Die Branche im Buzzword-Fieber, aber was bleibt von den Inhalten?
©dmexco
Content Marketing war sicherlich das meist gebrauchte, aber auch das meist missbrauchte Buzzword der dmexco 2014. Kein Stand, der nicht irgendwo Content Marketing in Großlettern ins Auge des Betrachters pushte, kein Vortrag und kein Podiumsdiskutant, der diesen Begriff ausließ. Doch was versteht die Branche unter Content Marketing? So verschwimmen doch die Begriffe Content Marketing mit Native Advertising, Branded Content, Corporate Publishing, Sponsered Content, SEO-Content – alles Content, oder was?
Plan.net Geschäftsführer Klaus sagt, dass die Werbung stärker in den Content reinkommen muss. Andere Werbungstreibende sprechen vom „360 Customer“, dessen Gedanken man mit Hilfe von Predictive und Social Analytics so zu durchschauen versucht, dass man den Kunden anrufen kann, bevor er selbst weiß, dass er anrufen wollen wird. Aber wollen wir das wirklich?
Fakt ist, dass sich die meisten Diskussionen zum Content Marketing um die Möglichkeiten von kontextuellen Werbelösungen drehen, nicht aber um den so wichtigen Paradigmenwechsel in der Kommunikationsstrategie.
Die Grundlage des Content Marketings ist aber doch, dass die Konsumenten nicht mehr pausenlos mit Werbeversprechen beschallt werden möchten. Da reicht es doch nicht, dass wir die gleiche Werbung jetzt nur einfach geschickter verpacken und in eine andere Umgebung mogeln.
Native Advertising ist falsch verstandenes Content Marketing
Das betont auch Jeff Jarvis in seinem Interview mit Thomas Knüwer, wobei er eben nicht die Marketing Strategie an sich meint, sondern das, was die Werbeindustrie daraus macht.
Die klassischen Publisher suchen nach neuen Möglichkeiten, ihren „Qualitäts-Journalismus“ zu monetarisieren und da bietet sich „Native Advertising“ als neue Form an, bezahlte und gekennzeichnete Content-Slots für Beiträge von Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Doch wer soll denn diese Slots füllen und womit?
Bisher konnten Unternehmen den Redaktionen auch schon ihre PR-Beiträge als redaktionellen Content anbieten. Dafür musste der Content aber für den Redakteur inhaltlich so überzeugen, dass er tatsächlich als nativer redaktioneller Content des Magazins durchgeht. Es ging also tatsächlich um Inhalte mit Mehrwert für die Leser, also um Qualitätsjournalismus aus PR-Hand. Wirklich guter Content war also ein gutes Geschäft für beide Seiten.
Bei Native Ads steht nicht der Inhalt, sondern die Bezahlung im Vordergrund. Ob Native Advertising also den „Qualitätsjournalismus“ wirklich retten kann, oder ob die Publisher damit nur als einen weiteren Push-Kanal für die ewig gleichen Werbebotschaften zur Verfügung stellen, bleibt abzuwarten. Mit Content Marketing hat das jedenfalls nichts zu tun. Native Advertising ist eine neue Mediataktik, aber keine neue Strategie.
Es scheint also, dass Content Marketing in der Kommunikationsbranche nicht wirklich zu einem Umdenken führt, sondern nur zu einer anderen Taktik mit neuen Technologien, um die Werbung besser zu platzieren. Ist Content Marketing also zu kompliziert und zu anstrengend für die Branche? Die Lösungsangebote auf der dmexco scheinen jedoch eher mit einfachen und schnellen Heilsversprechen in der digitalen Welt zu glänzen. Mirko Lange vergleicht das sehr treffend mit dem Abnehmen. „Der richtige Weg ist beschwerlich: Ernährung umstellen und Sport. Die dmexco ist eine reine Messe von Diätpillen- und -Pulver-Herstellern, die einen schnellen Erfolg ohne Mühe versprechen.“
Wo bleibt hier eigentlich die Stimme der PR-Branche? Die PR-Branche hat Content Marketing bislang immer zwar als „alten Wein in neuen Schläuchen“ belächelt und behauptet, das wäre ja eigentlich PR. Aber warum macht sie es dann jetzt nicht?
Doch die PR-Medien kommentieren die dmexco nur mit der traurigen Feststellung, dass die Deutschen PR-Leute auf Twitter kaum vertreten sind oder eben, dass die PR-Branche die dmexco komplett ignoriert.
Hätte doch gerade die Public Relations Branche die Chance, das Thema Content Marketing für sich aufzugreifen. PR kann Inhalte und PR kann Text, PR kann Relations, das sind genau die Kompetenzen, die im Content Marketing gefragt sind. Die Public Relations Branche muss nur endlich lernen, nicht nur in Media Relations und an Medienmittler zu denken und zu kommunizieren, sondern in Owned Media und Earned Media.
Quo vadis Content Marketing – Was bleibt?
Echtes Content Marketing erfordert ein Umdenken in der Kommunikation:
- Stop Selling, Start Listening – Start Helping
Relevante Inhalte, sind Inhalte, die die Kunden wirklich interessieren. Laut einer Studie von Kentico Software vertrauen 74 Prozent der Webuser Inhalten von Unternehmen, die weiterhelfen und weiterbilden. Relevanz, Nutzen und Unterhaltung sind die 3 Säulen des erfolgreichen Content Marketings.
- Content Marketing ist das neue SEO
Das semantische Web 3.0 basiert auf relevanten Inhalten. „Was zählt ist nur die Qualität der Inhalte“, sagt auch Matt Cutts, Chef des Webspam Teams bei Google. „Denken Sie nicht in SEO, sondern denken Sie lieber daran, wie Sie Ihre Webinhalte am besten vermarkten können: mit wirklich überzeugenden Inhalten.“
- Content Marketing ist multimedial
Videos und Infografiken sind die neuen Content Marketing Botschafter.
- Content Marketing ist crossmedial
Die eigene Website reicht schon lange nicht mehr aus, um Inhalte zu kommunizieren. Das Social Web ist ein fragmentierter Kommunikationsraum mit vielen verschiedenen Medien und Kanälen. Owned, Earned und Paid Media wachsen zusammen. Geschickte und effiziente Content Distribution wird zur neuen Schlüsseldisziplin im Content Marketing.
- Content Marketing ist multidisziplinär: PR, Marketing, Social Media, SEO
Eine erfolgreiche Content Marketing Strategie erfordert die Kompetenzen aus allen kommunikationsrelevanten Disziplinen in einer einheitlichen Strategie.