Was haben Sie als erstes gemacht, als die Bettszene endlich im Kasten war?
Clemens Schick: Wir waren erst morgens um drei Uhr fertig. Ich bin zum Flughafen gefahren, weil ich anderthalb Stunden später wieder zum Dreh nach Luxemburg musste.
Saralisa Volm: Ich hab erst einmal gegessen. Wenn ich drehe, dann kann ich immer schlecht am Set essen, also war ich ziemlich hungrig.
Was ist Ihnen danach durch den Kopf gegangen? Ich kann mir vorstellen, dass man sich über so eine Szene vorher viele Gedanken gemacht hat…
Schick: Wir waren beide erleichtert. Es ist uns gut mit der Szene gegangen, wir haben Spaß gehabt, viel gelacht. Drehen ist ja immer anstrengend, egal, was für eine Szene. Ob das eine Sexszene ist oder nicht. Ich bin immer sehr müde, am Ende eines Drehtages. Da gibt es dann erst einmal ein Bier. Nicht die Zigarette nach dem Sex, sondern das Bier nach dem Dreh.
Volm: Da kam dann ja auch alles zusammen, denn die Bettszene war die letzte des kompletten Drehs. Wir hatten eine Woche lang 14-16 Stunden täglich gearbeitet und nach dieser Szene wusste ich: Morgen früh um sieben holt mich keiner ab, ich kann einfach im Bett bleiben.
Wie war das denn während der Dreharbeiten? Mussten Sie sich in Stimmung bringen oder war das eine Szene wie jede andere auch?
Volm: Ich hatte in dem Film auch andere Szenen, die ich noch nie gespielt hatte. Ich hatte vorher zum Beispiel noch nie mit einem Kind gearbeitet. Für mich gab es da keinen so großen Unterschied: Ich muss mich auf eine Gegenüber einlassen und empathisch sein.
Schick: Ich kenne Saralisa ja kaum, wir haben uns über den Film erst kennengelernt, aber wir haben beide ein sehr unverkrampftes Verhältnis zu unseren Körpern und zu Körperlichkeit. Das hat es uns beiden sehr leicht gemacht, uns auf diese Szene einzulassen. Eine Sexszene zu Drehen ist ein sehr technischer Vorgang. Das hat sehr wenig mit dem zu tun, was man am Ende auf der Leinwand sieht und das ist auch verdammt gut so.
Volm: Obwohl es in diesem Fall bestimmt sehr amüsant gewesen wäre.
Ach, ja? Wieso?
Volm: Na, weil es lustig war. Auch beim Synchronisieren. Das war alles sehr amüsant.
Schick: Du hast recht. Als ich die letzte Fassung und explizit die letzte Szene gesehen hatte, musste ich viel lachen. Ich fand das sehr komisch und das ist auch wichtig. Ich finde, wir sollten uns nicht zu ernst nehmen. Auch diesen Film nicht.
Was ist das denn für ein Gefühl sich selber beim Sex zu sehen? War das komisch?
Schick: Nee, ehrlich gesagt, fand ich das schön. Es ist schön inszeniert, mit einer schönen Partnerin. Was will man mehr?
Volm: Hmm, also ich bin meist sehr kritisch und ein wenig unzufrieden und das zieht sich meistens durch den ganzen Film. Auf die Sexszene guck ich aber genauso wie auf andere. Ob die Figur Toni die Straße entlang läuft oder Sex hat, ist dann zweitrangig.
Wie oft haben Sie diese Szene gedreht?
Schick: Wir hatten einen «Closed Set», da werden alle weggeschickt, die nicht unmittelbar etwas mit dem Dreh zu tun haben. Das heißt, statt 40 sind dann nur noch sechs Leute dabei. Wir haben dann einfach 30 bis 40 Minuten die Kamera laufen lassen, statt immer wieder zu unterbrechen.
Volm: Nur ein paar Details haben wir noch einmal wiederholt.
Gab es einen Fahrplan für die Szene oder haben Sie sich einfach treiben lassen?
Volm: Der Regisseur hatte schon bestimmte Vorstellungen, aber davon abgesehen, konnten wir uns frei entwickeln.
Lesen Sie weiter auf Seite 2, wie Volm und Schick es finden, wenn man ihnen beim Sex zusieht…
Würden Sie so etwas noch einmal machen?
Schick: In der richtigen Konstellation, mit dem richtigen Drehbuch, mit der richtigen Partnerin wie bei Hotel Desire – ja.
Volm: Also, ich würde Hotel Desire auch sofort wieder drehen, aber wenn morgen einer kommt und sagt: «Lass uns einen Porno drehen!», würde ich das nicht machen.
Schick: Wir haben den Film ja nicht wegen der Sexszene gedreht, sondern wir haben beide eine Rolle angenommen und haben uns für ein Drehbuch entschieden. Man liest so ein Drehbuch nicht und denkt: Da wird eine Sexszene gespielt, also mache ich den Film oder nicht. Es geht um den Inhalt, um das, was erzählt wird, um die Regie, um die Partnerin.
Volm: Ich habe das Buch gelesen und ich wusste, ich möchte die Toni spielen. Und wenn es in Tonis Leben vorkommt, dass sie einen Mann trifft, dann spiele ich das auch gerne.
Naja, aber es war ja auch Anlass, diesen Film zu drehen, dass der Regisseur gesagt hat: Ich möchte einen Film machen, in dem beim Sex nicht immer gleich abgeblendet wird und so wird der Film ja in der Öffentlichkeit auch verkauft. Ist doch klar, dass sich jetzt alle für die Sexszene interessieren, oder?
Volm: Ja, aber der Regisseur hat sich nicht mit dem Anliegen an mich gewendet, eine explizite Sexszene zu machen, sondern er hat mir das Drehbuch geschickt. Und ich denke, wenn man eine gute Geschichte schreibt, kann man über die Sexszene gerne reden.
Schick: Der Film ist ja auch mittels Crowdfunding finanziert worden und das funktioniert nur über eine große Öffentlichkeit. Klar war die Sexszene dann auch Teil einer Öffentlichkeit. Sex sells.
Volm: Ich glaube auch nicht, dass wir ein Problem damit haben, oder?
Schick: Es hat mich nur genervt, dass ich im Vorfeld immer über etwas reden musste, das wir noch gar nicht gemacht hatten. Ich wusste nicht, wie der Film wird, wie die Szene wird, aber musste immer erklären, wie ich das finde. Es geht ja nicht darum, ob eine Sexszene im Film gut ist, sondern ob der gnaze Film gut ist. Ich verstehe aber schon die Fragen, wir haben das ja auch provoziert.
Was ist das für ein Gefühl für Sie, wenn es Menschen erregt, sich anzuschauen, wie Sie miteinander schlafen?
Volm: Ich habe nicht das Gefühl, dass jemand bei mir im Schlafzimmer war. Ich denke, dass jemand Toni im Hotelzimmer beim Sex zusieht – und nicht Saralisa Volm. Das macht für mich einen deutlichen Unterschied. Da spielen Kostüm, die Maske eine Rolle, die Art, wie ich mich bewege. Ich glaube auch nicht, dass mir jemand beim Umgang mit einem Kind zusieht, wenn ich im Film eine Szene mit einem Kind spiele. Für mich gibt es diese Parallele nicht.
Aber so eine Szene ist doch sehr viel intimer, als eine Szene mit einem Kind. Da gibt man doch sehr viel Persönliches von sich preis. Oder etwa nicht?
Volm: Nein, das ist nur mehr Haut, nichts Persönliches. Ich hoffe tatsächlich, dass in anderen Filmen, in denen ich mehr anhabe, genauso viel Persönliches mitschwingt.
Wie ist das bei Ihnen, Herr Schick? Trennen Sie zwischen der eigenen Person und der Rolle? Und wie ist die Vorstellung, dass Sie Menschen beim Sex ansehen?
Schick: Es gehört zu meinem Beruf dazu, dass man angeguckt wird, dass Leute sich ein Bild von einem machen, obwohl sie einen eigentlich nur bei der Arbeit gesehen haben. Ich glaube, daran gewöhnt man sich, dass es eine Diskrepanz dazwischen gibt, wie einen andere wahrnehmen und was man eigentlich von sich gezeigt hat und wie man sich selbst wahrnimmt. Mir gefällt die Szene und deswegen finde ich die Vorstellung auch sexy, dass Leute die jetzt auch sehen. Aber ich schließe mich Saralisa an: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mehr preisgegeben habe als in einer anderen Rolle.
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«Hotel Desire» – «Die Vorstellung finde ich sexy»