Peter Kraus ist eine lebende Legende.
Bevor seine große Abschiedstour ("Das Beste kommt zum Schluss") beginnt, brachte er ein neues Album auf den Markt, welches sich irgendwie von seinen anderen Werken unterscheidet, jedoch sich gleichzeitig perfekt in sein musikalisches Genre integriert.
Hits wie "Lila Wolken" oder "Nurnoch kurz die Welt retten" werden in die 50er Jahre zurückgebeamt und im Peter Kraus Stil neu interpretiert.
Ragna und ich haben den Entertainer vor einigen Tagen in Düsseldorf getroffen und uns mit ihm unter anderem über eine glückliche Ehe, seine Karriere und „Schallalala“ und „Schubiduu“ unterhalten.
Viel Spaß beim Lesen!
Liebst,
Conny
Foto: Kraus und Perino
Conny: „Sprechen wir doch zunächst über Ihr aktuelles Album „Zeitensprung“: Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, eine Platte mit neuen Songs im Stil der 50er und 60er aufzunehmen?“P. Kraus: „Es war nicht meine Idee (lacht). Im Gegenteil! Ich saß da und wollte mir etwas zu meinem 75. und für die Abschiedstournee einfallen lassen. Mir fiel aber nichts Besseres ein, als wieder die alten Hits aufzunehmen. Das fand ich aber langweilig. Irgendwann kam ein Anruf der Produzenten der „Baseballs“. Sie hatten die Idee, das Ganze mit den „Baseballs“ auf deutsch zu machen. Dann ist ihnen aber eingefallen, dass es noch einen „Echten“ gibt, der auch noch lebt (lacht). Ich fand die Idee toll. Ich bin nach Berlin gefahren, wir haben uns super verstanden und gleich mit der Arbeit angefangen.“
Conny: „Was waren die ausschlaggebenden Punkte, dass Sie sich genau für diese Lieber entschieden haben?“
P. Kraus: „Die Auswahl war nicht einfach. Wir haben keine Coverversionen gemacht, sondern haben das Lied und die Melodie genommen, haben den Text gelassen, aber mussten die Harmonien noch an die 50er und 60er Jahre anpassen. Wir haben uns gefragt, wie wir damals gearbeitet hätten, wenn ich das Lied damals bekommen hätte. Ausgesucht haben wir danach, was geht. Mit allen Liedern geht es nicht. Die Texte waren mir aber auch sehr wichtig. Früher ging es immer darum, ob man einander liebt. Texte wie „Muss nurnoch kurz die Welt retten“ hätte es früher nicht gegeben. Das faszinierte mich unheimlich. Ursprünglich wollen wir nur Poplieder machen. Wir hätten aber damit gleichzeitig für mein Tourpublikum eine komplett neue Platte gemacht, da die Leute, die zum Konzert kommen, die Lieder normalerweise nicht kennen. Daher wollte ich gerne Songs von Menschen drauf haben, die ich verehre, wie zum Beispiel Udo Lindenberg. Songs wie „Hammer“ oder „Lila Wolken“ sind eher Rapsongs. Das dann musikalisch umzusetzen, war schon eine Herausforderung. Die Arbeit war dadurch sehr spannend.“
Conny: „Und was sagen die Originalsänger?“
P. Kraus: „Naja, wir mussten ohnehin von allen eine Genehmigung einholen. Das Gesetz sagt, dass, wenn man die Nummer nicht verändert, darf man sie so aufnehmen. Wir haben aber die Harmonisierung und das Tempo verändert. Daher mussten wir anfragen. Sonst hätte es eine einstweilige Verfügung gegeben. Das wollten wir nicht.“
Foto: Kraus und Perino
Conny: „Sie haben auch zusammen mit Helene Fischer einen Song bzw. ein Medley aufgenommen. Wie kam es denn dazu?“P. Kraus: „Das war ganz lustig. Helene wollte schon im vorletzten Jahr mit mir gemeinsam in ihrer Show Rock n’ Roll singen. Damals war ich aber unterwegs und konnte nicht dabei sein. Dieses Mal hat sie wieder angefragt, woraufhin ich ihr gesagt habe, an welchem Projekt ich gerade arbeite. Ich habe ihr vorgeschlagen, dass ich einen Song von ihr in meinem Stil aufnehme. Ich habe ihn ihr geschickt und sie war begeistert. Ihre Idee war dann das Medley. Ich bin auch sehr stolz, dass sie mitgemacht hat.“
Conny: „Was halten Sie denn vom Musiknachwuchs aus Deutschland?“
P. Kraus: „Kreatives Erarbeiten wird immer schwerer. Die Plattenfirmen denken nicht mehr so langfristig wie früher. Mein Producer von damals und ich dachten zu dieser Zeit an eine mindestens 10jährige Karriere. Heute tut man das einfach nicht mehr. Der Grundspruch war immer „Ein Hits ist nichts! Ab drei Hits geht es los!“. Heute kann man einen Hit soweit ausschlachten, dass man unter Umständen schon eine Riesentournee machen kann. Das gab es damals nicht. Wir haben uns immer Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen könnte. Heute läuft es anders. Man hat einen Erfolg und das Image muss dann durchgezogen werden. Es ist aber auch eine ganz andere Zeit. Castingshows sind ja auch dementsprechend angelegt, dass der nächste Sieger im nächsten Jahr bereit steht. Es gibt heute noch Fansclubs von 1955, die heute noch existieren. Das ist Wahnsinn. Fans, die heute über 70 sind, sind damals mit 16 Jahren eingetreten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es heute noch mal so etwas geben wird.“
Conny: „Was erwartet die Fans denn auf Ihrer Abschiedstour?“
P. Kraus: „Dieses Mal machen wir ein einfaches Konzept: Von Anfang bis Ende spielen wir nur Hits. Das ist das Konzept, das die Fans immer von mir sehen wollten. Ich habe immer gesagt, dass ich es mir nicht so einfach machen möchte. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Tour zu machen: Entweder wegen einem Nummer Eins Hit oder wegen der Person. Leute wie Udo Jürgens oder ich brauchen keinen Nummer Eins Hit. Wenn eine Platte gut läuft ist es super. Man muss aber trotzdem etwas bieten, damit die Leute wieder kommen. Ich hatte immer Angst davor, zu sagen, dass ich zwei Stunden die Lieder singe, die die Leute von mir hören wollen. Ich hätte Angst gehabt, dass die Menschen dann nicht mehr zu meinen Konzerten kommen. Jetzt singe ich Lieder, die die Leute teilweise nicht kennen. Die 50er Jahre stehen dieses Mal mehr im Vordergrund. Es wird viel mehr „Schallalala“ und „Schubiduu“ geben (lacht). Die Klassiker der Rock n’ Roll-Zeit kommen natürlich auch auf die Setlist. Ich habe momentan so viele Ideen.“
Foto: Kraus und Perino
Conny: „Und danach?“P. Kraus: „Im März geht es noch weiter auf Tour. Pläne für danach habe ich aber nicht. Der Plan ist, mein Leben zu genießen. Ich habe eine Familie, Wohnsitze, baue Wein an, lebe am See… DAS möchte ich genießen. Ich möchte nicht irgendwann mal sagen, dass ich mehr von allem gehabt hätte, wenn ich früher aufgehört hätte. Ansonsten lasse ich mich inspirieren. Es kann alles passieren. Vielleicht arbeite ich mal mit Leuten zusammen, die ich auf „Zeitensprung“ nachgesungen habe. Wer weiß?“
Conny: „Haben Sie einen Tipp für eine lange glückliche Ehe? Wie schafft man das?“
P. Kraus: „Die Grundvoraussetzung bei den Ehen in der heutigen Zeit ist eine andere als damals. Beide arbeiten, beide wollen Karriere machen. Meine Frau hat irgendwann auf ihre große Karriere verzichtet und ist mit Freude Hausfrau und Mutter geworden. Meine Frau ist mit Freude für die Family und mich da. Sie hatte nie einen Nachholbedarf, in der Form, dass sie Schmuckdesignerin werden wollte. Sie ist am liebsten zu Hause. Eine große Rolle spielt aber auch mein Leben bzw. meine Jugend. Da passierte schon vieles, was in einem „normalen“ Leben erst ab 20 passiert. Die Tatsache, dass jemand schon mit 16 Jahren Geld verdiente, war ungewöhnlich und neu. Es war immer was los. Ich sah es auch als eine Aufgabe, eine Familie zu gründen und bin ernsthaft an die Geschichte rangegangen. Vor allem in den ersten sechs Lebensjahren meines Sohnes habe ich mich nicht in den Vordergrund gedrängt. Klar, ich habe meine Shows gemacht, aber das war es im Wesentlichen auch. Ich war viel zuhause und habe das genossen. Im Laufe der Jahre wird man vernünftig. Wir streiten nicht. Am Ende stellt sich sowieso heraus, dass es grundlos war. Man versöhnt sich und kuschelt und gut is’ (lacht).“
Ragna: „Sie werden auch als eine „lebende Legende“ bezeichnet. Was ist das für ein Gefühl?“
P. Kraus: „Ein schönes Gefühl. Besser als als tote Legende (lacht). Im Ernst: Das ist schon schön. Aus meiner Zeit gibt es nicht mehr so viele Menschen, die gesund und aktiv und erfolgreich sind. Auch ich bin aber kein Wunderkind. Man muss irgendwann vernünftig werden. Auch wenn es einem momentan erscheint, als könne man nach wie vor Bäume ausreißen. Man muss realistisch sein. Trotzdem: „nur“ Wein anbauen oder Blumen züchten möchte ich nicht! (lacht)“