Wer sich in der Berufungsverhandlung vor einer Strafkammer dem Vorwurf der Beleidigung der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und ausländischen Mitbewohnern ausgesetzt sieht und dann Begriffe wie "Kampfraum Stalingrad", "Walhall", die „Tafelrunde der Edlen“ und den „Adler der Ostfront" fallen lässt, ist einerseits wohl unbelehrbar ehrlich und andererseits von einem Vertrauen in die Kompetenz und Neutralität der deutschen Justiz geprägt, das man auch als Naivität bezeichnen könnte und schließlich als naiv bezeichnen muss, wenn man das Urteil des Landgerichts Köln vom 03.02.2017 zum Az.: 157 Ns 102/16 auch nur oberflächlich analysiert.
Der Angeklagte war in der ersten Instanz für den Versand einer E-Mail verurteilt worden, in der u.a. zu lesen war "Oder beginnt hier die humane Ausrottung des deutschen Volkes durch vollständige Durchrassung? So wurde es jedenfalls von dieser ekelhaften Claudia Roth in einer Talkshow herbeigesehnt!" und hatte sich im übrigen im Treppenhaus ein mindestens scharfes Wortgefecht mit ausländischen Hausgenossen, die später als Zeugen auftraten, geliefert, für das er ebenfalls zur Rechenschaft gezogen worden war.
Erwähenswert ist im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung unter Hausbewohnern, dass es das Gericht nur für strafmildernd hielt, dass der Angeklagte vom Zeugen ebenfalls beleidigt wurde. Die Voraussetzungen des § 199 StGB wurden verneint, obwohl der Zeuge angab, den Angeklagten ebenfalls beschimpft zu haben, weil der zeitliche Zusammenhang und die Reihenfolge der Äußerungen unklar geblieben seien. Da haben wohl die Gedanken an Stalingrad und die Ostfront die mentale Beweglichkeit des Landgerichts etwas einfrieren lassen, sonst hätte der Umstand, dass es für die Straffreiheit wechselseitiger Beleidigungen nach § 199 StGB nicht auf deren zeitliche Abfolge ankommt, sicherlich eine größere Rolle spielen müssen, denn "entscheidend ist allein, dass es sich um wechselseitige, d.h. unmittelbar aufeinanderfolgende, in einem spezifischen Zusammenhang stehende Beleidigungen handelt", vgl. Beschluss des OLG Koblenz v. 24.02.2011, Az.: 2 Ss 30/11.
So verwundert es dann auch nicht, dass das Gericht bei der Betrachtung der Äußerung über Frau Roth ganz unverhohlen die Hühneraugen zudrückte, allerdings noch einmal zu Lasten des Angeklagten. Dass Gericht verstieg sich angesichts des oben zitiertren E-Mail-Inhalts tatsächlich zu folgendem Nonsens: "Bezeichnet man einen Menschen als "ekelhaft", so impliziert dies, dass diesem Menschen eine unabhängig von der Situation, von seinem Verhalten, dem was er sagt oder tut, zukommende Eigenschaft anhaftet. Eine derartige Äußerung hat mit scharfem Meinungskampf in der Politik nichts zu tun, sondern dient einzig der persönlichen Herabwürdigung. Auch aus dem Kontext der Äußerung, den sonstigen Passagen des Schreibens und seinem Anlass, ergibt sich nichts Abweichendes." Schräg, oder? Aber es kommt noch besser: "Die Bezeichnung steht auch nicht in irgendeinem inhaltlichen Zusammenhang zu den sonstigen zulässigen Äußerungen des Angeklagten."
Das ist angesichts der E-Mail so falsch, dass es eigentlich keiner näheren Erörterung bedarf. Denn der Wortlaut der in Rede stehenden Äußerung zielt eindeutig auf den vom Angeklagten angeführten Umstand ab, dass Frau Roth angeblich die humane Ausrottung des deutschen Volkes durch vollständige Durchrassung herbeigesehnt hätte. Wie man auf die Idee kommen kann, der Ekel des Angeklagten gegenüber Frau Roth bezöge sich nicht wenigstens auch auf deren angebliche Einstellung zum deutschen Volk, bleibt unergründlich.
Zurück bleibt der fade Nachgeschmack, dass sich die deutsche Justiz mit den Prinzipien der Meinungsfreiheit immer dann besonders schwer tut, wenn dem Delinquenten eine "rassistische bzw. fremdenfeindliche Gesinnung" nachgesagt werden kann, die per se nicht strafbar ist. Es ist allerdings kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, warum gerade in solchen Fällen mit leicht durchschaubaren Falschbegründungen Grundrechte über Bord geworfen werden sollten. Das Landgericht muss sich deshalb schlicht eine Gesinnungsjustiz vorwerfen lassen, denn dass die Bezeichnung einer "ekelhaften Claudia Roth" im inhaltlichen Zusammenhang mit deren angeblich gewünschter Durchrassung steht, ist selbst für einen durchschnittlich begabten Gymnasiasten erkennbar.399e16cb3e0f46acbcf4115bbc1a48ef
Der Angeklagte war in der ersten Instanz für den Versand einer E-Mail verurteilt worden, in der u.a. zu lesen war "Oder beginnt hier die humane Ausrottung des deutschen Volkes durch vollständige Durchrassung? So wurde es jedenfalls von dieser ekelhaften Claudia Roth in einer Talkshow herbeigesehnt!" und hatte sich im übrigen im Treppenhaus ein mindestens scharfes Wortgefecht mit ausländischen Hausgenossen, die später als Zeugen auftraten, geliefert, für das er ebenfalls zur Rechenschaft gezogen worden war.
Erwähenswert ist im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung unter Hausbewohnern, dass es das Gericht nur für strafmildernd hielt, dass der Angeklagte vom Zeugen ebenfalls beleidigt wurde. Die Voraussetzungen des § 199 StGB wurden verneint, obwohl der Zeuge angab, den Angeklagten ebenfalls beschimpft zu haben, weil der zeitliche Zusammenhang und die Reihenfolge der Äußerungen unklar geblieben seien. Da haben wohl die Gedanken an Stalingrad und die Ostfront die mentale Beweglichkeit des Landgerichts etwas einfrieren lassen, sonst hätte der Umstand, dass es für die Straffreiheit wechselseitiger Beleidigungen nach § 199 StGB nicht auf deren zeitliche Abfolge ankommt, sicherlich eine größere Rolle spielen müssen, denn "entscheidend ist allein, dass es sich um wechselseitige, d.h. unmittelbar aufeinanderfolgende, in einem spezifischen Zusammenhang stehende Beleidigungen handelt", vgl. Beschluss des OLG Koblenz v. 24.02.2011, Az.: 2 Ss 30/11.
So verwundert es dann auch nicht, dass das Gericht bei der Betrachtung der Äußerung über Frau Roth ganz unverhohlen die Hühneraugen zudrückte, allerdings noch einmal zu Lasten des Angeklagten. Dass Gericht verstieg sich angesichts des oben zitiertren E-Mail-Inhalts tatsächlich zu folgendem Nonsens: "Bezeichnet man einen Menschen als "ekelhaft", so impliziert dies, dass diesem Menschen eine unabhängig von der Situation, von seinem Verhalten, dem was er sagt oder tut, zukommende Eigenschaft anhaftet. Eine derartige Äußerung hat mit scharfem Meinungskampf in der Politik nichts zu tun, sondern dient einzig der persönlichen Herabwürdigung. Auch aus dem Kontext der Äußerung, den sonstigen Passagen des Schreibens und seinem Anlass, ergibt sich nichts Abweichendes." Schräg, oder? Aber es kommt noch besser: "Die Bezeichnung steht auch nicht in irgendeinem inhaltlichen Zusammenhang zu den sonstigen zulässigen Äußerungen des Angeklagten."
Das ist angesichts der E-Mail so falsch, dass es eigentlich keiner näheren Erörterung bedarf. Denn der Wortlaut der in Rede stehenden Äußerung zielt eindeutig auf den vom Angeklagten angeführten Umstand ab, dass Frau Roth angeblich die humane Ausrottung des deutschen Volkes durch vollständige Durchrassung herbeigesehnt hätte. Wie man auf die Idee kommen kann, der Ekel des Angeklagten gegenüber Frau Roth bezöge sich nicht wenigstens auch auf deren angebliche Einstellung zum deutschen Volk, bleibt unergründlich.
Zurück bleibt der fade Nachgeschmack, dass sich die deutsche Justiz mit den Prinzipien der Meinungsfreiheit immer dann besonders schwer tut, wenn dem Delinquenten eine "rassistische bzw. fremdenfeindliche Gesinnung" nachgesagt werden kann, die per se nicht strafbar ist. Es ist allerdings kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, warum gerade in solchen Fällen mit leicht durchschaubaren Falschbegründungen Grundrechte über Bord geworfen werden sollten. Das Landgericht muss sich deshalb schlicht eine Gesinnungsjustiz vorwerfen lassen, denn dass die Bezeichnung einer "ekelhaften Claudia Roth" im inhaltlichen Zusammenhang mit deren angeblich gewünschter Durchrassung steht, ist selbst für einen durchschnittlich begabten Gymnasiasten erkennbar.399e16cb3e0f46acbcf4115bbc1a48ef