Christoph Strässer im Dialog über Menschenrechtssituation im Iran

Von Mehriran

09.04.2015Politik & Gesellschaft 

Berlin - Mitglieder von Karamat e.V. und der Internationalen Organisation zum Schutz der Menschenrechte im Iran hatten Gelegenheit mit dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung über die programmatischen Menschenrechtsverletzungen im Iran zu sprechen.

Dr. Seyed M. Azmayesh trifft Christoph Strässer, den Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung in Berlin

Eine der Aufgaben des Menschenrechtsbeauftragten liest sich auf der Website des Auswärtigen Amtes so: "Menschenrechtspolitik ist mehr noch als andere Politikbereiche auf die aktive und fortlaufende Partizipation der Zivilgesellschaft angewiesen. Der Beauftragte bildet hier eine Schnittstelle zwischen Regierung und Zivilgesellschaft. Dazu gehört einerseits die Teilnahme am nationalen und internationalen Menschenrechtsdiskurs, aber auch an der Arbeit der internationalen Gremien und Einrichtungen des Menschenrechtsschutzes."

Christoph Strässer, SPD, ist seit 2014 im Amt und er nimmt gemäß seiner unabhängigen Position auch kein Blatt vor den Mund. Schon am 2. Oktober 2014 brachte er seine Sorge um die Gesundheit einiger Gefangenen im Iran zum Ausdruck: "Mit größter Besorgnis erfüllen mich Berichte über den kritischen Gesundheitszustand der neun inhaftierten Anhänger des Nematollahi-Gonabadi-Ordens. Diese waren aus Protest gegen anhaltende Repressionen gegenüber Angehörigen der religiösen Sufi-Minderheit in Iran vor einem Monat in Hungerstreik getreten.

Iran hat sich mit der Ratifizierung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte verpflichtet, auch das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu achten und zu schützen. Die Unterdrückung religiöser Minderheiten steht dazu in eklatantem Widerspruch.
Ich fordere Iran auf, seiner Verpflichtung nachzukommen, die Menschenrechte Aller unabhängig von religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit zu achten und alle Personen, die aufgrund ihrer religiösen oder politischen Weltanschauung inhaftiert sind, unverzüglich frei zu lassen.
Darüber hinaus appelliere ich an alle Verantwortlichen in Iran, den Hungerstreikenden umgehend dringend benötigte medizinische Behandlungen zu gewähren."

Das Regime im Iran mag solche Öffentlichkeit gar nicht. Es will mit sauberer Weste da stehen und sich als Staat dargestellt sehen, der in der Region für Stabilität sorgt. Die Wirklichkeit im Iran ist jedoch trotz vieler Beteuerungen des Regimes alles andere als rosig. Fundamentalistische Gruppierungen innerhalb des Staates stehen etwas moderateren Strömungen gegenüber. Die Ersteren sorgen regelmäßig für gewaltsame Übergriffe gegen Individuen, politische Gegner und Minderheiten im Iran. Grund dafür ist die Ideologie der fundamentalistischen Gruppen, welche die Staatsideologie des Velayat-e Faghi (Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten) zu einer Imamologie verklären. Das bedeutet, sie betrachten den sogenannten Obersten Religiösen Führer (seit 1989 Ali Khamenei) als heiligen Stellvertreter Gottes auf Erden und verlangen von allen Bürgern und Bürgerinnen eine Unterwerfung unter seine Herrschaft. Da die Ideologie im Iran eine Verquickung zwischen Religion und Politik praktiziert, verlangen die Fundamentalisten, dass alle religiösen Minderheiten (auch Atheisten, Agnostiker oder andere Weltanschauungen) die Autorität des Obersten Führers anerkennen, drohen ansonsten mit Verfolgung und Auslöschung. 

Diese fundamentalistischen Strömungen fackeln nicht lange, sondern setzen immer wieder ihre Propaganda- und Verfolgungsmassnahmen um, wenn niemand hinschaut, niemand berichtet und niemand sich interessiert. 

Aufgrund von Protesten und Aktionen verschiedener Menschenrechtsorganisationen und mit Hilfe der Pressemitteilung des Menschenrechtsbeauftragten Christoph Strässer ist es gelungen das Regime zu bewegen sich mit den Fällen der inhaftierten Derwische zu beschäftigen und frühzeitigere Haftentlassungen zu erwirken. Da jedoch die Verfolgungen gegen Minderheiten programmatisch sind, gibt es immer wieder neue Fälle zu beachten. Diese Woche erst sind vier Derwische ins Exil in eine entlegene Provinz geschickt worden. Ihnen wird Feindschaft gegen Gott (Mohareb) vorgeworfen. Dies ist ein Vorwurf, der wie so oft aus der Luft gegriffen ist, jedoch immer dann zum Tragen kommt, wenn das Regime einen Vorwand braucht, um Menschen zu strafen, auszugrenzen und anzuschwärzen. Mittlerweile gibt es im Iran ein Gesetz, das mystische Gruppen generell in den Verdacht stellt Gottesfeindschaft zu betreiben, wodurch eine gefährliche Möglichkeit stets vorhanden ist, Menschen willkürlich zu verhaften, zu foltern, falsche Geständnisse zu erzwingen und beiseite zu schaffen.

Wir von Karamat e.V. protestieren dagegen und helfen mit im Westen diese unwürdigen Verhältnisse zur Sprache zu bringen. In diesem Fall ist der beste Schutz für die verschiedenen Gruppen innerhalb der Zivilgesellschaft vor den Schmutzkampagnen, Hasstiraden und Verfolgungen der Fundamentalisten die Veröffentlichung. Das Regime im Iran mag sich selbst gerne mit weißer Weste darstellen und erhebt den Anspruch moralisch hochstehend zu sein. Es kann die großen schwarzen Flecken aber nur entfernen, indem es die Würde und die Rechte der Individuen und der Minderheiten respektiert und nicht indem es einen Mantel des Schweigens, des Leugnens und des Vertuschens über die Untaten legt.

Hier geht es zu einem Interview in persischer Sprache über den Dialog mit Christoph Strässer und die Situation verfolgter Gruppen im Iran.

Artikel vom 8.04.2015 von der Webseite Karamat.eu

Karamat e.V. // Informationen zu Karamat unter www.karamat.eu.

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