Nach erneuten Beratungen des Ministerrats hat der portugiesische Ministerpräsident António Costa heute die Schließung aller Bildungseinrichtungen für zunächst 15 Tage verkündet. Während dieser Zeit findet kein Distanzunterricht statt. Die Ausfälle sollen im Verlauf des Schuljahres durch die Streichung von Ferien kompensiert werden. Das Hauptziel der Regierung ist es, "das gesamte Schulsystem zu isolieren". Indem kein Unterricht stattfindet, "sind die Menschen nicht gezwungen, jeden Morgen ihre Häuser zu verlassen". Damit werde der Verkehrsfluss reduziert, dito die "Durchmischung der Haushalte". Nach offiziellen Angaben umfasst das gesamte Bildungssystem rund 2,5 Millionen Schüler_innen, Lehrende und Angestellte.
Hauptgrund der Entscheidung ist die dramatische Ausbreitung der britischen Corona-Virus-Mutation. Sie macht aktuell 20 % aller bestätigten Fälle aus, in Lissabon sogar 30%.
Maria João Brito (Foto), Direktorin der Abteilung für Infektiologie am Krankenhaus Dona Estefânia ( Lissabon), registrierte in diesem Zusammenhang gar eine "schwindelerregende" Übertragung der britischen Variante unter jungen Menschen. In einem Radiointerview sagte die Ärztin, dass "die Übertragung in der Gruppe der jungen Leute, die auf Gymnasien oder Universitäten gehen, extrem hoch ist, weil sie wirklich mit sehr hohen Viruslasten infiziert sind und keine Symptome haben". Auch das Nationale Institut für Gesundheit Ricardo Jorge (INSA) hat deshalb zur "strikten Einhaltung" der Lockdown-Maßnahmen aufgerufen. Nach INSA-Schätzungen muss man in den nächsten Wochen sogar mit 60 bis 70% aller Fälle rechnen, die auf die britische Mutation zurückzuführen ist. Sie wurde mittlerweile in 60 Ländern gefunden und breitet sich weiter auf der ganzen Welt aus, wie die Weltgesundheitsorganisation diese Woche mitteilte. INSA teilte ebenfalls mit, dass bislang noch keine Fälle der Mutationen aus Brasilien oder Südafrika entdeckt worden sind.
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) warnte heute ebenfalls vor dem "sehr hohen" Risiko einer Ansteckung durch die neuen "und besorgniserregenden" Varianten von SARS-CoV‑2 und forderte strengere Beschränkungen und eine schnellere Impfung von Risikogruppen.
Als weitere zusätzliche Maßnahmen kündigte Costa heute an, dass die Lojas do Cidadão (Bürgerläden) geschlossen werden und die Gerichte angewiesen sind, alle nicht dringenden Verfahren zu verschieben. Die Services der öffentlichen Verwaltungen sind nur mit Terminvereinbarungen zugänglich.
Covid-19: Algarve schließt wieder Strände
Gemäß der neuen Lockdown-Maßnahmen sind alle Gemeinden aufgefordert, den Zugang zu Bereichen, die große Menschenansammlungen anziehen, wie Parks, Grünanlagen, Flussufer oder Strände, einzuschränken. Die ersten Algarve-Gemeinden haben diese Anforderungen bereits umgesetzt. So hat Vila Real de Santo António die Zugänge zu Stränden, Spielplätzen und Sportanlagen gesperrt. Selbiges gilt für Lagos und Portimão. Hier haben die Behörden den Zugang zum Yachthafen, zu den meistbesuchten Stränden und Uferbereichen eingeschränkt. Um die Beschränkungen durchzusetzen, kündigten die Stadtverwaltungen verstärkte Polizeikontrollen in den gesperrten Bereichen an.