Vortag hatte sie komische Schwindelanfälle gehabt, die nun immer stärker und häufiger wurden. Wir überquerten auch wieder eine Staatsgrenze und befanden uns nun in Querétaro.
Von einer Pemex aus riefen wir Pati an und erhielten eine Wegbeschreibung, die gar nicht so kompliziert klang. Trotzdem schafften wir es, eine falsche Abzweigung zu nehmen (die blöde Strasse hatte aber auch die gleiche Nummer), was wir erst gute 7 km später bemerkten. Blieb nichts anderes übrig als Kehrt zu machen und zurückzufahren. Nun kamen wir der Stadt Querétaro immer näher und es hatte viel Verkehr, zum Glück bis kurz vor der Ortseinfahrt aber auch einen breiten Seitenstreifen. Wir mussten nun quer durch die ganze Stadt hindurch und unsere Karte zeigte eine Art Autopista an, die uns genau dahin führen sollte, wo wir hinwollten. Die Verkehrsschilder zeigten dasselbe an, fieserweise stand da aber auch "Solo Autos" geschrieben. Velos waren auf dieser Durchgangsstrasse also nicht erlaubt. Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen, dass dies niemanden interessiert hätte, diesmal wurden wir aber nach nur ein paar Minuten von einer Polizeistreife weggeschickt. Zum Glück gab es eine paralelle "normale" Strasse, wo auch wir geduldet waren.
Die Strecke durch die Stadt und die gerade, breite Strasse danach zogen sich lange dahin. Ich war besorgt wegen Martina, der es nicht nur schwindlig war, sie sagt auch, sie sehe nicht mehr richtig. Im Stadtverkehr ist so etwas natürlich extrem ungünstig und wenn Martina auf die Frage, wie es ihr gehe, nur "sehr schlecht" antwortet, dann ist das gar nicht gut. Wie sollte es auch anders sein, klar hatte ich auch noch einen Platten, der uns nochmals aufhielt. Während ich den Schlauch wechselte, sass Martina bewegungslos da mit dem Kopf auf den Knien und sagte keinen Ton. Ich hatte keine Ahnung, wie weit es noch war und ob sie es bis dahin auch wirklich schaffen würde. Sollte ich einen Autofahrer stoppen, um ein Handy bitten und Pati anrufen? Ob ein solches Velo aber in ihr Auto passen würde? Wohl eher nicht.
Endlich sahen wir den Wegweiser, dem wir folgen mussten und gleich darauf kam unsere Abzweigung. Nur wenige Minuten später hatten wir den Supermarkt erreicht, wo wir unsere Freundin treffen sollten. Das Problem war nun, ein öffentliches Telefon zu finden. Gab es nicht. Ein netter Wachmensch lieh mir sein Natel und kurz darauf war Pati da, zusammen mit ihrer 12-jährigen Tochter Carmen und einer Freundin. Nach einer kurzen freudigen Begrüssung folgten wir dem Auto in ein grosses, elegantes Wohngebiet und in eine bewachte Siedlung mit grosszügigen, schönen Häusern. Mensch, war ich froh, dass wir ankamen ohne Sturz oder sonst einem Unfall. Das waren immerhin 116 km gewesen (14 davon zusätzlich wegen falscher Strasse) und hatte über 6:30 Stunden gedauert. Wir hatten erwartet, so um die 15 Uhr anzukommen, nun war es fast 17 Uhr. So kaputt habe ich Martina noch nie gesehen.
Welcome home! Für uns von Carmen.
Carmen und ihre Freundin waren natürlich total aufgeregt und wollten alles über unsere Reise wissen. Martina konnte sich dem bald entziehen, da es Pati schon gelungen war, einen Arzttermin zu organisieren. Diesem ersten Termin sollten noch eine Menge weiterer folgen, einer davon bei einer Augenärztin und zweimal beim Physiotherapeuten. Das war anscheinend eine recht komplizierte Sache und erst mal herauszufinden, was das Problem war, war offensichtlich nicht so trivial. So, wie ich es verstanden habe, hat es im Ohr drin eine Art kleine Kristalle, die für das Gleichgewicht verantwortlich sind. Irgendwie sind die verschoben worden und sandten nun falsche Signale an das Gehirn, was den Schwindel auslöste. Was genau die komische unscharfe Sicht verursacht hat, habe ich nicht mitgekriegt.
Aus den geplanten drei bis vier Tagen Besuch sind insgesamt zweieinhalb Wochen geworden. Pati, unsere Heldin, hat Martina zu all den Arztterminen gefahren, meistens während ich auf dem megabequemen Sofa rumgehängt bin und mich kaum gerührt habe. Mal ehrlich, eine Pause mit totalem Nichtstun hat es auf der gesamten Reise noch kein einziges Mal gegeben. "Pause" heisst meistens, waschen, bloggen, einkaufen etc. etc. Natürlich wurde die Rumhängerei nach einigen Tagen etwas langweilig, aber es gab da eine grosse Sammlung an DVDs und Büchern um dem abzuhelfen. Als Sjef, Patis Mann, von einer Geschäftsreise nach Hause kam, gab es natürlich auch spannendes zu hören und auch Jan, Carmens 15-jähriger Bruder, dessen Berufswunsch (wenn ich das richtig verstanden habe) UNO-Generalsekretär ist, ist ein interessanter Gesprächspartner. Wir machten uns in der Küche etwas nützlich, da Pati eine Putzfrau und einen Gärtner hat, gab es sonst im Haus nicht so viel zu helfen. Und über die gesamte Zeit darum auch nicht allzuviel zu schreiben, wir haben schlicht kaum etwas gemacht.
Ich, Carmen, Sjef, Pati, Jan und Martina.
Sjef, Pati, Jan und Carmen: Ihr seid unglaublich, nochmals allerbesten Dank für die lange Zeit, die wir bei Euch zu Hause verbringen durfen, für das feine Essen, das bequeme Bett und das supergemütliche Sofa und und und... Wir haben die Zeit sehr genossen und hoffen, uns eines Tages angemessen revanchieren zu können!
Das Ziel der Übung, Martina wieder gesund zu kriegen, haben wir schliesslich einigermassen erreicht und uns am 21. November wieder in die Sättel geschwungen. Die 56 km nach San Miguel de Allende haben wir in guten vier Stunden abgespult. Es war etwas welliger als Sjef gemeint hatte, aber eigentlich nicht wirklich anstrengend. Trotzdem begann mein Knie bald mal zu stören und richtiggehend fies zu schmerzen. Das ist prinzipiell nichts ungewöhnliches nach einer längeren Pause, aber so stark hatte ich das bisher noch nie. Nicht gut, speziell wenn man bedenkt, dass die Strecke weder lange noch sonstwie anspruchsvoll gewesen war. Vielleicht lag's ja am komischen Namen des neuen Staates: Guanajuato. Wir haben dieses Knie jedenfalls als Vorwand genommen und sind gleich zwei Nächte in San Miguel geblieben (nachdem wir es geschafft hatten, eine bezahlbare Unterkuft zu finden). Die Stadt ist aber auch wirklich herzig, auch die steile Steinstrasse, die ins Zentrum hinunter führt, war bemerkenswert. So etwas haben wir seit Ecuador nicht mehr gesehen. Ich habe mich auch auf dem Mercadode Artesanías ein letztes Mal ausgetobt, nun wird kein Krimskrams mehr gekauft.
Die Sachen sind alle mit Chräleli verziert!
Iglesia de la Parroquia de
San Miguel de Allende.
Wir hatten schon befürchtet, die Ausfahrt aus San Miguel werde so steil wie die Einfahrt in die Stadt, aber diesmal hatten wir Glück. Nach einem flachen Hügeli war es platt fast für den Rest des Tages und wir kamen schneller voran als angenommen. Nur um Dolores Hidalgo war es etwas wellig und auch bewohnt, dann befanden wir uns wieder in flacher, einsamer Buschlandschaft. Ok, ab und zu durchzog ein "Bachtäli" die Ebene und sorgte für einen Unterbruch der Gerade und weckte halb schlafende Ciclistas auf. Entgegen unserer Erwartung schafften wir die 95 km nach San Felipe (in fast 6.5 Stunden) und hatten eigentlich vorgehabt, bei einer Pemex zu campen. Blöderweise gab es bei der Tankstelle vor der Stadt aber keinen Rasen sondern nur Steingärten mit Kakteen. Etwas ungeeignet für ein Zelt. So probierten wir unser Glück bei den Bomberos, die zusammen mit der Polizei die "Guardia Civil" darstellten. Dort bekamen wir eine grosse Wiese in unmittelbarer Nachbarschaft des Polizeihundezwingers, dessen Bewohner uns lautstark begrüssten. Auf der anderen Seite befand sich der örtliche Knast, ebenfalls mit hündischer Bewachung, einen sichereren Campingplatz hatten wir vermutlich noch nie gefunden. Wir durften auch die Küche der Polizisten benutzen, jedes Mal wenn wir auf's Klo mussten, mussten wir uns aber anmelden und kriegten Begleitschutz. Anscheinend dürfen Zivilisten nicht alleine ins Polizeigebäude.
Die Nacht wurde gar nicht so kalt, erst gegen Morgen kühlte es ab. Wir waren sehr überrascht, als wir aus dem Zelt krochen und draussen Nebel vorfanden. Was, hier war es doch immer staubtrocken, woher kamen wohl diese Wolken? Entsprechend nass war auch das Zelt, aber gut, das konnte später behoben werden. Recht bald begann eine Subida, nicht steil, aber einige Kilokmeter lang. Hügel sind in dieser Region meist spannender als Ebenen, so hat es wenigstens ab und zu mal etwas Struktur in der Landschaft.
Flach ist eher langweilig.
Hügel sind da interessanter.
Weiter ging's bergauf. Als da eine Señora am Strassenrand stand, mich fötelte und fragte, wohin die Reise gehe, dachte ich mir nichts weiter, sowas kommt schliesslich öfters vor. Martina liess dann aber aussergewöhnlich lange auf sich warten, so dass ich umkehrte um nachzuschauen was los war. Sie habe ein Interview geben müssen, die Dame sei Reporterin gewesen. Aha, schon wieder Medienpräsenz.
Kurz darauf kamen wir durch das winzige Dörfli El Fuerte, fanden ein kleines Restaurant und machten einen Kaffeehalt. Die nette ältere Señora gab uns zum Kaffee Quesadillas zu probieren. Das sind Tortillas mit Käse und weiterer Füllung wie z.B. Bohnen oder Fleisch, sehr fein. Und da sie die uns angeboten hatte, meinte sie, wir müssten das nicht bezahlen (wir hatten immerhin je drei Stück gegessen). Ist doch überraschend, wie man immer wieder super grosszügige Leute trifft, gerade wenn man es am wenigsten erwartet.
Nach der langen Znünipause ging es nur noch kurz weiter bergauf, danach kam eine längere Abfahrt nach Ojuelos. Dabei überquerten wir die Staatsgrenze von Guanajuato nach Jalisco und ich stellte wieder einmal fest, dass man ein Dorf aus 15 km Entfernung wahrnehmen kann, ohne wirklich zu glauben, dass es noch so weit weg ist. Tags zuvor war dasselbe bei San Felipe geschehen. In Ojuelos machten wir Mittagspause und legten das Zelt zum trocknen aus. Da Martina von Brot zum Mittagessen oft Bauchkrämpfe bekommt, haben wir nun seit San Miguel Tortillas getestet. Das hat bauchwehtechnisch nicht schlecht funktioniert, leider zerbrachen die doofen Dinger (die wir mit Mayonnaise, Tomaten und Oliven gefüllt hatten, sehr originell) und alles sabberte auf unsere Kleider. Und wirklich fein waren die Dinger auch nicht, wir werden mal frischere Tortillas in einer anständigen Tortillería suchen müssen. Der Dessert, der wir momentan haben, ist da um Klassen besser!
Yep, wir haben echte Schweizer Schokolade gekauft, mmmm!!!
Um halb drei stiegen wir wieder in die Sättel, erst wieder einige Wellen, dann ging es fetzig und lange bergab. Wir hofften wieder einmal auf ein hübsches Wildcamp und fragten darum bei einer Schreinerei nach Wasser, das wir, wie in Mexiko üblich, anstandslos erhielten (gekaufte Agua Purificada). Interessanterweise sahen wir in dieser extrem trockenen Region zwar einige Weiher bzw. eher verschlammt Tümpel, dessen Wasser wir ganz bestimmt nicht trinken wollten, aber wer würde an solchen Orten überhaupt Wasser erwarten. Wir fuhren noch etwas weiter bis zu einem Minidörfli, dessen Namen ich mir nicht merken konnte (90 km und 5:20 Stunden). Dort erhielten wir die Erlaubnis "auf der Plaza", d.h. neben der "Kirche" zu campen. Plaza ist zwar nicht ganz der richtige Ausdruck, es war ganz einfach eine staubige Fläche mitten im Dorf. Wie in solchen Ortschaften üblich, wenn unverhofft Gringas en Bici auftauchen, wurden wir den ganzen Abend lang bestaunt (allerdings relativ diskret aus dem Garten des Nachbars). Viel zu sehen gab es aber wohl nicht, wir kochten, schrieben Tagebuch und gingen schlafen.
Plaza-Camp.
Bald hatten wir herzige Gesellschaft.
Cowboy mit Kind.
Diese Nacht war trockener und ähnlich warm bzw. kalt gegen Morgen. Die nächsten paar Kilometer bestanden aus der Fortsetzung der Abfahrt des Vortages, dann ging es über die obligatorischen Hügel und dann lange flach bis einige Kilometer vor Aguascalientes, wo wir Mittagspause machten und Gorditas probierten. Gorditas sind dicke Tortillas, die aufgeschlitzt und gefüllt werden. Auch sehr gut. Die Ausfahrt aus der Stadt war sehr hügelig, danach folgten wieder dutzende Kilometer durch ein bügelbrettflaches, breites Tal. Gegen 16 Uhr und 108 km (nach 6:10 Studnen) erreichten wir eine Pemex und da wir loyal sind, fragten wir um Campingerlaubnis. Da auch Pemex loyal ist, bekamen wir diese Erlaubnis auch ohne weiteres. Unser Wiesli war sogar kaum beleuchtet und wir hatten einen privaten Wasserhahn. Perfekt.
Pemex-Camp.
Die 65 km bis Zacatecas wurden dann anstrengender als die vorhergehenden Tage. Wir mussten zwei Hügelzüge überqueren, was mir landschaftlich sehr gefiel, unfreundlicherweise hatten wir aber während fast des ganzen Tages Gegenwind und das nervt bekanntlich ziemlich. Die Señora der Gorditas hatte uns gewarnt, die Strecke zwischen Aguascalientes und Zacatecas sei gefährlich "mucho asalto y secuestro". Es gäbe viele Überfälle und Entführungen. Die extrem hohe Polizeipräsenz an diesem Tag schien diese Theorie zu bestätigen. Passiert ist aber nichts. Die Einfahrt in die Stadt war dann nicht wirklich spassig, die 6-spurige Autobahn hatte keinen Seitenstreifen und dazu ging es noch bergauf. Gemäss Reiseführer ist auch die Auswahl an günstigen Hotels nicht gerade berauschend, weshalb wir im zweiten Hotel, das wir anschauten, und das 295 Pesos kostete, einquartierten ohne weiter zu suchen. Immerhin 295 Pesos sind etwa 19 Franken. Habe eben auch den Dollar-Kurz angeschaut und hoffe eigentlich, dass der noch etwas abstürzt um uns die Reise im Amiland etwas günstiger zu machen.
Unser Plan, in Zacatecas einmal auszuschlafen, ist wieder einmal nicht aufgegangen. Noch vor acht Uhr morgens wurden wir von lauter Musik geweckt und stellten bald fest, dass da vor unserem Zimmerfenster ein bunter Umzug im Anmarsch war. Schnell zogen wir uns an und ... waren etwas geschockt von der eisigen Kälte, die uns draussen empfing. Wir wissen nicht, was das für ein farbiger Anlass gewesen war, aber da marschierten jede Menge Batallones mit, Turcos, Christianos und andere. Auch halb erfrorene Reiter waren dabei und bei den Musikern wunderten wir uns, dass da die wenigsten Handschuhe trugen.
3er Batallon Turco.
Auch die Reiter frohren.
Die kleinen Kinder hingegen waren gut eingepackt.
Nun, Zacatecas liegt immerhin auf fast 2'500 müM. Während der gestrige (ganz leichte) Regen um diese Jahreszeit höchst ungewöhnlich war, scheinen diese Temperaturen normal zu sein. Wir werden es uns also jeweils gut überlegen müssen, wo und ob wir in Zukunft im Hochland campen wollen oder doch eher ein paar Pesos für ein Hotel ausgeben.