Einen Liebesfilm ohne Liebe zu drehen, geht folgerichtig aus dem Werk Paweł Pawlikowskis hervor. Sein Liebespaar (Joanna Kulig, Tomasz Kot) bewegt, vertröstet und beschläft sich über 15 Jahre hinweg, im Osten wie im Westen. Die Jahre verstreichen, museal archiviert in einer stummen Zeitangabe, die Musik streift das Gefühlsleben beider Liebender: Wiktor (Kot) ist Komponist, der ein Auge auf die sinnliche Sängerin Zula (Kulig) geworfen hat. Pawlikowskis Film zerberstet – ähnlich wie "Ida" fünf Jahre zuvor – vor ausreichender mathematischer Berechnung, signiert mit einer bedrohlichen retrospektiven Atmosphäre stalinistischer Felsigkeit, die den Hang zum Gestellten, ja Gestelzten hat. Die Liebe wird zweifach erdrückt – der Filmemacher interessiert sich für die Bedingungen der Liebe inmitten eines künstlerischen Milieus politisierter Lebensbedingungen. Den Übergang von visionärer Eigenständigkeit zu verführerischem Anpassungszwang trifft Pawlikowski dezent, wenn die Musik den rauen Kriegsfolgen zu Beginn jungfräulichen Hoffnungscharakter verleiht, die Ode an das Glück ein paar Jahre später jedoch zur instrumentalisierten Ode an Stalin (vor einem monumentalen Porträt) mutiert. In "Cold War – Der Breitengrad der Liebe" gerinnt das Nichtdarstellende und Auslöschende gelegentlich zum K(r)ampf der Ausdrucksmittel; Pawlikowski vergisst, wer diese Menschen sind, von denen er erzählt. Menschen, die schließlich der Wind – kaum lyrischer und symbolbeladener hätte das sein können – aus dem Bild verweht.
"Cold War - Der Breitengrad der Liebe" / "Zimna wojna" [PL, F, GB 2018]
Autor des Artikels : Timo K.
Zum Original-ArtikelEinen Liebesfilm ohne Liebe zu drehen, geht folgerichtig aus dem Werk Paweł Pawlikowskis hervor. Sein Liebespaar (Joanna Kulig, Tomasz Kot) bewegt, vertröstet und beschläft sich über 15 Jahre hinweg, im Osten wie im Westen. Die Jahre verstreichen, museal archiviert in einer stummen Zeitangabe, die Musik streift das Gefühlsleben beider Liebender: Wiktor (Kot) ist Komponist, der ein Auge auf die sinnliche Sängerin Zula (Kulig) geworfen hat. Pawlikowskis Film zerberstet – ähnlich wie "Ida" fünf Jahre zuvor – vor ausreichender mathematischer Berechnung, signiert mit einer bedrohlichen retrospektiven Atmosphäre stalinistischer Felsigkeit, die den Hang zum Gestellten, ja Gestelzten hat. Die Liebe wird zweifach erdrückt – der Filmemacher interessiert sich für die Bedingungen der Liebe inmitten eines künstlerischen Milieus politisierter Lebensbedingungen. Den Übergang von visionärer Eigenständigkeit zu verführerischem Anpassungszwang trifft Pawlikowski dezent, wenn die Musik den rauen Kriegsfolgen zu Beginn jungfräulichen Hoffnungscharakter verleiht, die Ode an das Glück ein paar Jahre später jedoch zur instrumentalisierten Ode an Stalin (vor einem monumentalen Porträt) mutiert. In "Cold War – Der Breitengrad der Liebe" gerinnt das Nichtdarstellende und Auslöschende gelegentlich zum K(r)ampf der Ausdrucksmittel; Pawlikowski vergisst, wer diese Menschen sind, von denen er erzählt. Menschen, die schließlich der Wind – kaum lyrischer und symbolbeladener hätte das sein können – aus dem Bild verweht.