Contergan reloaded

Von Mark Petersen @der_aufschrei

Contergan reloaded

Posted by :Joern Petersen On : 27. Oktober 2013 0

Category: Gesellschaft, Medizin

Tags:Contergan, Grünenthal, Skandal, Spanien

Der Contergan-Skandal schlug in den 70er Jahren in Deutschland hohe Wellen. Viele Familien wurden Opfer des Schlafmittels und leiden jahrzehntelang und noch heute unter den Folgen. Jetzt stellt sich heraus, dass dieser Wirkstoff noch bis 2003 in Spanien verschrieben worden ist.  Betroffene vermuten eine Vertuschung und wollen nun Gewissheit. 

Contergan – von dem in Aachen ansässigen Pharmakonzern Grünenthal entwickelt – galt Anfang der 60er Jahre als Wundermittel gegen Schlaflosigkeit. Besonders Schwangere schwörten auf den Wirkstoff THALIDOMID, bevor die ersten Fehlbildungen im Mutterleib bekannt wurden. In Deutschland wurde dies ein großer Skandal, unter anderem, weil die Bevölkerung viel zu spät informiert wurde. Spanien erlebt dies nun neu, denn dort war Contergan kein Begriff. Es gab mehrere Medikamente, die diesen Wirkstoff enthielten –  das bekannteste war Softenon. In der Werbung wurde damals dieses Mittel gegen Nervosität und Schlafstörungen angepriesen, von Nebenwirkungen war hier nie die Rede.

Grünenthal hatte die Tabletten nicht selbst hergestellt, sondern 160 Kilo als Schüttware geliefert. Einheimische Pharmafirmen übernahmen den Vertrieb! Grünenthal versäumte es damals das spanische Gesundheitsamt zu informieren. Aufgrund der Presseberichte anulierten die Behörden zwar die meisten Patente der Thalidomid-Produkte, einige der Pillen blieben aber im Handel.
Jetzt hat die spanische Justiz eine Reise zum Landesarchiv in Düsseldorf vorgenommen. So fand sich die Kopie einer Korrespondenz zwischen Grünenthal und den spanischen Lizenznehmern. Dieses Schreiben nährt den Verdacht, dass gezielt vertuscht wurde. Wörtlich heißt es, dass man einverstanden sei, den spanischen Ärzten den Grund des Verkaufstops nicht mitzuteilen. Besonders schlimm ist die Tatsache, dass es auf der iberischen Halbinsel nie eine Informationskampagne über die Nebenwirkungen von Thalidomid gab. Die Tabletten waren weiter im Umlauf, Schüttware ist kaum zu verfolgen. Viele Ärzte in der Provinz haben das Mittel noch jahrelang verschrieben, das letzte kranke Kind wurde 2003 geboren.

Grünenthal bestreitet jede Verantwortung. Der Pharmakonzern behauptet, dass die Lizenznehmer selbst verantwortlich sind. Jedoch: wer hat dieses Produkt in Spanien eingeführt? Dies muss doch die Frage sein! Schlimm ist, dass Opfer noch heute vor deutschen Gerichten die Entschädigungen einklagen müssen. Ich hoffe in Spanien wird es anders sein!

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Joern Petersen

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