Foto: Science
In der letzten Zeit wurde ich erstaunlicherweise immer wieder mit dem Thema China und seine “Ein-Kind-Politik” konfrontiert. Mir ging dabei nicht aus dem Kopf, dass das zwar vielleicht eine Möglichkeit sein könnte, die Bevölkerungsexplosion im bevölkerungsreichsten Land der Erde ein wenig unter Kontrolle zu bekommen. Aber als ich dann hörte, dass es zu einer gravierenden Ungleichheit bei den Geburten von Jungen und Mädchen kommt, wurde mir sofort klar, dass das für die Zukunft gravierende soziale Probleme mit sich bringen wird.
Ein ähnliches Bild zeigt sich übrigens auch in Indien. Wenn weibliche Föten abgetrieben – oder wie in Indien weibliche Babys lebendig begraben - werden, dann kann ich selbst, ohne Sozialwissenschaftler zu sein, an drei Fingern abzählen, dass das zu einem Überschuss an Männern führt, die dann nie eine Familie gründen können. Einfach, weil sie keine Frau “abbekommen”.
Bis zum Ende dieser Dekade (2020) wird China einen Überschuss von geschätzten 50 Millionen Männern im heiratsfähigen Alter aufweisen, für die es keine Ehepartnerinnen gibt.
Das ist, zum Vergleich, etwa so, als bestünde die Bevölkerung fünf mittelgroßer europäischer Länder (Belgien, Griechenland, Österreich, Portugal, Türkei, zusammengenommen) ausschließlich aus Männern unter Samenstau.
Telepolis
Hinzu kommt noch – und das ist mir nun völlig unverständlich – eine unglaubliche Verachtung der Frauen sowohl in China als auch in Indien. Wie Menschen zweiter Klasse werden diese behandelt. Jungen und junge Männer werden als “Prinzen” behandelt, sie genießen von Beginn an alle möglichen (und unmöglichen) Rechte. Und haben wenig Pflichten. Ganz anders die Mädchen und jungen Frauen. Diese werden als “Eigentum” gesehen, als “Besitz”. Und es wundert nicht, dass es – wie in den letzten Wochen medial hochgekocht – immer wieder zu brutalen Vergewaltigungen kommt. Wer zum einen keine Chance hat, eine Frau abzubekommen und andererseits mit der Muttermilch die Verachtung von allen Frauen aufsaugt… wie soll solch ein Mann Achtung einer Frau gegenüber überhaupt nur verstehen?1
Nun ist es wahrlich leicht und billig, hier aus dem fernen Deutschland (in dem zwar zur Zeit auch eine Sexismus-Debatte geführt wird) eine Aufklärung und Änderung der sozialen Verhältnisse in China und Indien zu palavern.
Aber andererseits ist die EU der größte Außenhandelspartner genau dieser beiden Länder. Und es sollte deshalb möglich sein, politischen (und damit auch: wirtschaftlichen) Druck auf diese beiden (und andere) Länder auszuüben, in denen Menschenrechte nur für den männlichen Bevölkerungsanteil gelten. Solch ein medialer Sturm im Wasserglas wie jüngst um das 25-jährige Vergewaltigungsopfer in Indien mag die Menschen kurz aufrütteln. Aber das ist morgen vergessen wenn wieder irgendein D-Promi im Dschungelcamp sitzt.
Nic
Zum Foto heißt es in den oben verlinkten Telepolis-Artikel: “Da steht der verzogene Bengel in aller Öffentlichkeit und macht eine greinende Szene. Er hält bereits zwei Spielsachen in der Hand und deutet mit anklägerischem Finger auf die Mutter, die ihm wohl gerade ein drittes Spielzeug verweigert hat. Alle Umstehenden schauen sich um, neugierig oder vorwurfsvoll. Und die Mutter stehet stumm, und erträgt mit Engelsgeduld die Fisimatenten ihres Sprösslings.
Es ist die Mutter in diesem Bild, die das Foto zum Cartoon gerinnen lässt. Sie erträgt die öffentliche Bloßstellung als “Mutter, die keine Kontrolle über ihr Kind hat” mit der stoischen Gewissheit, die ein Mann in China haben würde, wenn sein echt 1968er Deux Cheveaux sich unter lautem Auspuffgrollen weigern würde, anzuspringen. Auch er würde sagen: “Kuckt nur ruhig her, Leute. Ich habe etwas, was ihr nicht habt. Was sie hat, was die anderen nicht haben, ist ein Sohn.”
- Das ist keine Entschuldigung für diese Taten! ↩
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