Chinesische "Revolution" in der Oberpfalz

Seit dem 19. Jahrhundert haben die Bewohner von Dietfurt den Ruf weg, die "Chinesen Bayerns" zu sein. Im Fasching macht sich die ganze Stadt einen Spaß daraus: Auch am heutigen Unsinnigen Donnerstag (16.2.) werden wieder rund 15.000 Besucher erleben, wie die Chinesen die Oberpfälzer Kleinstadt erobern.
Dietfurt (obx - internet-zeitung) - Einmal im Jahr wird Dietfurt in der Oberpfalz zur 23. Provinz des Reichs der Mitte: Vom Rathaussessel bis zur Müllabfuhr, vom Restaurant bis zum Supermarkt - alles ist fest in chinesischer Hand. Am "Unsinnigen Donnerstag" verwandelt sich das beschauliche Dietfurt in "Bayerns Chinatown". Trachten, China-Zöpfe und gelbe Schminke: mit tausenden Schaulustigen aus ganz Deutschland und leibhaftigen Chinesen feiern Dietfurts Bürger ihr weltweit einzigartiges Fest. Auch Vertreter der Chinesischen Botschaft in Berlin haben den "Bayerischen Chinesen" bereits mehrfach die Ehre erwiesen.
Eine Anekdote erzählt vom Ursprung des fernöstlichen Treibens in der Oberpfalz. Demnach sollen sich die Dietfurter dereinst vor einem Steuereintreiber des Bischofs verbarrikadiert haben. Der Gesandte musste ohne Geld wieder abziehen. Seinem Bischof erzählte er dann: Die Dietfurter verstecken sich hinter ihrer Mauer wie die Chinesen.
"Ob es stimmt, weiß keiner", sagt Anton Bachhuber vom Dietfurter Tourist-Büro, der auch den Ablauf des Chinesen-Faschings managt. Was allerdings feststeht: Bereits in einem Kalender von 1860, als auch in einer wissenschaftlichen Arbeit aus dem Jahr 1869 werden die Dietfurter als Chinesen bezeichnet. "Der Grundstein für die Faschingstradition wurde aber erst 1928 gelegt, als die Stadtkapelle erstmals in China-Gewändern auftrat", sagt Bachhuber.
Schnell hat der Ruf vom Chinesen-Fasching weite Kreise gezogen- quer durch Bayern und ganz Deutschland bis hinaus in die ferne Volksrepublik. Neben echten Chinesen feiern "Diplomatische Abordnungen" von Faschingshochburgen aus ganz Deutschland die Proklamation von seiner Majestät Kaiser Ko-Houang-Di. Der Regent amtiert bereits im elften Jahr und ist schon der zehnte Herrscher der "Bayerischen Chinesen" seit 1954.
Die gemeinsame Reise der Dietfurter ins ferne China beginnt am "Unsinnigen Donnerstag" sehr früh: Ab 2 Uhr morgens verkündet der schallende Weckruf einer 30-köpfigen Meute auf ihrem Zug kreuz und quer durch die Stadt den Beginn des "chinesischen Nationalfeiertags" in der Oberpfälzischen Stadt. "Da hebt´s jeden aus dem Bett", sagt Anton Bachhuber.
Mit etwa 15.000 Menschen rechnen die Organisatoren, wenn ab 13 Uhr auf der Bühne direkt auf dem Stadtplatz Akteure und Besucher dem Höhepunkt entgegen fiebern: dem legendären chinesischen Maskenzug, bei dem in diesem Jahr pünktlich um 13.61 Uhr (also 14.01 Uhr) etwa 50 Gruppen begleitet vom vielstimmigen "Kiliwau" in den Straßen für kurze Zeit "Chinatown" im Herzen Bayerns lebendig werden lassen.

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