[Erstveröffentlichung: 30. Juli 2007]
Ein Buch, dessen Sätze so lang sind, dass man meint, einen Thomas-Mann-Roman vor sich zu haben, so weiten sich die aneinandergereihten Worte ohne abschließendes Satzzeichen über sage und schreibe viereinhalb Seiten gleich zu Beginn, ist – so sollte man meinen – nicht unbedingt Literatur, wie man sie sich für den entspannenden Urlaub vorstellen mag.
Wie nähert man sich Medea, die in der griechische Mythologie nach Euripides als Kindsmörderin bekannt ist; aber auch als Heilerin, Priesterin, Liebende, Verräterin und Integrantin, wie kann man sich ihr auf anderem Wege nähern? Wie sie anders zeigen?
Als Betrogene, Kämpferische und Verzweifelte läßt sie Christa Wolf auferstehen und anders aussehen. Eine Frau, die unsere Sympathie hat; zerrissen zwischen der Liebe zu Jason (dem Argonauten), dem Leben in Korinth und der Erinnerung an das (paradiesische) Kolchis.
Mit inneren Monologen, die zum Teil wie atemlos erscheinen, wird erzählt, wie Medea, die Neugierige, geopfert wird auf dem Altar der Macht; verlassen und verraten von ihrem Mann Jason, getrennt von den Kindern. Und dabei der Prinzessin Glauke helfend, die – epileptisch und ohne Selbstvertrauen – Medea als Wegweiserin und Freundin anerkennt. In diesen Momenten ist Medea unglaublich aktuell, denn sie spricht von der Unterdrückung der Frauen.
Ihre Dienste als Heilerin sind bei den Korinthern gern gesehen, aber ihr für korinthische Frauen unübliches Selbstbewusstsein…führen dazu, dass die Korinther ihr gegenüber argwöhnisch sind.
Quelle: Wikipedia
Und deshalb auch ist diese alte, griechische Sage in der Fassung von Christa Wolf ein sehr aktuelles und sehr lesenswertes Buch. Denn obwohl die Neugierde der Medea diese in Verbannung und Unglück treibt, ist es ein Plädoyer für genau diese. Und ein Buch über Menschlichkeit, Freundschaft und Liebe. Und auch deshalb eine wunderbare Urlaubslektüre.