Carl Zuckmayer: Auf einem Weg im Frühling

Wolfgang Krisai: Innviertler Landschaft. Tuschestift, Buntstifte. 2011.

Wolfgang Krisai: Innviertler Landschaft. Tuschestift, Buntstifte. 2011.

Ich habe dieses schmale Bändchen sicher irgendwo auf einem Flohmarkt entdeckt. Und kürzlich entdeckte ich es beim Entlangstreifen an meinen Regalen wieder und las es in einem Zug.

Es enthält zwei kurze Erzählungen und elf ganzseitige Illustrationen. Es sind lavierte Rohrfederzeichnungen des Salzburger Malers und Zeichners Anton Steinhart (1889 – 1964), die außerordentlich schön sind in ihrer flotten, expressiven Art. Sie machen den eigentlichen Wert des Bandes aus, denn die Zuckmayers Elaborate sind nicht gerade seine Meisterwerke.

In der ersten Erzählung geht’s ja noch halbwegs: Zuckmayer schildert einen Spaziergang mit seinen drei Hunden im Frühling in der Nähe von Henndorf. Und er freut sich des Frühlings, eines Säers, den er genau beobachtet, des Waldrands, wo er sich unter die Bäume legt. Und fast eindöst. Plötzlich knirscht es über ihm: Hunde und Herr wittern gespannt. Und bald knirscht und knarrt es wieder, und ein paar Meter neben ihnen kracht ein mächtiger Eichenast zu Boden. Gerade noch Glück gehabt!

Die zweite Erzählung ist die wie auch immer aufgezeichnete mündliche Spontangeschichte „Wiedersehen mit einer Stadt“. Gemeint ist Salzburg, aber Zuckmayer subsumiert darunter auch gleich die Umgebung, und erzählt hat er sie wohl irgendwann Ende der 60er-Jahre bei einer Lesung in Salzburg, wo er kein Manuskript dabei hatte und die Zuhörer lieber mit spontanen Einfällen erfreuen wollte. Seine Werke könnten sie ja ohnehin aus Büchern lesen. So was hab ich schon gern! Häufig – und so auch hier – ist nämlich das spontane Gerede der AutorInnen, das sie den Zuhörern dann servieren, wesentlich weniger begeisternd als die eigentlichen Werke. Zuckmayer schwadroniert denn auch in guter Alt-Männer-Stammtischmanier drauflos und erzählt halt, was ihm so einfällt. Also keine durchgehende Handlung, dafür Aufzählungen von Henndorfer Bauern, die er alle noch kenne, auch wenn sie teilweise schon verstorben seien, und zu deren Höfen er blind hinfinden würde. Begeisterte Sätze über die wunderschöne Stadt Salzburg, deren zwischen Zuckmayers Henndorfer Jahren und der jetzigen Lesung liegende finstere NS-Vergangenheit man doch ruhen lassen solle. Überhaupt, Salzburg: Da gehört eigentlich das Salzkammergut auch noch dazu, genauso wie Schärding, wohin überall der zünftige Autor einst zu Fuß gewandert ist, weshalb er alles noch so lebendig in Erinnerung hat. 

Also: Es mag ja für den einen oder anderen Zuhörer damals ein netter Abend mit Salzburg-Reminiszenzen gewesen sein, aber weshalb man das für die Nachwelt aufbewahren sollte, ist ein Rätsel. Immerhin, wenn dieses Rätsel der Anlass war, Anton Steinharts kraftvolle Zeichnungen zu veröffentlichen, dann sei es akzeptiert!

Carl Zuckmayer: Auf einem Weg im Frühling. Erzählung. Wiedersehen mit einer Stadt. Aus dem Stegreif erzählt. Mit 11 Zeichnungen von Anton Steinhart. dtv, München, 4. Aufl. 1986. Originalausgabe: Residenz-Verlag, Salzburg, 1970. 68 Seiten.

Natürlich ist das Bändchen längst vergriffen, aber im Internet kann man es sich antiquarisch um 1 Euro kaufen. Das ist es allemal wert.



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