Musik-Schlagzeile hatte am 12. November 2011 die Gelegenheit, mit Cristiano de Brito in einem großen Hamburger Hotel ein Interview zu führen. Der 33jährige Sänger mit der Soul-Stimme spielt Gitarre und Klavier und ist mit vielen Größen der deutschen Musiklandschaft in Kontakt – ein echter Networker. So stand der selbstbewusste Deutsche mit portugiesischen Wurzeln als Vorprogramm für Smudo, Hausmarke und 2 Ruff im Programm, sang mit Daniel Hall, Milane Fernandez, Mehrzad Marashi, Nneka und Mo Brandis und bestritt mit den Profis vom Musical „König der Löwen“ Jam Sessions.
Seit wann machst Du Musik und was fasziniert Dich daran?
Musik mach ich eigentlich seit klein an. So mit 16 Jahren hab ich angefangen, professionell Musik zu machen – also vor etwa 17 Jahren. Ich hab angefangen mit Eddy Höfler, der hat auch mal mit Falco produziert. Den hab ich durch Zufall kennengelernt, weil ich eine Gruppe auf der Straße getroffen habe, die mit ihm zusammenarbeiten und die wollten dann halt mich haben, weil deren Sänger abgesprungen ist. Das war eine Hip-Hop-Gruppe. Da bin ich damals mit eingestiegen. Der Hauptgrund war die Liebe zur Musik – schon von klein an. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wo ich gesagt habe, die Musik bedeutet mir was, denn ich hatte schon als Kind einen Bezug zur Musik.
Hast du als Kind schon irgendwelche Musikinstrumente gespielt?
Ich glaub, es gibt Fotos, wo ich vier war. Das war so eine Spielgitarre, wo ich immer drauf rumgedattelt habe, und Gitarre und Klavier hab ich mir dann selbst beigebracht. Also eigentlich alles: Gesang, Gitarre, Klavier – also eben alles nicht so professionell, sondern alles selbst beigebracht.
Welche Musikrichtung entspricht dem Menschen Cristiano de Brito am besten?
Ich würd sagen, das ist ein Mix zwischen Pop, Soul und RnB (denkt kurz nach) so deutscher Pop, Soul, RnB.
Produzierst du, schreibst du deine Lieder selber?
Produzieren tun mehrere Leute, überwiegend hab ich mit Oli Ullmann gearbeitet – seit einigen Jahren schon –, dann auch Fedman und Steve (Stefan Browarczyk). Steve hat mit Toni Cottura bei Fun Factory gemacht. Is’n superlieber Junge, mit dem arbeit’ ich schon seit längerem zusammen. Die Texte schreiben oft verschiedene Leute, oder eben auch ich selber, je nachdem wie ich gerade emotionell drauf bin. Ich scheib eigentlich mehr Balladen. Ich bin mehr der sentimentale Typ, bei dem seine Gefühle raus müssen. Aber es gibt eben auch welche, die sagen: „Schau hier, dieser Song passt zu dir, hättest du Lust drauf?“ Und dann probier ich meistens alles aus.
Du bist schon mit etlichen Künstlern auf der Bühne gestanden bzw. hast als Vorgruppe gespielt. Verbindest Du mit bestimmten Künstlern eine besondere Erinnerung?
Es gibt zu allen Künstlern besondere Erinnerungen, denk ich mal. Aber es ist keine, wo ich sage, die hat mich jetzt so geprägt, oder die ging nicht mehr aus meinem Kopf. Ich denk mal, mit allen Künstlern, mit denen ich in letzter Zeit aufgetreten bin, war immer was Witziges dabei.
Erzählst Du uns irgendeinen Schwank?
Ich glaub, das war einer meiner ersten Auftritte – das war mit X-mas Jam. Das war sogar mit der ersten Gruppe damals, das hieß X-mas Jam. Da sind mehrere Künstler aufgetreten. Da waren eben auch Smudo und Hausmarke. Damals waren sie ja getrennt zu diesem Zeitpunkt. Es war nach der ersten Zeit von den Fantatischen Vier und das war eben ganz lustig Backstage. Also die Leute sind ganz lustig drauf, auf jeden Fall jede Menge Spaß. (lacht)
Die erste Singleauskopplung des Albums „Wenn nichts mehr geht“ ist „Moderne Sklaven“ vom Hamburger Rapper Cazino, wo Du gefeatured wurdest. Kannst Du uns zu dieser Zusammenarbeit etwas erzählen?
Cazino ist ein Freund von mir, der mich dann anrief bzw. ich glaub, er hat mich sogar bei Facebook angeschrieben und mich eben fragte, ob ich Lust hätte. Er hätte da einen Song geschrieben und er meinte, dass ich da reinpasse. Er hat dann gefragt, ob ich Lust hätte, da ein Featuring mit ihm zu machen. Ich bin einer, ich unterstütze gerne meine Freunde, generell Künstler und da hab ich natürlich sofort „Ja“ gesagt. Hab’s mir angehört, bin hingefahren und dann haben wir losgelegt.
Mit welchen Projekten wirst Du uns in naher Zukunft überraschen?
(lacht) Das weiß ich selber noch nicht, mal schauen. Also ich mach zurzeit viel mit DJs aus der Schweiz. Irgendwie per Zufall über einen Bekannten, den ich kennengelernt hab, der Songwriter ist. Mach eben auch noch meine Sachen – es stehen verschiedene Projekte an. Aber was da in Zukunft dann eben genommen wird, entscheide leider nicht ich. Es sind auf jeden Fall – das kann ich, glaub ich, soweit verraten – einige Featurings, die demnächst über Universal rauskommen werden. Da bin ich selbst auch noch nicht so informiert. Das sind eben DJs aus der Schweiz und da hab ich halt wieder ein Featuring gemacht. Das ist dann mehr so Elektromusik. Lassen wir uns doch überraschen (lacht).
Deutschland gilt als das Land der Denker und der Dichter. Ist es auch ein Land, in dem junge Musiker Fuß fassen können?
Ja, das ist immer so eine Sache, da die Musikindustrie zurzeit sowieso den Bach runter geht. Ist echt eine gute Frage! Also in welchem Land man heutzutage als Musiker noch wirklich Fuß fassen kann? Deutschland ist auf jeden Fall die drittgrößte Musikindustrie auf der Welt – bin mir jetzt nicht ganz sicher. Aber die Frage ist, was man draus macht. Wenn man deutsch macht, dann glaub ich, wie ich es eben leider mache, ist halt das Publikum nicht so groß. Da hast du eben Deutschland, vielleicht Schweiz oder Österreich – eben diese Länder drum herum. Wenn du in Amerika Musik machst, hast du eben ganz andere Chancen. Du machst englisch, du hast die ganze Welt, die eben zugreift, hast ganz andere Verkaufszahlen, als wenn du deutscher Künstler bist. Amerika ist eine andere Welle. Aber ich denk mal, in Amerika hast du dann wieder das Problem, das jeder zweite singen kann. Also in Deutschland ist es ja nicht so, dass wie es in Amerika von klein an und sogar in Schulen gefördert wird. In Amerika heißt es, du gehst zur Schule und kannst dir aussuchen, ob du Basketball spielen willst, ob du American Football, Gesang ob du Klavier or whatever machen willst. Das hast du in Deutschland nicht. Das heißt, wenn du in Deutschland wirklich Musiker wirst oder bist, stehst du prozentuell gesehen nicht so drinnen wie in Amerika. In Amerika macht jeder Zweite Musik, in Deutschland vielleicht jeder Zehnte. Aber die Chancen stehen denk ich mir überall gleich, wenn du erfolgreich wirst, hast du natürlich drüben mehr Chancen – das ist die Sache.
Wenn man Musik macht aus Liebe zur Musik, ohne dass man sagt, also so wie ich es eben tue, und dass ich sage, ich will jetzt hier nicht mein großes Geld verdienen und sehr reich werden. Mein größter Wunsch ist eben, halt mit der Musik mein Leben zu finanzieren, ohne großartigen Luxus, sondern einfach nur überleben, so wie jeder andere, der eben beim Bäcker arbeitet oder wo auch immer. Dann denk ich mal, kannst es in jedem Land schaffen. Aber Deutschland ist mit Sicherheit auch eine bestimmte Chance, Musiker zu werden – also Hamburg auf jeden Fall. Hamburg ist eine Künstlerstadt, so finde ich … und ja, mal schauen.
Nun zur letzten Frage, wie kamst Du auf die Idee, ein Cafe zu eröffnen, noch dazu mit diesem Namen Cafe GAGA?
(lacht überrascht) Wo hast du das her? Paparazzi-Alarm! (lacht) Ein Cafe wollt ich schon immer irgendwann machen, hab ich mir immer lustig vorgestellt – aber kein normal typisches Cafe, sondern wie ich es jetzt gemacht habe, eben typisch Südländer. Ich bin mit Fleisch und Blut Portugiese und liebe die portugiesische Mentalität, liebe diese Freundlichkeit, diesen Zusammenhalt. In Portugal ist es so, wenn die Leute in ein Cafe gehen, ist das nicht so stupide wie in Deutschland. Hier in Deutschland gehst in ein Cafe, es ist so unpersönlich, trinkst einen Kaffee und dann sind die immer so gekünstelt freundlich zu dir. In Portugal ist es halt so, du kommst rein, lässt einen Spruch zum Cafebesitzer oder zu sonst jemanden, der da arbeitet, der haut einen Spruch zurück und man fühlt sich eben wohl. Hier in Deutschland ist das Problem, die Leute gehen Kaffee trinken, sind vielleicht grad in Mittagspause, essen oder trinken ihren Kaffee und sind trotzdem mit ihrem Kopf die ganze Zeit eben bei der Arbeit. Das ist eine Sache – glaub ich –, die Deutschland zerstört.
Die Menschen, obwohl wir hier so viele Chancen haben und wenn wir arbeitslos werden, werden wir trotzdem aufgefangen, trotzdem sind wir hier unglücklicher als die Portugiesen, denen es saudreckig geht. Die schalten halt ab, wenn die ins Cafe gehen. Dann ist die Arbeit weg und dann lachen die mit ihren Freunden und genau deswegen wollt ich das Cafe aufmachen und es funktioniert auch teilweise.
GAGA kam per Zufall. Ich hab irgendwie aus Spaß gesagt Gaga Cafe und das klang witzig und dann haben sie zu mir gesagt. „Ja, du bist gaga (lacht)!“. Und Gaga Cafe klingt echt gut, das klingt so, als ob wär‘s eine Kette. Und den Namen vergisst man irgendwie nicht.
Singst du auch in deinem Café?
Ich hab schon ein paar Ideen. Das Durchsetzen ist bei mir immer so eine Sache. Da hab ich ein kleines Problem, denn ich hab viele Ideen, aber zu wenig Kraft und Zeit, sie umzusetzen. Aber ich hab auf jeden Fall vor, kleine gemütliche Sessions zu machen, wo ich verschiedene Künstler einlade. Da wird auf jeden Fall demnächst was passieren.
Musik-Schlagzeile dankt Cristiano de Brito für das angenehme Interview und die aufrichtigen, geradlinigen Antworten. Wir wünschen Cristiano de Brito viel Erfolg!
Recherche und geschrieben Heidi Grün