Nein, das ist kein südamerikanischer Tanz, sondern eine Stadt im Herzen Boliviens. Und dort spielte sich im Jahr 2000 der Guerra de Agua ab. Der Wasserkrieg. Der Internationale Währungsfond erzwang seinerzeit die Privatisierung der Wasserversorgung in Bolivien. Ein Konsortium der Unternehmen Bechtel, Edison und Abengoa mit dem Namen Aguas de Tunari verdreifachte daraufhin den Wasserpreis. Viele arme Familien konnten sich daraufhin kein Wasser mehr leisten, dürsteten nach dem Nass und kochten mit gesammelten Regenwasser. Da sich die Gesellschaft der drei Unternehmen jedoch als Herrin des Grundwassers betrachtete, kriminalisierte man auch das Auffangen von Regenwasser. Das war ja immerhin Diebstahl an den Ressourcen, die man profitabel ausbeuten wollte. Ein Entzug der Grundlage gewissermaßen. Das führte natürlich zu Massenprotesten. Und so engagierten sich Bechtel, Edison und Abengoa die staatliche Polizeisoldateska und setzten ihr Recht auf Profite durch. Sieben Menschen starben bei den Unruhen. Hunderte wurden verletzt. Die Regierung konnte das freilich nicht durchhalten und nahm die Privatisierung wieder zurück. Unter Protesten des IWF, versteht sich. Wenn Märkte einbrechen und Geschäfte unterbunden werden, protestiert der IWF stets. Das ist sein Naturell.
Gut, Sigmar Gabriel ist kein europäischer Konservativer. Nicht dem Parteibuch nach. Genau genommen ist er es natürlich schon lange. Mindestens seitdem er vizekanzlert in diesem Lande. Vorher klang er ja noch manchmal ein bisschen anders. Aber ist er wirklich so naiv zu glauben, er könne Cochabamba in einem gettipten Europa vereiteln? Oder unterdrücken? Wie soll das gehen? Jede Schutzmaßnahme, die sich nationale Regierungen ausdenken, kann vor ein Schiedsgericht gezerrt werden, um einkassiert zu werden. Wenn die Koalition also sagte, mit Wasser spielt man nicht und würde dazu ein Gesetz verabschieden, könnten Unternehmen im TTIP-Raum etwas von Wettbewerbsverzerrung salbadern und ihre Anwälte anrufen. Und dann ist Cochabamba plötzlich keine Geschichte aus Südamerika mehr, sondern europäische Wirklichkeit. Und dann fließt immer noch viel Wasser den Rhein herunter. Nur eben wesentlich teurer.
Wer denkt, dass er solche Szenarien unterdrücken kann, der ist gelinde gesagt naiv. Vielleicht sogar leicht dumm. So ehrlich muss man sein. Und das muss man den größten aller TTIP-Aktivsten auch mal an den Kopf werfen: Herrn Gabriel. Seien Sie nicht dumm! Wasser gehört nicht in die Hände von Unternehmen, sondern in die öffentliche Hand. Wasserversorgung darf kein Markt für Profite sein, sondern muss als Grundrecht so günstig wie nur irgendwie denkbar angeboten werden. Wer das aufs Spiel setzt, der setzt den sozialen Frieden aufs Spiel. Und damit jeglichen Partizipationsgedanken. Der plädiert für den inneren Krieg.
Der Grundgedanke dieses Freihandelsabkommens lässt jedenfalls eine Wasserversorgung, die unantastbar sein soll, überhaupt nicht zu. Das steht ihm diametral entgegen. TTIP erkennt keine gemachte Ordnung an, es ist als eigene, als selbstermächtigte Ordnung geplant. Und somit wird Cochabamba kaum ausgeschlossen sein, sondern eher unser Alltag werden in einem Europa, wie es Sigmar Gabriel vorschwebt. Aber gut, was kümmert einen schon das Wasser, wenn er Wein trinken darf? Oder trinken Sie lieber Bier, Herr Gabriel?
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