Carnival of Souls. Horrorfilme 1918-1966 im Filmmuseum

Erstellt am 28. August 2013 von Pressplay Magazin @pressplayAT

Film-Festivals

Veröffentlicht am 28. August 2013 | von Martina Zerovnik

Angst, Lust und Schaulust sind die Hauptbestandteile des Horrorgenres, das sich seit Anbeginn des Mediums phantastischer und kreativer Vielseitigkeit erfreut. Das Filmmuseum widmet dem düsteren Teil der Traumfabrik Film eine von Christoph Huber kuratierte Retrospektive in zwei Teilen. Der erste Teil – vom 30. August bis 17. Oktober – zeigt eine umfassende Schau an Horrorfilmen aus dem Zeitraum 1918 bis 1966.

Der Schwerpunkt liegt auf dem Kanon des angloamerikanischen Raums, dessen Einflussbereich und seinen Phantasmen, die nicht zuletzt poetische Kreaturen der Romantik – aus der Feder von Edgar Allen Poe über Mary Shelley bis Bram Stoker – kolportieren. Ihr entstammen Gestalten wie der Doppelgänger (Der Student von Prag, 1926), der Größen-Wahnsinnige (Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920), der im Programm mehrfach vertretene Frankenstein (z. B. als filmischer Ur-Frankenstein von James Whale, 1931; The Bride of Frankenstein, 1935) und der ebenso repräsentativ vertretene Dracula, der diabolisch als Nosferatu, eine Symphonie des Grauens (Murnau, 1922) und schrill in Christopher Lees Initiation als dunkler Fürst der Hammer-Studios (Dracula, Terence Fisher, 1958) zu sehen sein wird. Dass sich das Medium als Erschaffer neuer Mythen versteht, verdeutlicht die Auswahl nicht nur mit Dracula, sondern auch mit der filmischen Invasion der Zombies (I Walked With a Zombie, Jacques Tourneur, 1943; White Zombie, 1932). Die Untoten sind u.a. Ausdruck des Verhältnisses des modernen Menschen zum Tod, für das auch der namensgebende Film Carnival of Souls (Herk Harvey, 1962) steht.

  • Das Cabinet des Dr. Caligari

  • Dr. Jekyll and Mr. Hyde

  • I Walked With a Zombie

  • Kaidan

  • King Kong

  • La Maschera del demonio

  • Miss Muerte

Augenfällig: Das weibliche Monster ist eine Randerscheinung. Akteurin ist die Frau beispielsweise als Vampirin in Carl Theodor Dreyers Vampyr von 1932, entstanden als Interpretation der Erzählung Carmilla von Sheridan Le Fanu. Der frühe Tonfilm bringt in der Anmutung eines Stummfilms die große Bedeutung des Visuellen für das Genre – nicht zuletzt in Form von Spezialeffekten – zum Ausdruck. Darüber hinaus lässt er noch die Verwandtschaft der Vampirin mit der Hexe erahnen. Die Hexe als Handlangerin des Teufels tritt im Programm übrigens als dänische Häxan (Benjamin Christensen, 1922) auf.

Die Psychoanalyse! Sie ist eine der ergiebigsten Quellen und fruchtbarsten Kollaborateurinnen des Horrorgenres. Ungeheuer, Monster, Wahnvorstellungen zeugen von den dunklen Flecken unserer Seele, dem Unkontrollierbaren, Triebhaften, der Begierde (The Unknown, Tod Browning, 1927; The Most Dangerous Game, 1932), dem Tier im Menschen (King Kong, 1933; Island of Lost Souls, 1932; Freaks, 1932). Wenn das Unbewusste, der Traum oder das Trauma die Oberhand gewinnen, wird es unheimlich und tödlich. So ist es in Psycho (Alfred Hitchcock, 1960), Les yeux sans visage (Georges Franju, 1960) oder Hershell Gordon Lewis’ Two Thousand Maniacs! (1964), der zugleich auch eines von vielen Beispielen dafür ist, was das Genre mit Gesellschaft und Politik zu tun hat.

  • Nosferatu, eine Symphonie des Grauens

  • Onibaba

  • Psycho

  • Seven Footprints to Satan

  • The Bride of Frankenstein

  • The Plague of the Zombies

  • The Unknown

Einige filmische Ausflüge nach Mexiko, Japan oder China ergänzen die Schau (z.B. El fantasma del convento, 1934; die Gespenstergeschichten Tōkaidō Yotsuya Kaidan, 1959; die Phantom der Oper-Interpretation Yèbàn gēshēng/Lied um Mitternacht, 1937). Der Anspruch, „ein globales Porträt des Zeitenwandels und seiner Ängste“ zu zeigen, ist damit allerdings nicht erfüllt, sondern macht deutlich, wie stark die dargebotene Sicht auf moderne Mythen von Filmbildern aus dem angloamerikanischen Imperium geprägt ist und wie hegemonial dessen Selbstverständnis über andere Kulturen und deren Imagination verfügt. Da ist es nur gerecht, wenn diese Zielsetzung scheitert. Beruhigend, dass das Programm immerhin keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, denn einige Kreaturen werden merklich vermisst. Vorerst begnügen wir uns damit, es gibt Grund genug zur Freude!

30. August bis 17. Oktober 2013

Filmmuseum - Augustinerstraße 1, 1010 Wien

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Abendkasse: Jeweils eine Stunde vor Beginn der ersten Vorstellung

Telefon: 01/533 70 54

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Über den Autor

Martina Zerovnik Aufgabenbereich selbst definiert als: Filmleserin. Lächelt über “Oh diese Technik [Film] ist sehr entwicklungsfähig, fast reif zur Kunst” (Döblin).