Spielen mit dem Kindern ist für uns Freiwillige im Stundenplan wirklich mit am größten geschrieben. Nach dem Pausengong oder bei Stromausfall auch mal nach einem lauten Schlag gegen ein großes rostiges Zahnrad ist um 15:15 Uhr die Schule aus. Die Nicht-Waisenkinder werden dann mit den einem der drei gelben „Little-Flower-School“-Bussen nach Hause gebracht. Für die etwa 80 Waisenkinder beginnt dann die schönste Zeit des Tages. „Playing“ und zwar mit allem, was die Schule hergibt und überall, wo es der Schulhof zu lässt. In der einen Ecke macht eine Gruppe von Mädchen Klatschspiele. In einer anderen Ecke wird auf einfachen Klettergerüsten und Spielgeräten herumgeklettert. Auf der einen Seite organisiert sich ein Cricket-Team, dessen Spielfeld in das der zentral spielenden Volleyballmannschaften fließend übergeht. Auf der anderen Seite werfen einige Jungs einen schlaff aufgepumpten Baskettball in einen Korb, der von einem vorherigen Volunteer aufgestellt worden ist. Man das ganze wirklich mit einem belebten Rummelplatz vergleichen. Der Lärmpegel ist vielleicht nicht ganz so hoch, da sich vieles auf dem weiten Gelände der Schule verteilt, aber geschrien wird alle mal genug. Darum bin ich wohl seit gestern auch schon so heiser. Diesen Stimmeinsatz bin ich sonst nicht gewöhnt.
Am liebsten hab ich mich in den letzten Tagen zu den Volleyballspielern gesellt. Bei der Wärme ist es jedoch viel anstrengender als in der kühlen Heimat. Man schwitzt in Indien sofern das Wasser auf der Haut getrocknet ist. Wenn man jedoch Sport treibt, geht es erst richtig los. Ich denke Nacktschnecken dürften sich mit ihrer Schleimhaut etwas ähnlich anfühlen.
Wegen der recht liberalen Flächenverhältnissen auf dem riesigen Schulhof ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass man tatsächlich nur eine Sportart betreibt. Meistens kommt während des Volleyballspiels ein Basketball oder eine Frisbee angeflogen, die dann nach etwa dreimaligen hin- und herpassen zurückgespielt werden. Manchmal liegen auch einfach die Gebiete ungünstig, dass man aus Versehen mal beim Cricket mitspielen soll oder muss.
Cricket habe ich heute mal ausprobiert. Die Regeln habe ich noch nicht ganz raus. Aber die sind ja auch nicht so wichtig. Hauptsache es wird gespielt. Bei meinen ersten Versuchen habe ich erstmal das komplette Cricket-Team zum Lachen gebracht. So soll es sein =D Ich hab ja noch genug Zeit ein Profi zu werden. Wie das Punktesystem beim Cricket funktioniert ist mir immer noch ein Rätsel, aber naja, wir spielen ja nur „just for fun“. Nicht so wie die Nationalhelden Indiens, die letztes Jahr Weltmeister geworden sind.
Ein anderes Turnier, welches an dem die Schule vor kurzen mit einer Mannschaft teilnahm fand in „Kho-Kho“ statt. Ja, ihr habt richtig gelesen. Der Sport heißt tatsächlich „Kho-Kho“. Als man mir dass erste Mal erzählt hat, die Schule ein Kho-Kho.Team hat, was bei einem Turnier Antritt, hab ich erst gar nicht verstanden, was man mr da erzählen wollte. Doch Kho-Kho ist ein lokaler Sport. Wenn ich alles stimmt, was man mir erzählt hat, wurde der Sport oder besser gesagt das Spiel im indischen Bundesstaat Tamil Nadu erfunden. Die Regeln habe ich noch nicht 100-prozentig verstanden, aber ich such es mal so einfach wie möglich erklären (siehe auch die Skizze).Es treten zwei Teams mit à neun Spielern gegeneinander an. Ein Team übernimmt die Rolle des Fängers und die andere Mannschaft versucht diese zu fassen. Für die Fänger gibt es gewisse Einschränkungen:
- Es darf immer nur einer der neun Feldspieler laufen. Die anderen acht hocken in einer Reihe auf markierten Plätzen.
- Der laufende Fänger kann nicht zwischen dem roten und blauen Bereichen wechseln. Er muss entweder um einer der zwei Säulen herumlaufen oder einen hockenden Mitspieler abklatschen. Dabei findet der namensgebende Kurzdialog zwischen Läufer und Hocker statt „Kho!“ „Kho!“ Der abgeklatsche Spieler darf dann nur auf der anderen Seite das Spielfeldes laufen oder erklatsch wieder jemanden ab.
- Die andere gegnerische Mannschaft hat von ihren neun Spielern nur drei im Spielbereich. Das es nur einen wirklichen Fänger gibt, muss meistens nur einer der drei aufpassen nicht gefangen zu werden.
- Der Spieler, der gefangen wird, darf beliebig zwischen dem roten und blauen Bereich wechseln.
- Werde alle drei Spieler von der in der Skizze grünen Mannschaft gefangen, kommen drei neue ins Spiel. Bis die insgesamt neun Spieler verbraucht sind.
- Es gibt auf jeden Fall immer ein zweites Spiel, bei dem die Rollen vertauscht werden. Bei einem Unentschieden gibt es auch eine dritte Runde.
- Eine Runde dauert insgesamt fünf Minuten.
Als nächste steht ein Volleyballturnier auf dem Spielplan. Ich bin gespannt, ob unsere Schule da bessere Karten als beim Kho-Kho hat. Es wäre ihr zu wünschen. Franz und ich versuchen jetzt in der Spielzeit dort einen Fokus zu setzten und die Schulmannschaft im Training voranzubringen.