Claus Schenk Graf von Stauffenberg – der Mann, der Hitler am 20. Juli 1944 fast getötet hätte

Porträt Claus von Stauffenberg (1907-1944)

Claus von Stauffenberg (1907-1944), gemeinfrei

Der hochdekorierte Wehrmacht-Offizier ist der bekannteste Widerstandskämpfer gegen Hitler. Das Mitglied einer weit verzweigten Verschwörergruppe brachte 1944 die Bombe in Hitlers Hauptquartier zur Explosion, die den Diktator fast getötet. Doch der Versuch, das Regime zu stürzen, scheiterte. Kurzporträt eines Widersprüchlichen.

Montelang hatten die Gegner Hitlers im Militär konspirativ an einem koordinierten Staatsstreich gearbeitet, der nach der Ermordung Hitlers eine reibungslose Machtübernahme gewährleisten sollte. Am 20. Juli 1944 schlug die Stunde der Wahrheit für Graf Claus von Stauffenberg, der an diesem Tag den Tyrann töten und danach den Umsturz einleiten wollte. Es war der wichtigste Tag in seinem Leben – und auch sein letzter:

Der Tag: 20. Juli 1944

Der Oberst und hoch angesehene Ritterkreuzträger machte sich um 6 Uhr früh von seiner Berliner Wohnung auf den Weg zum Flughafen. Ziel: Rastenburg in Ostpreußen, das Hauptquartier Hitlers im Krieg, in einer Hand eine Aktentasche mit zwei Ladungen Plastiksprengstoff. Stauffenberg hatte sich für das Attentat zur Verfügung gestellt, weil er als hochrangige militärische Führungskraft die Möglichkeit des direkten Zugangs zu Hitler hatte. Doch Stauffenberg konnte vor Ort nur eine Bombe scharfmachen und diese während der Besprechung mit Hitler in der Lagebaracke „Wolfschanze“ unter dem Tisch platzieren. Als die Bombe kurz vor 13.00 Uhr explodierte, hatte Stauffenberg bereits unter einem Vorwand die Sitzung verlassen. Inmitten des Chaos gelang es ihm unbemerkt zum Flugzeug zu kommen. Im Bewusstsein, Hitler getötet zu haben, traf Stauffenberg um 16.30 Uhr im Kriegsministerium in Berlin ein; vereinbarungsgemäß wurden die Befehle zur „Operation Walküre“ durchgegeben: Alle Nachrichtenstellen sollten besetzt werden, die Wehrmacht die vollziehende Gewalt übernehmen. Doch inzwischen waren Gerüchte nach Berlin gedrungen, Hitler wäre noch Leben, weswegen auch viele Eingeweihte zögerten und es zu entscheidenden Verzögerungen kam. Als Goebbels wichtige Offiziere vom Überleben Hitlers überzeugen konnte, brach der Staatsstreich in sich zusammen.

Führerhauptquartier, Stauffenberg, Hitler, Keitel---Stauffenberg

Stauffenberg (ganz links) am 15. Juli 1944 mit Adolf Hitler und Wilhelm Keitel in der Wolfsschanze. Bundesarchiv Bild 146-1984-079-02, gemeinfrei

Das Scheitern des Putsches

Stauffenberg wurde mit den wichtigsten Verschwöreren verhaftet und noch in der Nacht im Hof des Bendlerblocks erschossen. Seine Asche wurde über den Feldern verteilt. Die gesamte Familie Graf Stauffenberg wurde in „Sippenhaft“ genommen und sollte „bis ins letzte Glied ausgelöscht werden“ (Heinrich Himmler), was das Kriegsende verhinderte. Nach dem Krieg wurde Stauffenberg zu einer positiven Identifikationsfigur für die bundesdeutsche Demokratie. Er hatte dem In- und Ausland gezeigt, „daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte den entscheidenden Wurf gewagt hat“ (Heinrich von Treskow). Dabei war Stauffenberg nie ein Demokrat. Er verstand sich immer als überparteilicher Diener am Vaterland, als Patriot, als Deutsch-Nationaler. Und der Weg zum überzeugten Widerständler war lang.

Vom gehorsamen Soldaten zum überzeugten Widerständler

Als Sprössling einer uralten schwäbischen Adelsfamilie wuchs Stauffenberg in einem Umfeld auf, in dem Religion, Geist und Politik traditionell eine wichtige Rolle spielten. Stauffenberg blieb lebenslang von den christlichen Werten des Katholizimus geprägt. Kulturell fühlte er sich dem umstrittenen konservativ-revolutionären Dichterfürsten Stefan George verbunden, dessen elitär-nationale Romantik ihn sehr ansprach. Er glaubte, der Soldatenberuf ermögliche ihm den Dienst an der Allgemeinheit.

Dank seines Ehrgeizes, Intellekts und seiner Selbstdisziplin machte Stauffenberg eine steile Offizierskarriere zunächst in der Reichswehr, später in der Wehrmacht. Mit Symphatie begleitete er anfangs die „nationale Erhebung“ Hitlers und war durchaus fasziniert von Hitlers Erfolgen, ohne jemals Nationalsozialist gewesen zu sein. Lange mit sich ringend, waren es vor allem das Wissen um den barbarischen Vernichtungskrieg in der Sowjetunion und die sich abzeichnende deutsche Niederlage ab 1942, die in Stauffenberg den Beschluss reifen ließen, dass es nur einen Weg zur Rettung des Vaterlandes geben könnte: der Tod des Tyrannen. Und er hatte als einziger der militärischen Verschwörer den Mut, das Attentat tatsächlich auszuführen. Das bleibt sein großes Verdienst.

Claus Schenk Graf von Stauffenberg – der Mann, der Hitler am 20. Juli 1944 fast getötet hätte

Der Münchner Christoph Marx ist Publizist und Lektor und lebt in Berlin. Er arbeitet als Autor und Redakteur für viele namhafte Verlage und veröffentlichte bzw. verantwortete inhaltlich zahlreiche Werke, v.a. zu historisch-politischen, gesellschaftlichen, sportlichen und kulturellen Themen.Referenzliste unter Autor und Redakteur/Lektor.

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