35 Jahre hat es gedauert – wenn man den Überlieferungen Glauben schenken möchte – bis Barry Windsor-Smith mit dem Comic Monster fertig war. Ein dicker Brocken ist das Ergebnis. Aber was steckt drin? Eines kann ich euch vorab sagen: damit hatte ich nicht gerechnet.
Der Plot
Wir schreiben das Jahr 1964. Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, aber der Vietnamkrieg ist noch im vollen Gange. Grund genug für Robert „Bobby“ Bailey, sich für die Armee zu melden. Da er weder lebende Verwandte, noch einen Job, noch ein Zuhause hat, wird er in Forschungsprojekt gesteckt.
Das Projekt Prometheus – basierend auf Nazi-Technologie – soll an ihm erprobt werden. Mit diesem Genetikprogramm soll er stärker und muskulöser werden. Die Geschichte von Bobby mag zwar hier zu Ende gehen, aber sie nahm ihren schrecklichen Anfang viel früher.
Vor dem Zweiten Weltkrieg war noch alles in Ordnung. Auch während des Krieges hatte Bobby eine gute Kindheit mit seiner Mutter. Bis alles den Bach runterging und er von einem Problem in das nächste geführt wurde. Dies ist das Leben von Bobby, was so viel besser ohne Monster verlaufen wäre.
Mein Comic Senf
Genau wie beim Comic-Namensvetter von Naomi Urasawa ist der Name eben nicht das, was man erwartet. Es geht um Menschen, die schlicht Monster sind. Hier geht es noch mal ein Stück weiter. Da Bobby optisch ein Monster ist, aber eben nur äußerlich.
Alle Protagonisten haben Züge eines Monsters an sich. Manche mehr und andere weniger, aber der einzige „saubere“ Charakter ist Bobby. Das ist aber nicht der einzige clevere und tiefgründige Bereich in diesem absoluten Meisterwerk.
Der Autor und Zeichner Barry Windsor-Smith ist ein bekannter Superhelden-Comic-Künstler und so ist auch die Grundidee eine Mischung aus Hulk und Captain America. Die Geschichte ist nicht in allen Bereichen frisch und neu, aber sie ist großartig abgemischt und zusammengestellt.
Als man ein kleines Gefühl bekommt, in welche Richtung die Geschichte geht, gibt es einen Sprung in der Zeit und ein anderer Teil der Geschichte wird erzählt. Das verwirrt und verunsichert kurz. Warum erzählt man es nicht chronologisch? Mit der Zeit ist das aber eine richtig gute Entscheidung und dieses Element wird noch weitere Male verwendet.
Dadurch wird jeweils das Monster stärker herausgearbeitet. Aus sympathischen Figuren wird so schlagartig ein Monster. So ist Tom als Vater nachdem Krieg ein Riesenarsch. Er war doch nur als Übersetzter im Krieg. Und dennoch ist er verändert, man lernt ihn hassen.
Im Krieg selbst merkt man, was er erlebt hat und man bekommt plötzlich Mitleid. Das hält aber nicht lange, kurz darauf ekelt man sich vor ihm, um dann nochmal Mitleid zu entwickeln. GENIAL! Und das ist nur ein Beispiel von diesen vielschichtigen Figuren.
Es ist gar nicht so viel Text in diesem Comic, wie man meinen könnte, aber man braucht Pausen. Man muss das gelesene verarbeiten und reflektieren. Diese Pausen waren absolut nötig. Nach dem Ende hatte ich zwei Gefühle. Einmal ein mulmiges und angeekeltes Gefühl, aber auch ein erhebendes Gefühl.
Der Comic lässt einen vor allem nicht los. Während des Lesens, in den Pausen, oder eben auch nachdem Lesen. Immer wieder kommen mir Momente in den Sinn. Ständig merke ich, dass ich über das eine oder andere gerne noch etwas aufschreiben würde. Das zeichnet einen guten Comic aus, er lässt einen nicht los. Vielleicht lässt mich Monster nie mehr los.
Mein Tweet nach dem Comic: „Vielleicht habe ich gerade den besten Comic meines Lebens ausgelesen
Vielleicht der beste Comic