Slut Walk 2012
Es braucht nicht den Blick nach Indien, um zu verstehen, dass Gewalt – vor allem sexuelle Gewalt – gegen Frauen noch immer ein gesellschaftliches Problem ist, dass zu selten wahrgenommen wird.
Nicht immer, aber häufig genug, spielen religiöse Ideen dabei eine Rolle. So bleibt die Botschaft des Slut Walks weiterhin wichtig: Frauen sind nicht deshalb willige Sexualobjekte, weil sie einen kurzen Rock tragen.
Anders sah es wohl der italienische Priester Don Piero Corsi, der in den Weihnachtstagen ein Pamphlet veröffentlichte, in dem es heißt: “Die Frauen, die mit ihrer knappen Bekleidung provozieren, die sich von dem tugendhaften Leben und der Familie entfernen, provozieren die Instinkte und sollten ihr Gewissen überprüfen und sich fragen: ‘Vielleicht legen wir es darauf an?’”1
Ich fühle mich sofort auch an Seyran Ates’ Frage erinnert, ob denn die Zwangsverschleierung der Frauen im Islam nicht eher ein Armutszeugnis für die Männer sei, weil jene „ihre Triebe nicht unter Kontrolle halten können“.2 Es scheint, als wären sich in diesem Punkte die Religionen sehr einig. Was immer sie auch trennt: die Unterdrückung der Frau ist bei den drei abrahamitischen Religionen Konsenz.
Nun, immerhin hat sich Don Piero Corsi entschuldigt und eine Auszeit genommen; im afrikanischen Swasiland werden Frauen, die Miniröcke, bauchfreie Tops oder Hüfthosen tragen, zukünftig bestraft. Das Tragen dieser Kleidung wurde polizeilich verboten, denn “die kurze Kleidung würde eine Vergewaltigung erleichtern”.3 (Ein ähnlicher Urteilsspruch in Kanada führte zum Slutwalk.)
Muss eigentlich noch erwähnt werden, dass (lt. Wikipedia) das Swasiland ein Land voller “guter Christen” ist?
Die Rechte der Frau sind in vielen Bereichen stark beschnitten. Beispielsweise lehnen Banken weiterhin Kreditanträge von Frauen ab, wenn diese keinen männlichen Bürgen nennen können. Gesellschaftliche Diskriminierung von sowohl ethnischen als auch sexuellen Minderheiten sind nach wie vor weit verbreitet. Homosexualität unter Männern wird explizit kriminalisiert und als Straftat mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft. Eine Neuregelung wird angestrebt, die das Strafmaß auf mindestens zwei Jahre erhöhen soll.
Es wird Zeit, dass wir unseren Blick kritischer und häufiger gen Süden wenden: denn Afrika verkommt langsam zu einem evangelikalen Kontinent.
Nic
- zitiert nach Süddeutsche ↩
- Der Islam braucht eine sexuelle Revolution ↩
- zitiert nach Stern ↩