Charlie Fabert
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Auf meiner Liste der Bluesgitarristen, die ich mir unbedingt einmal live anschauen will, steht er schon lange. Charlie Fabert, 1988 in Vitry-le-François, einem kleinen Ort in Ostfrankreich geboren, ist einer der besten jungen, aufstrebenden Vertreter des Genres, die unser Nachbarland zu bieten hat. Fred Chapellier, mittlerweile auch als Gitarrist über die Grenzen Frankreichs bekannt, hat vor Jahren schon Charlie unter seine Fittiche genommen. Da steht er nun auf der Bühne des Spirit of 66 mit seiner Band und spielt den Blues. Und das tut er schlicht gesagt einfach großartig. Schon nach den ersten Takten geht mir das musikalische Herz auf und ich bin froh, dass sich mich an diesem Abend noch aufgerafft habe, hierher nach Verviers zu kommen. Albert King’s «I’ll Play The Blues For You» ist auch heute Abend das große Motto. Und Charlie Fabert hat mit seinen noch 21 Jahren genau diesen Blues in den Adern und in den Fingerspitzen, um eben diesem Titel gerecht zu werden wie auch beispielsweise Jimmy Reed’s «Baby What You Want Me to Do». Was da aus den sechs Saiten seiner Stratocaster schwingt, ist schon gehobene Klasse. Sicherlich ist da noch genügend Spielraum nach oben, doch wenn er so weiter macht und ein Konzert nach dem anderen spielt, hat er das Zeug zu einem der ganz Großen nicht nur Frankreichs zu werden. Dazu ist der schlaksige Monsieur Fabert mit einer Stimme gesegnet, deren Reife man einem Mann Anfang Zwanzig nicht sofort zuordnen würde. Sie ist fest, variantenreich, eindringlich und immer auf der (Ton)Höhe des Geschehens. Am meisten beeindruckt er mich stimmlich wie gitarristisch mit seinem eigenen Song «Something Special». Der Song fängt als Ballade an, mausert sich zu einem Blues allererster Güte und endet in einem Gitarrensolo, in dem Charlie die Freiräume ausnutzt, die die von ihm selbst gesetzten Harmonien zulassen. Ganz großes Blueskino! Apropos Kino (oder eher Heimkino): Eine Konzert DVD ist in Arbeit und steht kurz vor der Veröffentlichung. Hierauf darf man gespannt sein. Genauso wie auf Charlie’s erste CD, die produktionsmäßig gerade im letzten Stadium ist. Dazu muss noch ein Vertrieb gefunden werden. Aber Charlie ist optimistisch, dass das Oeuvre noch dieses Jahr auf den Markt kommt. Seine Band besteht aus: Philippe Dandrimont – Bass, Pierre-Alain Delaunoy – Drums und Vartan Fau- Organ & Piano. Das Zusammenspiel dieser Formation ist tadellos, jeder in der Band hat und kennt seine Aufgaben. Der Spielspaß ist vom ersten Titel deutlich spürbar. Tolle Band, tolle Einzelleistungen und ein tolles Repertoire, das aus einer Mischung von selbst geschriebenen und Standardmaterial besteht. Nach der Pause räumt Charlie das Mikrofon des Leadsängers und überlässt es dem stimmgewaltigen Briten Paul Cox. Zugegebenermaßen ist Mr. Cox für mich kein beschriebenes Blatt. Er kann allerdings schon auf eine Reihe eigener Musikveröffentlichungen zurückblicken. Er sammelte erste Erfahrungen im Musikgeschäft Anfang der achtziger Jahre, nahm eine Platte auf der John Slaughter Band, Es folgten einige Soloprojekte. Paul Cox verfügt über eine großartige Stimme, die der Charlie’s um einiges voraus ist; vor allem ist es ihre Reife, mit der sie hier punkten kann. Bei den beiden ersten Titeln grübele ich noch, an wen mich sein Timbre erinnert. Doch dann bin ich mir schnell mit mir selbst einig: Paul’s Stimme erinnert mich an die von Frankie Miller. Und genau der Eindruck wird später bestätigt, als Paul Frankie’s Song «Be Good To Yourself» präsentiert. Weitere Titel sind «Weekend Bluesman», «Everybody Needs Somebody To Love» oder «Paper Thin». Alles in allem ist auch der zweite Part des Konzerts eine gelungene Sache. Als letzte Zugabe spielen Charlie Fabert und seine Band allerdings dann wieder ohne Mr. Cox den Song «Caledonia» und entzünden damit erneut ein musikalisches Feuerwerk, das in mir noch während der Heimfahrt nachhallt. Fazit: Charlie Fabert ist auf dem besten Weg ein ganz Großer in Sachen Bluesgitarre zu werden. Ich werde seinen Weg weiter beobachten und freue mich schon jetzt auf die nächste Begegnung. |