Adaptionen von Superhelden-Comics sind aus der Kinolandschaft gar nicht mehr wegzudenken. Und in den nächsten Jahren soll nach dem Willen der Studios eine wahre Flut an weiteren Produktionen über uns hereinbrechen. Hinzu kommt, dass auch das Fernsehen immer mehr im Zeichen der Superhelden steht. Mein Kumpel Sawmanic, seines Zeichens Science-Fiction-Fan und Comic-Nerd, hat in einem Artikel vom 11. November 2014 für seinen Blog einige Gedanken zu den Perspektiven für die nächsten Jahre festgehalten. Da er mich in seinem Text gleich zwei Mal erwähnt, möchte ich seiner Sicht auf das Thema die meine hinzufügen bzw. dort gegenüberstellen, wo ich es für notwendig betrachte.
Vorab: Ich handle zur besseren Orientierung die einzelnen Aspekte in der gleichen Reihenfolge wie Saw ab. Da es sich um eine Antwort auf seinen Text handelt, wäre es sicherlich sinnvoll, diesen zuvor gelesen zu haben. Er findet sich hier.
Warner Bros./DC Entertainment:
Green Lantern (geplant für 2020), Cyborg (ebenfalls 2020) und Shazam (2019) stellt Saw die Filme mit Captain America und Iron Man gegenüber und bezweifelt, dass diese DC-Charaktere die gleiche Zugkraft an den Kinokassen haben werden, wie die genannten Marvel-Helden. Der Vergleich hinkt allerdings, denn aus dem DC-Trio fällt nur Green Lantern in die Kategorie A-List, in der sich auf Marvel-Seite Captain America und Iron Man befinden. Hier werden gewissermaßen Äpfel mit Birnen verglichen. Warner würde sich bestimmt freuen, wenn Shazam und Cyborg an den Kassen abräumen, doch Mega-Hits erwartet man sicherlich nicht und wird dies bei den Budgets bedenken. Cyborg bietet das klassische Mensch-Maschine-Thema, das immer noch Potenzial hat. Shazam (Teenager kann sich in erwachsenen Superhelden verwandeln) zielt wohl auf eine jüngere Zielgruppe. 2011 gab es im Vorfeld des Green-Lantern-Films ein großes Interesse an dem Stoff. Dass viele Fans hinterher von dem Streifen enttäuscht waren, hat der Popularität der Figur aber nicht geschadet. Es gibt unbestritten Aspekte dieses Comics, die auf der Leinwand nicht funktionieren würden (nebenbei: dies gilt für quasi alle Superhelden-Comics, die verfilmt werden), aber man kann einen coolen Green-Lantern-Film machen. Gerade auch einen mit einem dunklen und ernsthaften Ton. Flash (2018) bewährt sich gerade als Serie ziemlich gut (zu diesem Thema später mehr). Weshalb man unbedingt Aquaman machen will, kann ich jedoch kaum nachvollziehen. Aus meiner Sicht würde dies nur als Öko-Drama funktionieren. Vielleicht macht DC es ja so. Bliebe noch Suicide Squad (2016) mit dem Thema "Schurken als Helden bzw. Anti-Helden". Vom Gelingen dieses Films macht Warner sicherlich nicht die Zukunft des Cinematic Universe abhängig.
Zudem: Weitere Solo-Filme mit Batman und Superman hat Warner bislang zwar noch nicht angekündigt, doch es wird sie geben. Sollte es mit den B-Listern Probleme geben, könnte man einen oder mehrere Filme mit ihnen streichen und gegen einen mit Batman und/oder Superman ersetzen. Denn diese Filme gehen immer. Da gebe ich Saw ganz Recht.
Sony:
Das Studio hält die Filmrechte am Spider-Man-Universum, doch dieses ist zu klein und eindimensional, um auf Dauer isoliert lebensfähig zu sein. 2016 koppelt man die Schurken-Riege Sinister Six aus und 2018 kommt Amazing Spider-Man 3. Ein Solo-Film mit Venom befindet sich in der Planung. Einmal hat Sony Spidey schon rebootet und man kann es vom Prinzip her nochmal und nochmal tun. Doch meine Prognose ist hingegen: Sony wird zwar die Rechte an Spider-Man nicht an Marvel zurückgeben, doch eine weitgehende Kooperation eingehen. Spidey könnte in den Marvel-Filmen auftauchen und Sony die Figur weiterhin in eigenen Filmen auswerten. So wären auch Auftritte von Figuren aus dem restlichen Marvel-Universum in Spidey-Filmen nicht ausgeschlossen und beide Studios würden maximal profitieren.
20th Century Fox:
Marvel Studios:
Marvel hat dieses Jahr mit Guardians of the Galaxy bewiesen, dass man Filme mit B- oder C-List-Figuren zu Kassenknüllern machen kann, wenn man die richtige Herangehensweise an den Stoff wählt. Dies lässt einen im Bezug auf Ant-Man (2015), Doctor Strange (2016), Black Panther (2017) und Captain Marvel (2018) durchaus optimistisch werden. Allerdings muss sich erst noch zeigen, ob Marvel auch jedes Mal erneut diesen optimalen Zugang findet, wie man es im Falle der Guardians geschafft hat.
Eine persönliche Anmerkung: Marvel ist sehr dafür gelobt worden, dass das Studio Solo-Filme mit einem weiblichen Superhelden bzw. einem dunkelhäutigen Superhelden machen wird. Marvel startete sein Cinematic Universe 2008 mit Iron Man. Wenn Black Panther 2017 anläuft, wird es 9 Jahre und 15 Marvel-Filme gedauert haben, bis man einen afro-amerikanischen Schauspieler einen Solo-Film tragen lässt. Und nach 10 Jahren und 17 Filmen darf dann auch mal eine Schauspielerin alleine ran. Wofür wird Marvel da eigentlich gelobt? Etwa dafür, dass man sich Diversität so lange erfolgreich verweigert hat? Warner/DC brachte 2004 bereits Halle Berry als Catwoman. Der Film war mies, doch wer Studios unter dem Gesichtspunkt der Vielfältigkeit im Bezug auf Gender oder Minderheiten beurteilt und nun Marvel zujubelt, muss sich fragen lassen, ob hier wirklich gleiche Maßstäbe angelegt werden. Außerdem: Wonder Woman startet vor Captain Marvel in den Kinos!
Aber zurück zum Thema: Captain America: Civil War (2016), Guardians of the Galaxy 2 (2017), Thor: Ragnarok (2017), sowie Avengers: Infinity War 1 und 2 (2018/2019) sind Selbstläufer, über die man nicht diskutieren muss. Inhumans (2018) ist in den Infinity-War-Plot eingebunden. Allein deshalb werden ihn sich die Leute ansehen. Selbst dann, wenn sie die Charaktere eigentlich gar nicht reizen. Bislang lief alles wie geschmiert für Marvel Studios. Und solange die Filmschmiede keine groben Fehler macht, dürfte das auch so bleiben.
Fernsehen:
Mit solchen Gedanken muss sich Warner Bros. TV derzeit nicht plagen, denn sowohl Arrow als auch Flash laufen im Programm von CW gut bis sehr gut. Allerdings hat der Sender (an dem Warner selbst beteiligt ist) eine geringere Reichweite, so dass man mit niedrigeren Quoten schon zufrieden ist. Auch im Falle dieser Serien gilt: Warner ließe über den Preis sicher mit sich reden, falls es dazu Bedarf gebe. Derzeit besteht er aber nicht. Gotham ist bei FOX im Moment außer Gefahr, für Constantine bei NBC gilt dies nicht. Diese Serie steht wohl vor dem Aus. Für die Zukunft sind zahlreiche neue DC-Serien in Planung, doch was davon wirklich kommt, ist nicht wirklich absehbar. Denn dies hängt nicht zuletzt von der Performance jener Serien ab, welche die Sender aktuell bereits im Programm haben – und zwar unabhängig vom Genre: Je mehr Flops die laufende Season generiert, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Comic-TV-Serien hinzukommen. Vorausgesetzt, das Thema insgesamt bleibt weiter heiß.
Marvel setzt seinen Schwerpunkt derweil auf Internet-Streams und hat mit Netflix einen großen Deal über gleich mehrere Serien (u.a. Luke Cage, Jessica Jones) abgeschlossen, die miteinander in Zusammenhang stehen und in einer gemeinsamen Serie kulminieren sollen. Ob dies das Konzept der Zukunft ist, muss man abwarten. Prognosen sind da äußerst schwierig.
Fazit:
Im Bezug auf das DC Cinematic Universe teile ich Saws Bedenken nicht unbedingt. Da ist er meiner Meinung nach einfach zu pessimistisch. Auch was das X-Men-Franchise von 20th Century Fox angeht, bewerte ich die Zukunftsperspektiven anders. Einigkeit besteht zwischen uns im Bezug auf Sony und seine Spider-Man-Aktivitäten. Auch was das Kino-Universum von Marvel angeht, so teile ich seine Prognose zu weiten Teilen. Wie ich bereits sagte, verändert sich die Fernsehlandschaft zu schnell, um wirklich Aussagen über die Zukunft treffen können. Während einer laufenden Season kann man nur von Woche zu Woche eine Bestandsaufnahme machen, was ich versucht habe zu tun. Für manche Serien stimmen die Quoten aktuell, bei anderen nicht. Spätestens im nächsten Mai sind wir alle schlauer.
Zum Schluss möchte ich noch auf eine grundsätzliche These zum Thema Superhelden-Adaptionen eingehen, die Saw bereits aufgegriffen hatte: Wenn die Studios auch in den kommenden Jahren mit ihren Comicverfilmungen erfolgreich sein wollen, dann müssen sie verhindern, dass der Zuschauer der Thematik überdrüssig wird. Dies kann nur gelingen, wenn sich die Comicverfilmungen eben nicht mehr wie solche anfühlen. Captain America: The Winter Soldier war zu mindestens 50 Prozent ein Polit-Thriller/Agentenfilm. Guardians of the Galaxy war eine poppige Space Opera, die nebenbei auch noch eine Comicverfilmung war. Gotham ist ein Krimi. Für beide Studios muss es darum gehen, diesen Weg beizubehalten. Nur dann hält man die Thematik frisch und kann eine mögliche Übersättigung vermeiden. Wem dies von beiden Konkurrenten am besten gelingt, wird die Nase vorn haben. Ganz unabhängig vom Medium.
Es ist auf jeden Fall eine spannende Zeit für alle Comic-, Film- und Serienfans. Und ich bin neugierig, wie sich das Thema in den nächsten Jahren entwickeln wird.
Wenn ihr auch eine Meinung zum Thema habt, dann schreibt gerne einen Kommentar!!!