Strom, München, 25.10.2013
Support: Thumpers
Wie pflegte doch die sympathische Quasselstrippe Markus Kavka seine Beiträge und Interviews abzumoderieren: „Ham‘wer wieder was gelernt.“ Ham’wer an diesem Abend auch. Eines der gängigen Vorurteile heißt beispielsweise: Elektronische Musik ist live einfach nicht der Bringer, alles vorgefertigte Konserven, dazu ein paar Halbplaybacks – wenn man nicht wenigstens einmal ein zehnminütiges Solo auf der Gitarre dahingniedeln kann, dann wird das nix mit der Stimmung. Schon falsch. Die Chvrches aus Glasgow fassen auf der Bühne keine einzige Saite an, auch das vom Rockmucker liebevoll als „Schießbude“ titulierte Schlagzeug wird man dort nicht finden – dafür zwei Synthesizer und eine Frau mit einer fabelhaft zarten, anschmiegsamen Stimme, charmant, einnehmend, einfach reizend. Und die Songs ihres Albums „The Bones Of What You Believe“, gerade erst erschienen und von bestechender Güte – Pop-Appeal satt, Ohrwürmer allesamt, der ausverkaufte Club kannte und liebte jeden einzelnen.
Auch das zweite Vorurteil – eine ansprechende Choreografie, Multimediashow, Effekte also gehörten heute zum unabdingbaren Standard, gerade wenn man sich um den leichtflüchtigen Pop kümmere – zum Teufel damit. Die Chvrches haben nicht mehr als ein paar Glühbirnchen in’s Sperrholz geschraubt, ab und an kriecht etwas Nebel über die Köpfe des Publikums, fertig ist die Laube. Lauren Mayberry, Ian Cook und Martin Doherty können sich stattdessen ganz auf ihre Stücke verlassen – „We Sink“, „Gun“, „Recover“, „Tether“ und „The Mother We Share“, nicht ganz zu unrecht behaupten viele Kritiker, ihr Debüt habe eher den Charakter eines BestOf-Albums, so viele potentielle Hits seien dort auf engstem Raum versammelt. Und sie bekommen alle mühelos und in derselben Qualität auf die Bühne, der Sound ist ordentlich gemischt und hat genügend Biss.
Ein Vorurteil darf man dann aber gern noch bestätigen – Jungs eignen sich als Eintänzer für’s einfache Bumm-Bumm doch etwas besser als Mädchen: Für einen Song („Under The Tide“ tauschten Doherty und Mayberry die Arbeitsplätze und mit simpler Animation war die Menge binnen weniger Augenblicke am Hüpfen. Mayberry war dies offensichtlich fast etwas peinlich, so meinte sie danach, es dürfe ruhig weitergetanzt werden, eine ähnlich ausgelassene Performance sei von ihr aber kaum zu erwarten. Brauchte es auch gar nicht, der Abend war auch so unterhaltsam genug. Mangels Masse konnten die drei am Ende mit nur einer Zugabe glänzen, dafür gab’s hier das schöne Whitney-Houston-Cover „It’s Not Right, But It’s Okay“. Für das Konzert wäre das eine unzulässige Untertreibung gewesen, das fühlte sich richtig gut an.