Argumentationstechniken – Tunen Sie Ihren Fünfsatz & Psychologie für noch mehr Wirkung // Foto: André Wirsig
Fast jeder hat schon von ihm gehört und in kaum einem Rhetorik-Seminar darf er fehlen. Der Fünfsatz ist der Klassiker unter den Argumentationstechniken. Die Struktur eignet sich für Konferenzen, Meetings, Präsentationen und Diskussionen. Sie sorgt dafür, dass der Sprecher eindeutig, strukturiert und prägnant seine Botschaft auf den Punkt bringt.
Menschen, die die Struktur des Fünfsatzes souverän beherrschen, wirken überzeugend und kompetent. Bei dem Klassiker geht es weniger um fünf Sätze als vielmehr um fünf Schritte, die Ihre Botschaft auf den Punkt bringen.
Der erste Schritt dient der Einleitung. Häufig wird dabei ein anderer Beitrag aufgenommen oder der eigene Standpunkt aufgeführt. Der Weg zur Hauptaussage erfolgt danach in drei Schritten. Hier haben sich verschiedene Grundmuster bewährt (siehe Abbildung). Erst am Schluss wird der entscheidende Impuls, ein Fazit oder Appell gesetzt. Psychologisch setzt dieses Format auf den sogenannten Recency-Effekt. Dieser trägt maßgeblich dazu bei, dass die letzte Botschaft hängen bleibt.
Beispiel Klassiker:
- 1. Einleitung (Standpunkt)
- 2. Argument
- 3. Beispiel
- 4. Schlussfolgerung
- 5. Zielsatz
Eine solche Argumentation entspricht der klassischen Struktur des Fünfsatzes. Sie ist kurz, logisch und zielführend.
Aufgrund psychologischer Gesetzmäßigkeiten lässt sich diese Struktur in ihrer Wirkung steigern. Dabei sind es kleine Nuancen, die aus dem Klassiker ein hochwirksames und modernes Sprachmuster des Überzeugens machen. Mit folgenden drei Prinzipien sorgen Sie für einen echten Booster innerhalb Ihrer Argumentation.
1. Verlorener Performativ
Jeder Form der Einleitung kommt aufgrund des Primacy-Effekts eine besondere Bedeutung zu. Denn neben dem 5. Schritt (Recency-Effekt) bleibt vor allem der 1. Schritt hängen. Aus der Hypnotherapie kommt das Konzept des verlorenen Performatives, dessen Wirkung auch den Fünfsatz verstärkt. Der Standpunkt wird dabei nicht an einen Absender gekoppelt. Die Instanz geht verloren. In dem oben genannten Beispiel fällt damit das „Ich“ des Sprechers weg. Statt „Ich bin der Meinung, dass Deutschland einen Mindestlohn braucht“ lautet die Aussage nur noch: „Deutschland braucht einen Mindestlohn“.
Argumentationen gewinnen an Gewicht, wenn der Gedanke (Urteil, Wertung) vom Sprecher entkoppelt wird. Insbesondere, wenn der Zuhörer den Absender kritisch sieht, seine Kompetenzen anzweifelt oder er ihm einfach unsympathisch ist. Mit dem „Ich bin der Meinung“ verliert die Argumentation schon an Überzeugungskraft, weil die Akzeptanz des Absenders sowieso in Frage gestellt wird. Streichen Sie das „Ich“ in Ihrer Argumentation. Es geht nicht um Sie, es geht um die Sache. Wenn Sie diese in den Mittelpunkt stellen, ist der Zuhörer mit seinen Gedanken stärker auf die Aussage fokussiert, als auf den Absender. Das schafft Wirkung.
2. Begründungskonjunktionen
Auf den zweiten Booster für Ihre Argumentation stieß ich über ein psychologisches Experiment aus dem Jahre 1978. Professor Robert Cialdini beschreibt dieses in seinem sehr lesenswerten Buch Die Psychologie des Überzeugens: Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen auf die Schliche kommen. In der Studie von Langer und anderen wurden Menschen, die in einer Bibliothek an einem Kopierer anstanden, um einen Gefallen gebeten. Mit Hilfe von verschiedenen Formulierungen testeten die Forscher, wann wartende Menschen bereit sind, andere vorzulassen. Das Ergebnis sehen Sie hier:
„Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen, weil ich es sehr eilig habe.“ 94 Prozent
„Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen?“
60 Prozent
„Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Können Sie mich bitte vorlassen, weil ich Kopien machen muss.“ 93 Prozent
Abbildung 2 (Quelle: Rober B. Cialdini Die Psychologie des Überzeugens, Verlag Hans Huber 2001, S. 24)
Obwohl in der dritten Versuchsanordnung nicht wirklich eine Begründung vorlag, kamen 93 Prozent der Wartenden dieser Bitte nach. Menschen sind bereit, einer Aussage zu folgen, wenn diese begründet ist. Die Begründung muss dabei nicht einmal stichhaltig sein. Es geht um das kleine Wörtchen „weil“. Viele Verkaufsuntersuchungen zeigen ähnliche Ergebnisse. Verkäufer sind erfolgreicher, wenn sie viele Begründungen verwenden. Auch wenn sie nicht wirklich Gründe liefern.
Nutzen Sie deshalb verstärkt Begründungskonjunktionen innerhalb Ihrer Argumentation. Beispiele sind „der Grund dafür“, „weil“, „gerade deshalb“. Ihr Gegenüber folgt Ihnen verstärkt durch eine automatische Einwilligungsreaktion. Ein einfaches psychologisches Prinzip für noch mehr Wirkung.
3. Positive Formulierungen
Die Schlussfolgerung steht kurz vor dem Zielsatz. Hier sollte Ihr Gegenüber auf den Zielsatz vorbereitet sein. Die Klarheit der Sprache ist hier besonders wichtig. Formulieren Sie in der Schlussfolgerung immer positiv und eindeutig. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gegenüber das Gesagte nicht übersetzen muss.
In unserem Beispiel führen diese drei psychologischen Prinzipien zur folgenden Argumentation.
- 1. Einleitung (Standpunkt)
- 2. Argument (Begründung)
- 3. Beispiel (Begründung)
- 4. Schlussfolgerung (positiv & eindeutig)
- 5. Zielsatz
Fazit: Menschen mögen Struktur. Je deutlicher Sie kommunizieren, umso klarer werden Sie als Persönlichkeit wahrgenommen. Der Fünfsatz bietet das Gerüst für eine rhetorische Punktlandung. Die drei vorgestellten psychologischen Prinzipien sorgen für noch mehr Wirkung in Ihrer Argumentation. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Noch mehr? Cristián Gálvez trainiert moderne Argumentationstechniken in seinem 2-Tages-Seminar Persönliches Standing.
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