CSI ist überall. Eine mörderische Kriminalgeschichte und eine Leiche aus Seife (?). Teil 1

Von Aroma

Die abendliche Krimizeit ist spannend, abwechslungsreich und ausgesprochen lehrreich. CSI ist überall und inzwischen dürften sich zahlreiche Fernsehzuschauer schon selber wie Forensiker fühlen. Spurensicherung im Haushalt ist das Mindeste was man tun kann, um denjenigen zu erwischen, der immer das letzte Stück Schokolade aus dem Versteck klaut.

Aber was hat eine Kriminalgeschichte hier im Blog für die schönen Seifen zu suchen? Gibt es wirklich Seifenleichen? Kann ein toter Körper sich wirklich in Seife verwandeln? Spricht man von Seifenleichen oder Fettwachsbildung, heißt es nun Adiposire oder sollte man nicht besser von Leichenlipidbildung reden? Bekannt ist die Sache allemal und manch einer kennt vielleicht das Foto von Dave Hunt, welches den Soapman vom Smithsonian Institution zeigt. Und während sich die einen vor dem Fernseher zu fachkundigen Pathologen entwickeln, denken andere bestimmt darüber nach, wie man es so geschickt anstellt, daß keine Spuren bleiben. Ganz so wie unser Jacques. Folgen sie mir ins Paris der Jahre 1780 bis 1789, wo sich die folgende Geschichte zugetragen hat. Ganz bestimmt.

Teil I – Die Verwandlung der fetten Véronique

Jacques war durchaus zufrieden mit seinem Werk. In mühevoller Arbeit hatte er auf dem Friedhof des Innocentes über Nacht ein tiefes Grab ausgehoben und sich dabei mit Spitzhacke und Spaten nur langsam durch den feuchten, festen Boden gekämpft. Aber gelohnt hatte sich die Mühsal allemal, fand er, als er einen letzten Blick auf seine Véronique warf, die nun endlich einmal still und friedlich vor ihm lag. Eile war angesagt, wenn er sein Werk vor Morgengrauen beenden wollte. Schließlich mußte er sich noch reinigen, umziehen und bei seinen Nachbarn von Tür zu Tür ziehen, um nach seiner Frau zu fragen. Seiner geliebten Véronique, die ihn jetzt nie wieder als Dummkopf bezeichnen würde. Wer ist denn nun hier der Dummkopf, lachte er in sich hinein, als er die erste Schaufel Erde auf ihr dickes Gesicht kippte, wobei seine Hände fest um die Schaufel griffen, ganz so, als wäre es Veroniqué Hals. Hier würde niemand suchen nach ihr und wenn sich in einigen Tagen alle damit abgefunden hätten, daß seine Frau verschwunden war, käme irgendwann der Brief an, der Abschiedsbrief, den er selber in ihrer Handschrift geschrieben hatte. Seine letzte Versicherung, wo doch jeder wußte, daß Jacques der Dummkopf gar nicht schreiben konnte. Was für eine Nacht und trotz aller Anstrengung schien er wie beflügelt, befreit vom Gezänk und der andauernden Nörgelei. In zwei, drei Monaten würde sich Véroniques dicker Körper längst zersetzt haben, eine Leiche unter vielen und wer wollte schon wissen, zu wem die Knochen hier gehörten – auf einem Friedhof. Schaufel um Schaufel häufte er auf den Körper seiner toten Véronique und immer, wenn er eine ganze Lage frischer Erde in Grab zurückgeschüttet hatte, stampfte er den schweren, nassen Boden mit seinen Füßen richtig fest. Nicht das du mir noch aus dem Grab steigst meine Liebe. Vor einigen Jahren noch gab es hier regelmäßig Beerdigungen, bis letztes Jahr, das war1780 gewesen, der größte Friedhof innerhalb der Stadt auf Geheiß der Polizei geschlossen worden war. In all dem Gestank hatte es zwei Jahren zuvor einige Anwohner, die zu dicht am Friedhof hausten, im Schlaf dahingerafft. Die Toten türmten sich bereits unter der Erde und zwischen den umliegenden Straßen sah der Friedhof wie ein großer Hügel aus. Cimetière des Innocents kicherte Jacques und warf noch eine Schaufel Erde hinterher. Nun, unschuldig war Véronique vielleicht gewesen, aber auf eine Tote mehr oder weniger kam es nun wirklich nicht an. Wer würde sie hier schon suchen?

CSI ist überall. Auch hier im Blog für schöne Seife – heute ohne Bild. Wir wollen ihnen nicht den Appetit verderben. Schließlich kam und kommt immer alles anders als man denkt und auch unser mörderischer Freund Jacques sollte nicht eines natürlichen Todes sterben. Vielleicht hätte er wirklich die Bekanntmachungen und Aushänge lesen sollen, ja selbst in den Zeitungen hatte es gestanden, auf denen die Umbettung aller Gebeine in die Katakomben der Stadt angekündigt worden war. Die Stadt wuchs, man brauchte den Platz und ein richtiger Viktualienmarkt fehlte schon lange (Jahre später sollten hier die berühmten Markthallen Les Halles/ unter Napoleon III. von Paris entstehen, die erst 1970 abgerissen wurden um einen Einkaufszentrum zu weichen). Nur acht Jahre nach seiner schändlichen Tat klopfte es laut an seine Tür. Das sollte kein guter Tag für ihn werden. Eigentlich hatte er ja vor angeln zu gehen, doch wie ihm schien, würde daraus wohl nichts mehr werden. Drei Herren von der Gendarmerie führte ihn, umringt von Nachbarn in Richtung Friedhof und immer wieder hörte er, wie einige Leute Véronique riefen. Was hatte das alles zu bedeuten? Warts ab Jacques, schrie seine Nachbarin, vielleicht freut sich deine Véronique, wenn sie dich zu sehen bekommt. Nur wenige Minuten später bog der Trupp auf die Straße zum Friedhof ein, wo die meisten der Grabkammern längst abgerissen, Bäume gefällt, meterdicke Erdschichten abgetragen und Karren voller Knochen abtransportiert worden waren. Aber da hinten, am Rande einer alten Friedhofsmauer, hatte man aus Tüchern ein großes Zelt errichtet, vor dem sich allerlei Beamte – Gendarmerie und auch Ärzte wie ihm schien – zusammendrängten; hinter einer Absperrung hunderte Schaulustige, die Blicke auf ihn gerichtet. Immer weiter vorwärts stießen sie ihn, durch die Menge der Gaffer hindurch, in Richtung des Zelts, wo man wohl etwas vor der Öffentlichkeit zu verbergen suchte. Du wirst staunen Jacques rief ein alter Saufkumpan, es heißt, deine Véronique wäre noch genauso fett wie früher. Augen wirst du machen und grüß sie mal von uns. Begeleitet von lautem Gelächter zog ein Wachmann die Plane vor dem Zelt etwas zur Seite und gab den Eingang für Jacques und die Polizisten frei.

Im Inneren des Zelts bot sich ihm ein Anblick des Grauens. Auf großen Tischen lagen etwa 20 Leichen, an denen sich zahlreiche Doktoren zu schaffen machten und was noch schlimmer war, dort hinten stand seine Véronique. Angelehnt an einen Baumstumpf, fett und nackt, als hätte sie auf ihn gewartet. Ist das ihre Frau Véronique fragte einer der Polizisten und Jacques spürte die auf ihn gerichteten Blicke. Wie konnte er das erklären? Hatte er nicht allen erzählt, seine Véronique hätte ihn verlassen? Nun stand sie hier, den zahnlosen Mund weit geöffnet, als würde sie nach Luft schnappen wollen. Genau so, wie er sie im letzten Moment ihres Lebens gesehen hatte.

Merkwürdige kleine Pusteln bedeckten ihren Körper, der irgendwie wachsfarben, leicht gelblich-grünlich aussah und ihn an die billigen Seifenstücke erinnerte, die sie immer benutzt hatte. Sie sah aus wie eine überdimensionale Puppe, die vielleicht jemand aus Seife oder alten Wachsresten geformt haben könnte. Ein letzter Hoffnungsschimmer, wenn da nicht die Würgemale am Hals von Véronique so gut zu sehen wären. Véronique hatte sich in ein riesiges, fettes Stück Seife verwandelt und aus ihrem weichen, schwammigen Körper war eine Art fester Panzer geworden. In Anbetracht dieser Tatsache brachte Jacques nur noch ein Stottern hervor. Das würde wirklich kein guter Tag werden. Man führte ihn ab, vorbei an Tischen mit weiteren Toten, die alle nicht verwest waren und nachdem ihm ein Folterknecht im Keller der nächsten Polizeipräfektur die Zehen an beiden Füßen mit einem schweren Hammer zertrümmert hatte, erschien ihn die Aussicht auf den Galgen wie die Verkündigung der frohen Botschaft. Bereitwillig gestand er den Mord, gab an, auch den Abschiedsbrief selber geschrieben zu haben und fragte immer wieder, ob es sich nicht einrichten ließe, ihn gleich aufzuhängen.

Ende Teil I

Und wenn sie nun wissen möchten, ob der Begriff Verseifung – also die Verseifung mit Kalzium und Magnesium, bei der sich Glycerin und Fettsäuren aus den Neutralfetten abspalten -, im Falle von Leichenlipidbildung (gemeinhin spricht man zumeist von Fettwachsbildung) richtig ist, dann müssen sie demnächst hier weiterlesen, wenn sich der junge Polizist Jean von einem der Doktoren das alles erklären läßt.