Portugals Regierung hat wegen stark steigender Corona-Zahlen einen landesweiten Lockdown veranlasst. Die Menschen dürfen damit ab heute Mitternacht das Haus nur noch aus dringendem Anlass wie etwa zum Einkaufen, zur Arbeit oder für Arztbesuche verlassen. Die Maßnahmen gelten zunächst für einen Monat, sollen jedoch nach 15 Tagen überprüft werden, kündigte Regierungschef António Costa an. „Denken sie nicht an die Ausnahmen, sondern an die Regel. Und die Regel ist einfach: Jeder von uns muss zu Hause bleiben", sagte Costa.
Die Schulen sollten anders als beim Lockdown während der ersten Corona-Welle geöffnet bleiben. Die Arbeit im Homeoffice soll, wo immer sie möglich ist, obligatorisch sein, ohne dass es dafür einer Vereinbarung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedürfe, betonte Costa. Der Profi-Fußball werde nicht untersagt, jedoch weiterhin ohne Publikum stattfinden. Gaststätten und Geschäfte außer für Lebensmittel und den täglichen Grundbedarf müssten schließen.
„Wir durchleben gerade gefährliche Zeiten, aber auch mit wachsenden Hoffnungen", sagte Costa im Hinblick auf die schnell steigenden Infektionszahlen einerseits sowie die begonnene Impfkampagne andererseits. Zugleich stimmte das Parlament einer Verlängerung des seit Anfang November geltenden Ausnahmezustands vorerst bis Ende des Monats mit großer Mehrheit zu.
Ausführliche Informationen zu allen Maßnahmen finden sich auf Deutsch, Portugiesisch oder Englisch bei Estamoson, Safe Communities, Portugalforum.de und den Seiten des Auswärtigen Amtes.
Streitfall Schule
Bei den Beratungen über die Lockdown-Maßnahmen hatte das Thema Schule zu heftigen Debatten geführt. Dem Bildungssystem werden immerhin zwischen 1,2 und 2,5 Millionen Menschen zugerechnet.
Während Premierminister António und Wirtschaftsminister Pedro Siza Vieira (Foto) Schulschließungen kategorisch ablehnten, plädierten einige Gesundheitsexperten und auch Gesundheitsministerin Marta Temido für die Einstellung des Schulbetriebs im Lockdown. Nach Ansicht des Mediziners Baltazar Nunes vom Institut Ricardo Jorge ( INSA) könne es zwar gelingen, den so genannten R‑Wert auch mit Präsenzunterricht wieder auf 1 zu senken. Der Fachmann weist aber darauf hin, dass die Reduzierung des R‑Wertes natürlich deutlich stärker ausfallen könne, wenn alle Bildungseinrichtungen geschlossen blieben.
Lehrergewerkschaften und Elternvereinigungen warnen seit längerem vor zunehmender Gefährdung von Kindern und Lehrern und forderten Schulschließungen oder zumindest hybride Unterrichtsformen. So veröffentlich die Nationale Lehrervereinigung FENPROF regelmäßig Listen mit Ausbrüchen an portugiesischen Bildungseinrichtungen. Nach ihren Angaben gibt es bislang 1.077 betroffene Schulen mit über 9.000 Fällen von Covid-19.
Nach der jetzigen Entscheidung, alle Bildungseinrichtungen offen zu halten, fordern sie erneut stärkere Schutzmaßnahmen für Lehrer und Schüler. So schlägt FENPROF u.a. vor, alle Lehrkräfte so bald wie möglich zu impfen.
Bislang ist aber lediglich eine den Schulbetrieb begleitende Antigentest-Kampagne geplant. "Einer der Faktoren, der es uns ermöglicht hat, das Management der Pandemie besser zu kontrollieren, ist, dass wir eine massive Testpolitik betrieben haben: Testen, testen, testen. Was die Schulen betrifft, werden wir den Betrieb der Schulen mit einer Kampagne von Antigentests überwachen, damit wir unentdeckte Fälle einer möglichen Kontamination aufspüren können", sagte António Costa.