Chvrches
„Every Open Eye“
(Vertigo)
Das Teilnehmerfeld all derer, die sich um das bunte Marktsegment EDM, also Electronic Dance Music, kümmern, seit es wieder zum Trend umgewidmet wurde, ist seit der Veröffentlichung von „The Bones Of What You Believe“, dem Debüt der Chvrches, nicht eben kleiner geworden. Und, wie das oft so ist, leider auch nicht wirklich gehaltvoller. Im Kielwasser des schottischen Trios tummeln sich eben nicht nur Schwergewichte wie Purity Ring, London Grammar und Lorde, sondern auch jede Menge mäßig talentierte Klone, denen die Technik größere Gefallen tut als ihre Stücke Substanz aufzuweisen haben. Man musste deshalb von Lauren Mayberry und ihren beiden Mitstreitern auch keine großartigen Innovationen erwarten – beim zweiten Album sind solcherlei Veränderungen, gerade wenn der Erstling so großen Anklang fand, für die Karriere eher hinderlich und vom Hörer kaum gewünscht. Besitzstandswahrung war also angesagt und genau das ist es auch geworden.
Die Chvrches klingen auf „Every Open Eye“ exakt so wie die Chvrches klingen müssen, wenn sie keine Fehler machen wollen. Himmelstürmende Melodien gibt es im Übermaß, natürlich ebensoviel Melancholie, Herzschmerz, vertonte Allerweltsdramen – angefüttert mit wummernden Beats, vertrackten Loops und Mayberrys manchmal etwas dünner, aber schöner Stimme. Apropos Mayberry: Man weiß ja, dass die Frau, wenn es um die Genderdebatte oder den Feminismus geht, nicht nur eine kompetente, sondern auch sehr hartnäckige und unbequeme Gesprächspartnerin sein kann – es gibt auf „Every Open Eye“ auch Lieder wie „Empty Threat“ oder das fabelhafte „Bury It“, denen eine gewisse Grundaggressivität nicht abzusprechen ist. Das Dilemma allerdings ist, dass der honigsüße Sound nicht ganz dazu passen möchte und dann maximal eine Art Charli-XCX-Variante dabei herauskommt.
Dass sich auch Keyboarder Martin stimmlich wieder an einem Stück versuchen darf, ist jetzt keine so große Überraschung – „High Enough To Carry You Over“ bleibt aber mangels zündender Momente hinter den anderen Songs etwas zurück. Besser machen es da das titelgebende, kämpferische „Clearest Blue“ und vor allem „Down Side Of Me“, eine wunderbare Synthpop-Nummer mit abgebremstem Tempo, hypnotischem Chorus und einem kleinen, aber gelungenen Ausflug in die Welt von Autotune. Den Abschluß bildet, auch hier folgen die drei ganz brav den allgemeinen Gepflogenheiten, mit „Afterglow“ eine ruhige und tieftraurige Ballade zum Stühlehochstellen: „A lifeline to highs and lows, to seeing the bright side and I should know we wait for the afterglow, to cover the blind side and I should know –I've given up all I can…“ Leise weinend von der Tanzfläche runter, wir haben schon bedeutend Schlimmeres gehört und hier paßt es hin. Für die nächste Runde allerdings sollten sich die Chvrches etwas überlegen, auf Dauer braucht auch dieser Sound ein paar frische Ideen. http://www.chvrch.es/
12.11. Hamburg, Docks
Der komplette Albumstream zu "Every Open Eye" findet sich momentan u.a. bei NPR.
„Every Open Eye“
(Vertigo)
Das Teilnehmerfeld all derer, die sich um das bunte Marktsegment EDM, also Electronic Dance Music, kümmern, seit es wieder zum Trend umgewidmet wurde, ist seit der Veröffentlichung von „The Bones Of What You Believe“, dem Debüt der Chvrches, nicht eben kleiner geworden. Und, wie das oft so ist, leider auch nicht wirklich gehaltvoller. Im Kielwasser des schottischen Trios tummeln sich eben nicht nur Schwergewichte wie Purity Ring, London Grammar und Lorde, sondern auch jede Menge mäßig talentierte Klone, denen die Technik größere Gefallen tut als ihre Stücke Substanz aufzuweisen haben. Man musste deshalb von Lauren Mayberry und ihren beiden Mitstreitern auch keine großartigen Innovationen erwarten – beim zweiten Album sind solcherlei Veränderungen, gerade wenn der Erstling so großen Anklang fand, für die Karriere eher hinderlich und vom Hörer kaum gewünscht. Besitzstandswahrung war also angesagt und genau das ist es auch geworden.
Die Chvrches klingen auf „Every Open Eye“ exakt so wie die Chvrches klingen müssen, wenn sie keine Fehler machen wollen. Himmelstürmende Melodien gibt es im Übermaß, natürlich ebensoviel Melancholie, Herzschmerz, vertonte Allerweltsdramen – angefüttert mit wummernden Beats, vertrackten Loops und Mayberrys manchmal etwas dünner, aber schöner Stimme. Apropos Mayberry: Man weiß ja, dass die Frau, wenn es um die Genderdebatte oder den Feminismus geht, nicht nur eine kompetente, sondern auch sehr hartnäckige und unbequeme Gesprächspartnerin sein kann – es gibt auf „Every Open Eye“ auch Lieder wie „Empty Threat“ oder das fabelhafte „Bury It“, denen eine gewisse Grundaggressivität nicht abzusprechen ist. Das Dilemma allerdings ist, dass der honigsüße Sound nicht ganz dazu passen möchte und dann maximal eine Art Charli-XCX-Variante dabei herauskommt.
Dass sich auch Keyboarder Martin stimmlich wieder an einem Stück versuchen darf, ist jetzt keine so große Überraschung – „High Enough To Carry You Over“ bleibt aber mangels zündender Momente hinter den anderen Songs etwas zurück. Besser machen es da das titelgebende, kämpferische „Clearest Blue“ und vor allem „Down Side Of Me“, eine wunderbare Synthpop-Nummer mit abgebremstem Tempo, hypnotischem Chorus und einem kleinen, aber gelungenen Ausflug in die Welt von Autotune. Den Abschluß bildet, auch hier folgen die drei ganz brav den allgemeinen Gepflogenheiten, mit „Afterglow“ eine ruhige und tieftraurige Ballade zum Stühlehochstellen: „A lifeline to highs and lows, to seeing the bright side and I should know we wait for the afterglow, to cover the blind side and I should know –I've given up all I can…“ Leise weinend von der Tanzfläche runter, wir haben schon bedeutend Schlimmeres gehört und hier paßt es hin. Für die nächste Runde allerdings sollten sich die Chvrches etwas überlegen, auf Dauer braucht auch dieser Sound ein paar frische Ideen. http://www.chvrch.es/
12.11. Hamburg, Docks
Der komplette Albumstream zu "Every Open Eye" findet sich momentan u.a. bei NPR.