Scarlett Dragna, die, unter der Gewalt ihres cholerischen Vaters, auf der Insel Trisda lebt, will nur eines: fort von der Insel und dem Missbrauch ihres Vaters, um sich gemeinsam mit ihrer Schwester Donnatella, Tella genannt, ein neues Leben aufbauen. Zu diesem Zweck stimmt sie einer arrangierten Hochzeit vor, ohne ihren zukünftigen Ehemann je gesehen zu haben. Als sie zehn Tage vor der Hochzeit Eintrittskarten für das sagenumwogende Caraval erhält, ein Spiel voller Illusionen und Magie, ändert sich alles. Obwohl Scarlett sich, seit sie klein war, nichts sehnlicher gewünscht hat, als an Caraval teilzunehmen, muss sie schon bald feststellen, dass sich hinter dem legendären Spiel viel mehr verbirgt, als sie gedacht hätte. Als dann auch noch ihre Schwester entführt wird, beginnt eine Rätseljagd um Leben und Tod an einem Ort, an dem nichts so ist, wie es scheint und an dem Scarlett niemandem vertrauen darf...
Eine Zaubershow im Buchformat - Magisch & düster
Man nehme einen Hauch Wahnsinn, eine ordentliche Prise Illusion und Zirkusfeeling, eine Messerspitze Romantik und reichlich düstere Atmsophäre, vermische alles sorgfältig, kröne es mit einem bildhaften und eindringlichen Erzählstil - und heraus kommt ein Jugendbuch der besonderen Art, das den Leser in eine verzauberte Welt entführt und nicht wieder hergeben möchte: Caraval! Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr euch jeden Tag darauf freut, weiterlesen zu können? Genau das hat mir diese Geschichte beschert und mich, jedes Mal, wenn ich das Buch aufgeschlagen habe, in einen Mantel aus behaglicher Leseamtosphäre gehüllt, den ich nur sehr ungern abgelegt habe. Mit viel Detailverliebtheit, Spannung und wahnsinnigem Charme hat Caraval: Es ist nur ein Spiel für mich, von einigen Kleinigkeiten abgesehen, alle Attribute, die ein gutes Buch ausmachen und mich letztlich komplett überzeugen können.
Bis zum Ende ein raffiniertes Katz und Maus Spiel
"Caraval" spielt ebenso gerne mit seinen Teilnehmern wie mit seinen Lesern und führt ihn in einem raffinierten Katz und Maus Spiel ein ums andere Mal an der Nase herum, sodass man das große Ganze erst ganz zum Schluss greifen kann. Der Weg dorthin ist derart magisch-düster und detailverliebt, voller zauberhafter Entdeckungen und dichter Atmosphäre, das man das Buch nur selten aus der Hand legen kann - und wenn, drehen sich die Gedanken dennoch weiterhin um das legendäre Spiel. Das Setting erinnert an eine wunderbare Mischung aus Wunderland, Venedig und Zirkusstadt, das ich gerne noch viel weiter erkundet hätte. Gemischt mit der düsteren und geheimnisvollen Atmosphäre, die sich bis zum Ende durch das ganze Buch zieht (und sogar ein bisschen darüber hinaus!), taucht man in eine fantastische Welt voller doppelter Böden und faszinierender Magie, in der man dennoch nichts von dem glaiuben darf, was man sieht. Gerade diese Tatsache, dass man nie weiß, was real ist und was nicht (ebenso wie Protagonistin Scarlett, mit der man bis zum Ende im Dunkeln tappt), macht den besonderen Reiz der Geschichte aus - und das obwohl man doch so oft so offensichtlich mit der Nase darauf gestoßen wird!
Neben dem fabelhaften Setting und der beinahe greifbaren Atmosphäre, sorgt jedoch auch der Schreibstil für eine durchweg authentische Geschichte. Caraval ist aus der personalen dritten Person von Scarlett erzählt, was viel zusätzliche Spannung aufbringt und dem Leser das Gefühl gibt, hautnah dabei zu sein, ohne das die Geschichte zu plump erzählt wird. Ebenso farbenfroh und faszinierend wie Caraval sich präsentiert, zeigt sich auch der bildhafte Schreibstil, der Caraval vor den geistigen Augen des Lesers zu beschwören weiß, ohne dabei zu verschnörkelt zu sein. Auch die Figuren schaffen den Spagat zwischen Glaubwürdigkeit und Sympathie, allen voran Protagonistin Scarlett, die, auch wenn sie eher vernünftiger und ängstlicher Natur ist, nie zu naiv oder platt wirkt, sondern eine Sympathieträgerin ist, deren Handlungen man nachvollziehen kann. Auch Figuren wie Julian, der geheimnisvolle Seemann, Donnatella, die mutige und abenteuerlustige Schwester von Scarlett oder den Showmaster Legend überzeugen durch Charisma und plastische Merkmale, die sie definieren.
Zum Ende wird die Geschichte stellenweise etwas verworren und man muss aufmerksam lesen, um die Situation komplett fassen zu können - ich bin mir hier nicht hundertprozentig sicher, ob ich das Ende wirklich mag, auch wenn es logisch ist und absolut zur Geschichte passt. Wenn es eines gibt, dass ich bemängeln kann, ist es dennoch die Tatsache, dass die Geschichte überhaupt endet - eventuell kann man herauslesen, dass "Caraval" mich komplett begeistern konnte und schon jetzt eines meiner Jahreshighlights 2017 geworden ist!