Chancen und Grenzen der Aussageanalyse

Wenn in einem Strafprozess Aussage gegen Aussage steht, kann das Gericht Psychologen hinzuziehen. Die Sachverständigen sollen beurteilen, ob das mutmaßliche Opfer etwa einer Vergewaltigung die Wahrheit sagt. Wie gehen sie dabei vor – und wie zuverlässig sind solche Gutachten? Die Rechtspsychologin Renate Volbert von der Berliner Charité weist im Magazin Gehirn&Geist; (11/2011) auf mögliche Fehlerquellen hin.
Aus: Gehirn&Geist;, November 2011
Psychologische Gutachter untersuchen Zeugenaussagen auf 19 inhaltliche Merkmale hin, die für Berichte über ein selbst erlebtes Geschehen typisch sind. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass sich Berichte über selbst erlebte Begebenheiten von erfundenen Geschichten unterscheiden. Wer von einem eigenen Erlebnis erzählt, schildert zum Beispiel mehr unwesentliche Details oder Komplikationen im Handlungsverlauf. Ein bewusst falsch aussagender Zeuge erfindet seine Geschichte mit Hilfe schematischen Allgemeinwissens; für unnötige Details fehle da oft die geistige Kapazität.
Solche Indizien bilden die Basis der merkmalsorientierten Inhaltsanalyse, mit deren Hilfe Gutachter die Qualität einer belastenden Aussage insbesondere bei Sexualdelikten einschätzen. So gelingt es in Laborexperimenten, rund 70 Prozent der Behauptungen korrekt als glaubhaft oder erfunden zu klassifizieren. Allerdings wird im Schnitt fast jede dritte Aussage als nicht glaubhaft eingestuft, obwohl sie auf einer echten eigenen Erfahrung basiert. Die richtige Zuordnung fällt noch schwerer, wenn Probanden Realkennzeichen absichtlich vortäuschen oder einfach das Erlebnis einer anderen Person als eigenes ausgeben.
Doch die Fehlerquoten aus Laborexperimenten sind nach Meinung von Sachverständigen wie der Rechtspsychologin Renate Volbert von der Berliner Charité nicht einfach auf die Praxis übertragbar. Denn Gerichtsgutachter prüfen zusätzlich auch, ob jemand ein Motiv für eine absichtliche Falschaussage haben könnte, ob er überhaupt in der Lage wäre zu lügen, und ob die Aussage auch auf einer Fremd- oder Autosuggestion beruhen könnte.
"Bis in die 1990er Jahre kam es immer wieder zu problematischen Gutachten", räumt die Rechtspsychologin im Interview mit Gehirn&Geist; ein. Das habe vor allem daran gelegen, dass suggestive Prozesse nicht erkannt wurden. Auch gebe es bislang keine Studien, die die Trefferquote von aussagepsychologischen Gutachten überprüft hätten, so Volbert. "Es ist schwer, so komplexe Fälle für systematische Studien zu simulieren."

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