Zugegeben, meine PlayStation 4 Pro verstaubt bei mir ein wenig. Warum? Naja, das ist ein anderes Thema. Viel wichtiger ist, dass ich die Schicht mit einem Pinsel beseitigt habe, um einen der zahlreichen exklusiv Titel für Sony's Konsole zu spielen. Nun ok ertappt, das Stichwort Pinsel ist hier wohl der gewollte Aufmacher. Billig aber hey ihr seid nun bei mir. Sony's Inhouse Studio Pixelopus, unter anderem bekannt für Entwinded, hat mit Concrete Genie nun ihr zweites künstlerisches Werk auf den Markt gebracht. War bereits das Erstlingswerk ein gewaltloses und Zen inspiriertes Spiel, ist auch bei Concrete Genie auf den ersten Blick das Fehlen von Gewalt im Spiel auffällig. Was sich insgesamt genau hinter dem Spiel verbirgt, verrate ich euch in meinem Test.
Möchtegern Gangster in Denska
Denska, eine einst blühende kleine Hafenstadt, ist nun trostlos, verlassen und zu allem Überfluss von einer Finsternis befallen. Unser Protagonist Ash ist in dem kleinen Örtchen wohlbehütet aufgewachsen und erinnert sich gerne an die lebensfrohe und friedliche Atmosphäre zurück. Selbst ein wenig introvertiert, zeichnet Ash viel und scheint sich von Problemen möglichst fern zu halten. Naja, aber wie Jugendliche so sind, sind auch die Friedlichen gerne ein Ziel von Mobbern. So ergeht es Ash nicht anders und eine kleine Gruppe Teenies erniedrigen den jungen Künstler und ziehen ihn mit seinen Zeichnungen auf. Sein Skizzenbuch wird dabei zerrissen und er wird von der Gruppe in die Gondelbahn direkt auf die kleine Leuchtturm Insel verfrachtet. Eine seiner Seiten verfolgend, rennt Ash in den Leuchtturm, wo seine Geisterzeichnung zum Leben erweckt. Kein Wunder, denn im Leuchtturm ist ein magischer Pinsel versteckt. Der Geist, der fortan von Ash Luna genannt wird, gibt ihm die Aufgabe, die Stadt Denska von der Finsternis zu befreien und wieder mit Leben zu erfüllen. Das mit dem Leben beschränkt sich allerdings erstmal nur auf ein paar ordentliche Ladungen Farben. Die Story wird über die verschiedenen Stadtteile immer weitererzählt und man erfährt nach und nach auch mehr über die Schicksale der jugendlichen Gruppe und erfährt vielleicht auch den Grund, warum sie sich Ash gegenüber so verhalten.
Zwischen Straßenschmierereien und Streetart
In der Stadt hängen an den Wänden überall verteilt Lichterketten. Diese sind zunächst ausgeschaltet. Fängt Ash an den Wänden an zu malen, erleuchten diese nach und nach. Eine vollständig bemalte Wand erkennt man an der Lichterkette, die von weißem auf buntes Licht wechselt. Und hier kommen wir auch zu dem Zen des Spiels. Ich persönlich habe selbst viel gezeichnet in meiner Jugend und tue es heute auch noch gerne, wenn ich die Zeit dafür finde. Die Wände können mit verschiedenen Dingen aus unserem Repertoire verschönert werden. Ein wenig Gras hier, ein Baum dort, die Sonne die hinter dem Hügel gerade hervorlugt und dann ein paar Wolken an den Himmel. Ach schön, es stellt sich einen meditativen Zustand beim Malen ein, den man in solcher Form in einem Spiel wohl noch nicht gesehen hat. Klar in De Blob gestalten wir die Welt auch mit Farbe, aber da liegt der Fokus doch deutlich auf Action. Leider stört uns aber immer wieder die Gruppe Jugendlicher in der Verfolgung unserer Ziele und da Ash zu keiner Zeit zu Gewalt bereit ist und sich nicht gegen seine Mobber wehrt, bleibt bei einer Begegnung nur die Flucht auf die Dächer der Stadt. Warum er dort allerdings nicht verfolgt werden kann, ist mir ein Rätsel. Vielleicht ist Ash einfach der bessere Kletterer, weil er es gewohnt ist, weglaufen zu müssen. Erwischen ihn seine Peiniger, wird Ash zur nächsten Mülltonne gebracht und wir spielen von dort aus weiter. Hängt die Gruppe mal an einem Ort, an dem Ash sich künstlerisch austoben muss, kann er die Gruppe mit gezielten Rufen auf sich aufmerksam machen und weglocken. Dann kann weiter der Pinsel geschwungen werden. Um ein wenig Abwechslung in die Malereien zu bekommen, kann Ash Seiten aus seinem Skizzenbuch einsammeln, welche sich vom Wind durch die Stadt tragen lassen.
Namensgebend sind allerdings die kleinen Geister, die Ash mit seinem Pinsel an bestimmten Stellen zum Leben erwecken kann. Auch diese kann er mit seinem Malkasten in gewisser Weise selbst gestalten. Diese Genies helfen ihm neue Bereiche zu erkunden und machen ihm den Weg frei. So gibt es verschiedene Arten von Genies. Die einen können Feuer speien, um beispielsweise Tücher aus dem Weg zu schaffen. Andere können die Elektrizität beherrschen und andere wiederum können Gegenstände wegblasen. Als Gegenleistung möchten sie aber häufig bestimmte Elemente in den Bildern an den Wänden sehen. Zusätzlich geben uns glückliche Genies auch Zauberfarbe, mit der wir von Finsternis befallene Wände bemalen können und so die lila Ranken vertreiben. Die Genies können sich frei an den Wänden bewegen und verfolgen uns so auch durch die Stadt, wenn es die Wände entsprechend zulassen. Regelmäßig müssen wir mit den kleinen Geistern auch Rätsel lösen. So müssen wir einen kleinen Elektro Genie beispielsweise mit einem Zug zu einem Kran fahren, dort springt der Geist an die Kistenwand. Wir fahren den Kran nach oben, damit der Genie dort angekommen ein Reklameschild wieder zum Leuchten bringt. Das bringt immer eine schöne Abwechslung zwischen dem Malen und den Plattformpassagen rein. Einzig das zu sich Rufen der Genies könnte manchmal besser und nachvollziehbarer funktionieren. Denn manchmal müssen die Geister genau richtig positioniert werden, damit diese ihre Fähigkeiten einsetzen, was den Spielfluss ein wenig stört.
Von Dach zu Dach
Die Steuerung ist stark einem gewöhnlichem 3D Plattformer angelehnt. Leider bekommt man aber eher schlecht als recht ein gutes Gefühl für die Sprungweite und so passiert es schon einmal häufiger, dass man zu tief stürzt und zu einem Checkpoint zurückgesetzt wird. Alles in allem funktioniert die Plattformer Steuerung sonst aber wie gewohnt und gut. Die Malereien können wir auf verschiedene Arten machen. So hat man mit dem Gamepad entweder die Möglichkeit mithilfe der Bewegungssteuerung zu spielen und das Pad entsprechend zu neigen, um den Cursor zur führen. Alternativ kann man aber auch mit dem Rechten Stick malen. Mit dem Steuerkreuz wählen wir aus, was gemalt werden soll und so lassen sich in Windeseile kleine Kunstwerke erschaffen. Es gibt zusätzlich auch noch eine VR-Unterstützung des Spiels, in welchem Umfang die aber ausfällt, kann ich mangels VR-Headset und Movecontroller allerdings nicht einschätzen.
Als exklusiv Titel erwartet man natürlich ein technisch optimiertes Spiel. Und genau darum handelt es sich auch bei Concrete Genie. Technisch läuft der Titel absolut flüssig und machte zu keiner Zeit meiner Spielsessions Probleme. Die triste Stadt, welche nach und nach durch die leuchtenden Farben unserer Bilder erstrahlt, macht eben auch nach und nach immer mehr Spaß und durch das Spielkonzept lässt sich auch einfach feststellen welche Gebiete man bereits erkundet hat. Zwar können wir in den Malereien „nur" Elemente nutzen und den Pinsel nicht Strich für Strich nach unseren Vorstellungen führen. Genau das macht das Spiel aber deutlich zugänglicher und gibt uns am Ende des Bildes auch ein gutes Gefühl etwas Schönes erschaffen zu haben. Die kleinen Geister sind wunderbar liebevoll animiert und es macht manchmal auch einfach nur Spaß sie zu beobachten, wie sie mit den Malereien interagieren. Musikalisch ist der Titel mit traumhaften Klängen untermalt und schafft eine ruhige Atmosphäre in dieser anfänglich urbanen Dystopie. Auch die deutsche Synchronisation ist absolut in Ordnung. Es handelt sich hier zwar nicht um absoluten Krösus aber die Sprecher sind glaubwürdig und bringen das nötige Feingefühl für die verschiedenen Charaktere mit.
Fazit
Concrete Genie ist ein Titel zum Abschalten, hat aber durchaus auch seine Message. Man lässt sich gerne von den kleinen Genies ablenken und gerade das Beschmieren der Wände macht den Titel so einzigartig. Mit einer linearen Spiellänge von ungefähr sieben bis acht Stunden in einer Welt voller Open World 200 Stunden Titeln ist das Spiel auch einfach erfrischend und dadurch in sich abwechslungsreich. Concrete Genie ist ein Spiel für die Familie. Zum Einen für die Gamer mit künstlerischer Ader oder für diese, die einfach vom Alltag einmal ein wenig abschalten wollen und dem Abend eben nicht mit brachialer Action, sondern seichte bis gute liebevolle Unterhaltung verbringen möchten.