Zürich ist super, keine Frage. Aber manchmal muss man etwas über den Untertassenrand hinaus blicken. Oder sogar über den Röstigraben. Für eine Konferenz reiste ich kürzlich nach Genf und weil das ja nicht gleich um die Ecke liegt, liess ich mir die Chance natürlich nicht entgehen, die dortige Kaffeeszene auszukundschaften. Nach einer kurzen Internetrecherche hatte ich zwar nur gerade zwei Lokale auf dem Radar, aber die begeisterten dafür umso mehr! Nach ein paar Vorträgen an der Universität ging der Spass also los und praktischerweise lag mein erstes Ziel auch nur ein paar Strassen weiter an der Rue des Bains. „Birdie“ ist ein kleines, helles, nordisch-minimalistisch gestaltetes Lokal und begeisterte mich vom ersten Augenblick. Nicht nur wegen dem freundlichen Barista, der geduldig mein eingerostetes Französisch zu verstehen versuchte ohne gleich auf Englisch zu wechseln, sondern auch weil mir sofort die vielen Kaffees von The Barn aus Berlin auffielen. Das aktuelle Filterangebot war ein kolumbianischer Kaffee, den ich auf Empfehlung als Aeropress bestellte. Weitere Optionen wären V60 oder für grosse Portionen auch Chemex gewesen. Für Espressogetränke steht auf der Theke eine La Marzocco Linea PB. In unserer Unterhaltung erfuhr ich weiter, dass nicht immer Kaffees aus der Berliner Spitzenrösterei im Angebot sind, sondern dass vielmehr eine ständige Rotation stattfindet. Ein interessantes Konzept, das gerade Stammgästen viel Abwechslung verspricht. Der Kaffee wurde in einem stylischen Mug serviert und zu meiner Überraschung erhielt ich wenig später noch eine kleine Tasse des Muruta aus Burundi zum Vergleich. Beides tolle Extraktionen von grossartigen Kaffees. Als Liebhaber von eher floralen und fruchtigen Noten war es aber die zweite Tasse, die den Kaffee-Ausflug bereits am frühen Nachmittag zum vollen Erfolg machte. Trotzdem war ich aber natürlich gespannt, was das zweite Lokal auf meiner Liste zu bieten haben würde, weshalb ich mich per Tram zum Bahnhof chauffieren liess, um dort in der Fussgängerzone eine von zwei Filialen der „Boréal Coffee Shops“ aufzusuchen. Optisch das pure Gegenteil vom vorherigen Lokal, eher dunkel eingerichtet und dicht beladen, aber deswegen nicht minder interessant. Geröstet wird selber, aktuell stand als Filterkaffee ein Kenianer zur Auswahl, oder für einen Aufpreis ein Geisha aus Panama. Ich entschied mich für den Kenya Karugiro AA, vermutlich weil ich innerlich noch immer einem sehr ähnlich klingenden Kenianer von The Barn nachtraure – aber das ist eine andere Geschichte. Der Aufguss aus dem V60 Filter schmeckte jedenfalls trotzdem. Alternativen hier wären ebenfalls die Aeropress gewesen, aber auch die French Press liess sich auf der Karte finden, genauso wie Cold Drip und Siphon. Hier hätte es also noch viel zum Probieren gegeben, aber leider wartete auch schon bald der Zug für die lange Heimreise auf mich. Die Kollegin, der ich noch einen Espresso to-go mitbrachte, versicherte mir jedenfalls, dass auch dieser sehr gut war. Im Boréal Coffee Shop an der Rue du Mt-Blanc kommt dieser aus einer Dalla Corte DC Pro. Auch wenn ich in Genf nicht viel sehen konnte, was ich gesehen habe gefiel. Wie immer gilt auch hier kein Anspruch auf Vollständigkeit, wenn es weitere interessante Lokale gibt, die bei einem nächsten Besuch nicht verpasst werden dürfen, freue ich mich natürlich über jeden Kommentar. À bientôt, Genève.