Horror- und Gruselgeschichten sind nicht wirklich meins. Aber was ich mag, sind ungewöhnliche Kinder- und Jugendbücher und genau zu denen zählt "Das Haus der verschwundenen Kinder" von Autorin Claire Legrand.
Es ist ein bisschen so, als würde "Nancy Drew" auf "Die Frauen von Stepford" treffen.Würde ich Victoria im echten Leben begegnen, so würde ich sie wahrscheinlich in die „Kleine-Miss-Perfekt-im Klugscheißer-Modus“-Ecke abschieben und für ein extrem nerviges Kind halten (so eine Art kleine Tracy Flick aus "Election"). Aber dadurch das "Das Haus der verschwundenen Kinder" aus der Ich-Perspektive von Victoria geschrieben ist, erfährt man auch ihre Gedanken und Beweggründe und die lassen vieles doch in einem ganz anderen Licht erscheinen. Victoria mag extrem perfektionistisch und strebsam sein, doch boshaft ist sie nie. Ihre Prioritäten mögen dem einen oder anderen ein wenig merkwürdig und weltfremd erscheinen, doch sie vergisst darüber hinaus nicht wer ihr Freund ist und das diese Freundschaft noch wichtiger ist als eine eins in Weltgeschichte. Lawrence stellt hierzu einen Gegenpol dar, der nach den Maßstäben von Belleville zwar nicht perfekt ist, aber nach Ansicht des Lesers sicherlich mehr kindgerechtes Verhalten zeigt. Zusätzlich gibt es noch viele Nebenfiguren in Schule und Nachbarschaft die recht einzigartig wirken und in deren Beschreibungen man gerne versinkt.
Zusätzlich gelingt es Autorin Claire Legrand jedoch auch sehr gut mit minimalen Mitteln maximale Spannung zu erzeugen. Mysteriöse Vorkommnisse, eklige Krabbeltierchen, geheimnisvolle Zeitungsartikel, veränderte Persönlichkeiten und verschwundene Kinder sind die Zutaten zu dieser Geschichte, in der es ausreicht auf subtiler Ebene Grauen zu erzeugen und für unterschwellige Schauermomente zu sorgen. Jüngere Leser ab ca. 12 Jahren können sich hier genauso unterhalten lassen wie erwachsene Leser und dadurch das vieles angedeutet wird, bleibt es auch oft dem Leser überlassen wie sehr man sich einige Szenen im Kopf ausschmücken möchte. Anregung hierzu bilden auch die tollen Bilder im Buch, die in der Art von schwarz-weißen Radierungen die Stimmung perfekt wiedergeben.
Empfehlen kann ich "Das Haus der verschwundenen Kinder" an alle Leser, die ungewöhnliche Bücher mit leichten Ansätzen ins gruselige mögen.
So habe ich bewertet:
Und hier kann man das Buch kaufen: Claire Legrand: Das Haus der verschwundenen Kinder
Weitere Informationen zum Buch und zur Autorin gibt es auf der Homepage des Heyne Verlages.