Worum geht's?
1996. Eine Choreografin castet 21 junge Tänzerinnen und Tänzer. Nach Abschluss der Proben feiert die Gruppe ausgelassen in ihrer Schule. Man tanzt, diskutiert und kommt sich näher. Irgendwann wird klar: Jemand muss die Sangria mit LSD versetzt haben. Die bunte Clique verwandelt sich in ein unkontrolliertes Meer aus Lust, Angst und Gewalt.
Wie ist der Film?
Gaspar Noé ist zurück und knüpft an seine besten Zeiten an. Der Regisseur von „ Menschenfeind", „ Irreversibel", „ Enter the Void" und „ Love " liefert eine neue Grenzerfahrung in seiner unverkennbaren Handschrift, diesmal als Horrortrip unter erbarmungslos pumpenden Tanzbeats. Erzählerische Strukturen werden aufgebrochen, um wachzurütteln und gleichzeitig zu berauschen. So wenig „Climax" erzählerisch zu bieten hat, so faszinierend ist der Film.
Die Prämisse basiert auf einer wahren Schlagzeile, der Rest ist geniale Choreografie und Improvisationswahnsinn. Noé versammelt die besten Tänzerinnen und Tänzer, die er finden konnte - größtenteils ohne Schauspielerfahrung - und lässt sie nach Belieben am Rad drehen. Die unvorbereiteten Dialoge sind teils von armseliger Qualität, doch das fehlende Drehbuch zahlt sich an anderer Stelle umso mehr aus. Unglaublich lange, völlig entfesselte Kamerafahrten kreieren eine eigenartige Sogwirkung. Das warme, drückende Licht rundet die Stimmung hinreichend ab; visuelle Computereffekte sind nicht mehr nötig.
War „Enter the Void" nüchtern kaum zu ertragen, lässt „Climax" einen Drogenrausch nachvollziehen, ohne dafür etwas genommen haben zu müssen - vergleichsweise kompakt und zugänglich. Schleichend entfaltet sich die Tollheit in ihren unterschiedlichen Varianten über das ausdrucksstarke Ensemble. Eine mahnende Botschaft liegt Noé fern; er lässt Gedanken kreisen, studiert Gruppedynamiken und Anarchie. „Climax" ist ein intensives, unangenehmes wie beeindruckendes Low-Budget-Experiment. So geht forderndes Körperkino.