Catastrophe & Cure – Like Crazy Doves

Von Pressplay Magazin @pressplayAT

Summary: Das junge Sextett überzeugt mit ehrlicher Melancholie, doch so richtig rocken wollen die glücklichen Klänge noch nicht


Ein typisches österreichisches Musikklischee ist, wenn man sagt, dass eine Band nicht österreichisch klingt. Dies kann eigentlich sogar als Kompliment gewertet werden. Irgendwie schade ist das schon, denn im Endeffekt setzt dies das Talent des hauseigenen Musikbusiness herab...

Da Österreich aber keine Indie-Hochburg ist, sind konkretere Vergleiche ok. Deswegen kann man auch sagen, dass Catastrophe & Cure mal nach Incubus, mal nach The National klingen. Sechs junge Musiker aus Steyr bilden die oben genannte Boyband, deren Debütalbum Like Crazy Doves Ende letzten Jahres erschienen ist. Nicht verwunderlich, dass sie von jenem Fleckchen kommen, denn Steyr ist ein ziemlich fruchtbares Pflaster was musikalische Errungenschaften anbelangt, schließlich kommt von dort nicht nur Naked Lunch, sondern auch Velojet. Catastrophe & Cure sind letztes Jahr via FM4 Soundpark aufgetaucht, und ihre Single Shipwreck erreichte Platz 2 der sendereigenen Charts. Am ersten Mai wird ihnen der FM4 Award beim Amadeus verliehen.

Ihr Debütalbum kann man getrost als typisches FM4-Album (eine Wortwiederholung, die sich bei der Karriere dieser Band nicht vermeiden lässt) bezeichnen. Es ist melancholisch, verträumt und auch den großen Emotionen wird Raum gelassen. Die Träumereien werden hauptsächlich mit analogen Instrumenten illustriert, doch auch E-Gitarren, elektronische Beats und Soundsamples schleichen sich ein. Wie etwa auf der Hit-Single Shipwreck, die das tanzbarste Lied des Albums ist, wenn auch auf sanfte Art und Weise. Sanft ist im Übrigen das Überthema von Like Crazy Doves. Selbst wenn die großen Gebärden aufgefahren werden und die Emotionen überschwappen, hängt der ganzen Dynamik eine Sanftheit an, die dem Album eine gewissen Harmonie verleiht.

Die Bilder, die durch die Musik hervorgerufen werden, zeigen fast immer junge Leute, die durch ein sommerliches Kornfeld laufen und den Tag leben. Am meisten manifestiert sich dieses Lebensgefühl bereits im Opener des Albums. Langsame Strophen gehen in einen hoffnungsvollen Refrain über, während sich Akustikgitarren mit ihren elektronischen Kollegen abwechseln. Durch den hellen Klang von Letzteren hängt so ein bisschen Country in der Luft. Im Endeffekt ist Like Crazy Doves mehr als ein solider Opener, da er die Gefühle des Albums auf den Punkt bringt: Melancholie kann nichts ohne Hoffnung.

Ebenso mehr als solide ist Hands Like Scissors. Beginnend mit süßlichem Gesang mausert sich der Song zu einer leichtfüßigen Ballade. Die Streicher in Moll gehen Hand in Hand mit den fast Post Punkigen Akustikgitarren. Der Chorgesang im Refrain ist nicht überladen, sondern trägt mit den Echos zur zerbrechlichen Atmosphäre bei. Weniger atmosphärisch, dafür aber glücklicher klingen Coward, Nowhere und The Bird. Diese drei Songs machen den Rock-Teil des Albums aus. Dabei erinnern sie stark an die Alternative-Bands der frühen 2000er, wie etwa Incubus. Während bei den langsameren, luftigeren Tracks die Instrumente auseinanderstoben, um an den verschiedenen Enden der Songs ihre bestimmten Funktionen zu erfüllen, treiben sie hier alle gleichzeitig auf denselben Punkt zu. Das Paradoxe an diesen Songs ist, dass sie eigentlich schon von den Instrumenten her energetischer und kraftvoller sein sollten, aber es nicht sind. Entweder die Stimmen sind kraftlos ( The Bird), oder die Melodie stottert vor sich hin ( Nowhere). Neighbourhood Scenes, ein Song mit quietschenden Akustikgitarren und süßen Melodien, stielt den Rockern klar die Show.


Nach den drei Liedern beruhigt sich die Stimmung wieder und das Album steuert Richtung Abschlusstrack. Ihre Aufgaben im Bereich Tracklisting haben die sechs auf jedenfall gemacht, denn auf dem letzten Song Missed the Casting lassen sie nochmal alle Emotionen aufleben, ohne sie zu schnell aus dem Ärmel zu schütteln. Der Song basiert auf einer treibenden Klavier- und Gitarrenmelodie. Bis zur Hälfte wird das Repertoire noch mit Streichern und dem pointierten Einsatz vom Schlagzeug erweitert. Dann nehmen die Instrumente Fahrt auf und werden gemeinsam mit den Stimmen lauter und drängender. Vor allem die ungewohnt tiefe Stimmlage (warum erst auf dem letzten Track?) erinnern an die Balladen von The National. Eine positive Aufbruchsstimmung wird erzeugt, die aber nichts von der Gelassenheit des Albums einbüßt.

Crazy Like Doves ist ein blendend produziertes Album, das vor allem durch seine Ruhe und Harmonie besticht. Die Trackwahl ist souverän und perfekt abgestimmt, aber leider lässt einen das Gefühl nicht los, manche Lieder schon mal anders gehört zu haben. Die drei "Rock-Songs" sind schleppend, und stören den Flow des Albums, vor allem für diejenigen, die sich gerne in melancholische Schwingungen vertiefen. Talentiert sind Catastrophe & Cure hörbar, doch gilt es sich noch ein bisschen mehr den eigenen Stil zu erarbeiten.

Catastrophe & Cure - Like Crazy Doves, Ink.Music, www.catastropheandcure.com


Über den Autor

Anne-Marie Darok Aufgabenbereich selbst definiert als: Musikpoetin mit viel Fantasie. Kriegt bei der Zeile "Real love, it finds you somewhere with your back to it." (Beach House) immer noch Gänsehaut.