#CoronaEltern und meine 5-Phasen zur Coronakrise

Von Schaumalher

Es ist Freitag, schon wieder. Ich glaube das war jetzt die 6. Woche in der ich zu Hause mit den Kindern den außergewöhnlichen Alltag mit Homeoffice, Kinderbetreuung und Co. erlebe. Der Mann geht ganz normal arbeiten in seiner Firma. Mir gegenüber sitzt gerade das kleine Kind und zeigt mir die coole Spiele App die ich ihr gestern heruntergeladen habe und ich trinke gerade erst den zweiten Kaffee am Tag, irgendwie vergesse ich manchmal mir einen Kaffee zu machen, manchmal erinnern mich meine Kollegen an die tägliche Kaffeedosis wenn sie mir über eine Instagram-Story Grüße senden. Nun was bewegt mich zu diesem Beitrag? Schon seit vielen Tagen schwirren mir verschiedenste Gedanken im Kopf umher und ich überlege wie ich sie bündel kann. 

Zuerst möchte ich von meinen persönlichen 5 Phasen der Krise berichten

Phase 1: Nimm es locker
Mitte März habe ich noch gedacht dieses Corona Virus wird uns schon nicht alle umbringen, bzw. wird es auf uns nicht so krasse Auswirkungen haben, ich habe ehrlich die Debatte auch nicht so sehr verfolgt. Wir feierten noch Geburtstag mit Freunden und Familie, stellten genug Klopapier und Desinfektionsmittel bereit. Was mich zu dem Zeitpunkt beirrte waren die Hamsterkäufe. 

Phase 2: Der Schock

Direkt im Anschluss an die Feier wurde die Schulpflicht ausgesetzt und die Kitas schlossen. Mein Arbeitgeber reagierte und auf einmal war ich im Homeoffice mit den Kids. Hoch motiviert, wie so viele, versuchte ich mir eine Struktur daheim aufzubauen und ich muss sagen es war stressig, aber es klappte. 

Phase 3: Der Koller

Kurz vor Ostern drohte die Stimmung bei uns etwas zu kippen, mit meinem Tatendrang neben der Arbeit, Kindern und Haushalt auch noch Masken zu nähen, weil ich irgendetwas tun wollte, lagen meine Nerven etwas blank, weil ich ja nur Nachts nähen konnte. 

Phase 4: Geduld 

Um Ostern herum hatten wir alle eine kleine Auszeit ohne Arbeit und Schule haben wir neue Energie getankt und warteten geduldig die Entwicklung im Land ab. 

Phase 5: Entspannung

Nach Ostern waren wir ausgeruht und entspannter. Anders als bei so vielen Familien haben wir uns gut eingespielt, jeder macht über den Tag sein Ding, mittags und nachmittags finden wir uns zusammen. Klar an manchen Tagen brennt hier auch mal die Luft, aber das ist auch ohne Corona so. 

In der ersten Lockdown-Woche sah ich eine Pressekonferenz mit Jogi Löw. Es sagte da den Satz der mir bis heute immer wieder im Kopf sitz: „Die Welt hat ein kollektives Burn-Out erlebt“.

Wenn ich nur mal bei mir persönlich anfange was alles vor Corona bei mir los war, welcher Stress mich manchmal durch die Wochen begleitete, da meine ich nicht nur die Termine, auch persönliche und zwischenmenschliche Geschichten, Druck und Leistungsansprüche an sich selbst. Und das zieht sich doch durch die ganze Welt. Ein Psychologe sprach vom Selbstreinigungsprozess und so sehe ich das auch. Ich reflektiere mich und meine Familie. Was ist wirklich wichtig und was sind unsere Werte. Ich war beeindruckt als ich hörte, dass die Delfine wieder vor Italien aufgetaucht sind. Diese Krise regt so zum Nachdenken an. 

Die Stimmung kippt

In den Wochen vor Ostern war so viel Solidarität, Kreativität, Mitgefühl im Land. Es wurde geklatscht, musiziert und einander verstanden. Ich hatte den Eindruck die Menschen rücken weiter zusammen. Auch ich habe geschaut wie kann ich unterstützen, denn ein weiterer Psychologe antwortete auf die Frage -warum die Menschen hamstern- dass, dies ein natürlicher Prozess in der Krise ist. Der Mensch muss das Gefühl haben etwas Sinnvolles beizutragen. Das zeigte sich bei mir, dass ich Masken genäht habe oder auch im Restaurant nebenan, in dem ich vorher noch nie essen war, Essen bestellt habe. Genauso habe ich für die kleinen Oster-Post-Geschenke nach Gutscheinen von kleinen Geschäften geschaut oder auch meine Osterzweige in einem Blumenladen bestellt und liefern lassen. 

Nach Ostern dann der Schock, erste Lockerungen, eigentlich gute Nachrichten, aber vielen Menschen nicht genug. Besonders den Familien. Neben einem Kommentar den ich auf Facebook mir nicht verkneifen konnte wo es allgemein um die Solidarität unter den Menschen ging und ich mir Luft machen musste, weil auf einmal nur noch negative Stimmung verbreitet wurde. Das Virus wird angezweifelt, die Menschen sind schon fast enttäuscht, dass die Krankenhäuser nicht überlaufen sind, gingen die Familien nun auf die Barrikaden. Sie fühlen sich von der Politik allein gelassen, die Nerven sind nicht mehr vorhanden, sie wissen nicht weiter. 
Ja, wir Eltern benötigen Perspektiven, aber im Grunde brauch das jeder in diesen Tagen. Natürlich ist jede Familiensituation anders. Bei uns klappt es eventuell so gut, weil meine große Tochter in der 9. Klasse sehr selbstständig arbeitet und die Jüngste sich inzwischen auch sehr gut mit dem ihr gestellten Angebot beschäftigen kann und meine Arbeit besteht auch nicht aus mathematischen Formeln. Ich weiß, dass sieht bei vielen ganz anders aus. In einer Krise leiden immer die am meisten, die nichts dafür können - unsere Kinder. Es gibt ganz viele die diese Zeit nicht genießen können oder auch viele familiäre Situationen die einfach nur anstrengen, aber ich würde mir doch ein wenig mehr positive Stimmen wünschen. Ich wünsche mir, dass so viele Familien wie möglich diese Zeit gut für sich nutzen können, positives für sich herausziehen. 

Meine jüngste spricht täglich von ihren Freunden, aber sie meinte, sie ist auch sehr gern daheim. Ich habe nicht den Eindruck, dass ihr gerade was fehlt. Mit ihren Freunden hat sie ein paar mal Video-Telefonate geführt und wir haben Briefe geschrieben, insgesamt 4, leider kam nur von einem Freund bisher eine Antwort, auch interessant. Besonders schön war, dass sich der Kindergarten mit Osterpost gemeldet hat und auch der Englischkurs aus der Kita Kontakt per Mail hält. 

Eine dritte Elternzeit

Aktuell fühlt sich für mich die Situation wie eine dritte Elternzeit an nur mit Arbeit. Sitze ich sonst 5 Tage die Woche, 8 Stunden täglich im Büro, bin ich jetzt so intensiv wie nie mit meiner Familie zusammen. Wir tauschen uns aus, lachen miteinander und entwickeln Verständnis. Wir entdecken neue Hobbys, Rezepte und sind viel mehr an der frischen Luft als sonst. Ich finde es sehr schön und sehe das als Selbstreinigungsprozess. Ich denke aber auch nicht nur an die Eltern, auch an Alleinstehende und Ältere. Wir können das Virus und alles drum herum anzweifeln, aber ich möchte ehrlich gesagt nicht herausfinden was passiert wenn wir diese Maßnahmen nicht durchziehen. Die krassen Bilder aus Italien und New York habe ich vor meinen Augen und jedes Leben zählt. Also bevor wir andere in Gefahr bringen ist es doch nicht zu viel verlangt uns für eine Weile einzuschränken. Stück für Stück geht es vorwärts und das ist wichtig.
Manche Eltern bekommen Panik wenn sie an der Kita diverse Zettel mit Krankheiten lesen und nun sollen die Kids so schnell wie möglich wieder in Einrichtungen. Das muss bedacht geschehen und mit guten Konzepten die in Arbeit sind und bis dahin benötigen wir Geduld und besser keine Spucke. Wenn ihr mich nach einem Tipp fragt, dann empfehle ich die Gelassenheit. Scheiß mal auf den Haushalt und eventuell auch mal auf die eine oder andere Aufgabe sei es Arbeit oder Schule. Nehmt euch genügend schöne Momente zusammen und vor allem viel Humor und Spaß. Wir tanzen hier zum Beispiel viel und die Große lacht über meine Story Ausbrüche :D 

Es wird der Moment kommen wo wir an dem früheren Leben anknüpfen, dann vielleicht mit etwas mehr Selbsterkenntnis und gegenseitiger Akzeptanz. 


In der Krise beweist sich der CharakterHelmut Schmidt
Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen. Erich Kästner