Bekanntlich wohne ich – wo auch immer ich auch gerade hause – nicht weit entfernt von der Grenze zur Schweiz. Da erlebt man so manches… Aber ich will nicht auf wildgewordene Vierradpiloten mit ZH-Kennzeichen hinaus, die sich hierzulande gern so richtig die Kante geben und zwei Meter Mindestabstand bei 200 km/h für ausreichend erachten. Heute geht´s in meiner berühmt-berüchtigten Schweiz-Polemik um´s Geld. Die Eidgenossen sträuben sich zwar beharrlich gegen einen EU-Beitritt, weil dieser ja nur Nachteile habe für das freiheitlich gepolte Bergvolk. Doch dass die Grenze so schön offen und so nett grün ist, gefällt ihnen schon. In Deutschland ist zwar alles schlecht, vor allem die Deutschen – aber es ist eben auch alles billiger als in der Schweiz…
Nein, legal ist es nicht, in Deutschland kiloweise Lebensmittel einzukaufen und den Wochenbedarf über die Grenze zu schmuggeln. 300 Franken kommen schnell zusammen, wenn samstags die Schweizer im Supermarkt in Lörrach, Konstanz oder Lindau einfallen – wo sich die Einzelhändler längst die Hände reiben über die grenzgängerische Kundschaft. Eigentlich müssten die Schnäppchenjäger brav an der Grenze anhalten, ihre Waren deklarieren und Mehrwertsteuer sowie Einfuhrzoll bezahlen. Es wäre dennoch billiger, als in Basel oder St. Gallen einzukaufen. Und eigentlich müssten sich die Schweizer ihre im Web bestellten Waren nach Hause schicken lassen. Aber Briefkastenadressen in Form von deutschen Packstationen in unmittelbarer Grenznähe machen Steuer- und Zollhinterziehung nicht nur möglich, sondern geradezu zum Volkssport. Aber was bedeutet schon “eigentlich”? Eigentlich müssten sich Schweizer auch an deutsche Verkehrsregeln halten. Tun sie aber nicht. Brauchen sie nicht, finden sie. Sobald über die grüne Grenze geschlüpft, sind sie nicht mehr greifbar. Und das wissen sie…
72 Prozent der Schweizer sind im Übrigen für eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der EU, aber nur 31 Prozent für den EU-Beitritt, ermittelte die ETH Zürich. Bilaterale Verträge machen schließlich auch so möglich, dass die die Schweiz bei kaum Gegenleistung kräftig profitiert: vom Freihandelsabkommen, der Personenfreizügigkeit und vom freien Kapitalverkehr, vom neuen Doppelbesteuerungsabkommen. Kurz, mitgenommen wird, was geht. Nur Ordnungswidrigkeiten und Straftaten lassen die Eidgenossen gern im Ausland zurück. Ganz ehrlich, ich finde, die Schweizer sollten uns Deutschen nicht nur ein bisschen dankbar sein!