Nach dem Ende von Apple Aperture fragte ich mich wie es für mich in der digitalen Dunkelkammer weitergehen sollte. Ohne Bedenken bezüglich der Ausarbeitungsqualitäten von Adobe Lightroom zu hegen ist mir dessen Interface und strikte Benutzerführung leider zuwider – es würde noch viel brauchen bis ich mich dazu durchringen könnte mit diesem Programm zu arbeiten. Bevor es gar keine andere Möglichkeit gibt: »no way!«
Mir ist wichtig damit keinen Lightroom-User zu diskreditieren. Ich weiß, dass viele Kollegen die ich sehr schätze mit Lightroom arbeiten. Ich bitte aber auch zu respektieren, dass das, was für viele in Ordnung sein mag, eben nicht für alle das Richtige sein muss.
Die Aussichten auf eine Alternative nach Aperture und zu Lightroom standen zunächst schlecht. Ich warf wieder einmal einen ausgiebigeren Blick auf DxO Optics, doch dessen Bedienung ist kaum komfortabler als bei Lightroom, die Bildverwaltung großer Bestände hinkt Lightroom hinterher und die Resultate befriedigen mich nur gelegentlich
Corels AfterShot machte mir schon bei oberflächlicher Betrachtung einen dermaßen unsympathischen Eindruck, dass ich mich erst gar nicht tiefer damit befasste. Kaum mehr begeistern konnte mich das OpenSource-Projekt RawTherpee. Ich sah mir auch ACDSee ausgiebig an, fand daran durchaus gewisse Qualitäten, doch überzeugt hat es mich nicht.
Was blieb und bleibt war und ist Capture One Pro. Ich hatte bereits vor Jahren einige Monate damit gearbeitet und war von den Ausarbeitungsqualitäten des dänischen Produkts begeistert. Leider scheiterte es damals daran, dass Capture One Pro 6 nicht für die Verwaltung umfangreicher Bildbestände ausgelegt war. Capture One Pro 7 versprach zwar Besserung, war aber auf meinem Rechner in Sachen Stabilität und Geschwindigkeit untragbar. Apple hatte in der Zwischenzeit mit Aperture 3.3 nachgebessert, weshalb es mich wieder dahin zurück zog.
In den letzten Monaten wurde leider zunehmend gewiss, dass Aperture im Sterben lag, und dass es galt sich nach etwas anderem umzusehen.
Meine weitere Strategie sah so aus, dass ich für die Bildentwicklung wohl zu Capture One wechseln, die entwickelten Bilder als JPEG oder TIFF exportieren und die Verwaltung meiner Alben (weiterhin) mit Aperture und später mit dem Nachfolger Photos machen würde. Dem kam auch entgegen, dass ich mittlerweile die Werkzeuge Tonality und Intensify von MacPhun, die Plugins von Topaz und Exposure von Alien Skin kennen und schätzen gelernt hatte, die meine Bildbearbeitung auf einen neuen Level gehoben hatten und TIFFs bzw. JPEGs zur Entwicklung voraussetzen.
Nun, rechtzeitig zur Photokina und rechtzeitig für mich, hat Phase One Capture One 8 vorgestellt.
Die Dänen haben die Lücke, die durch das Ableben von Aperture entstanden ist, erkannt und rasch gehandelt: Nicht jeder Fotograf will mit Lightroom arbeiten! Eine Alternative ist dringend notwenig. Und zwar eine die den Bedürfnissen der Fotografen entgegen kommt, nicht nur dem Bedürfnis eines Unternehmens Kohle zu machen.
Capture One ist ein Programm von Profis für Profis und das einzige Programm das – jedenfalls nach meiner Meinung – professionell gestaltet ist. Die Oberfläche ist vollständig individualisierbar (mein größter Kritikpunkt an Lightroom) und beinahe jeder Handgriff lässt sich mit Shortcuts belegen. Belichtung, Weissabgleich, Kontrast, Sättigung, Lichter, Schatten – das alles und vieles mehr kontrolliere ich via Tastatur ohne eine Palette eingeblendet haben zu müssen. Die Individualisierbarkeit einer Logo-Plakette in der linken oberen Ecke nimmt sich dem gegenüber – sorry! – lächerlich aus.
Capture One macht nun umstiegswilligen Aperture-Usern ein verlockendes Angebot: Das Programm kann Aperture-Biblotheken importieren (Lightroom-Bibliotheken übrigens, nebenbei gesagt, ebenso). Das funktioniert völlig unkompliziert über einen schlichten Importieren-Befehl, ohne dass der Benutzer sonst irgendwelche Vorbereitungen treffen müsste, also ohne, dass irgendwelche Instructions gelesen oder Video-Anleitungen gesehen werden müssten. Dabei übernimmt Capture One nicht nur Bewertungen, Farbmarkierungen und Schlüsselwörter, sondern alle wichtigen Einstellungen zu Belichtung, Sättigung, Lichtern, Schatten, Beschneidung, Drehung, Weißabgleich bis hin zur Schwarzweißentwicklung.
Natürlich gehen dabei einige Einstellungen verloren, wohl vor allem bezüglich Retusche, etc. Allerdings ist die übernommene Bibliothek absolut in Ordnung und die von Capture One nach den Vorgaben von Aperture vorgenommenen Entwicklungen sind mehr als brauchbar, teilweise besser, als das, was man zuvor in Aperture hatte.
Natürlich ist so ein Umstieg, egal ob von Aperture oder von einem anderen Programm, niemals lustig. Doch die Qualität die Capture One 8 liefert haut mich schlicht aus den Socken. Sämtliche RAW-Konverter mit denen ich bislang arbeitete sehen im Vergleich verdammt alt aus. ACR kann Capture One nicht im Ansatz das Wasser reichen. Phase One hat mit der Version 8 auch eine große Schwäche von Capture One ausgebessert: C1 8 hat endlich sehr gute Retusche-Werkezeuge. Außerdem gibt es eine SW-Entwicklung die durch eine gute Grain-Funktion (Simulation analogen Filmkorns) außerordentlich genial geworden ist. Capture One 8 ist das beste SW-Entwicklungstool mit dem ich bislang arbeitete und scheint das von mir in letzter Zeit geliebte Alien Skin Exposure ebenso überflüssig zu machen wie das gerade erst erstandene Macphun Tonality.
Noch kratze ich an der Oberfläche von Capture One Pro 8, da mir im Moment die Zeit fehlt mich intensiv damit zu befassen. Es wäre nicht das erste mal, dass mich die Zeit lehrt, dass nicht so genial ist, was mich im ersten Moment umgehauen hat. Die Zeit entlarvt viele Schwächen. Aufgrund meines Zeitmangels möchte ich meinen positiven Eindruck auch nicht mit Bildern belegen. Besser ist ohnehin ihr macht euch einen eigenen Eindruck. Es gibt eine Demo-Version von C1 8 die ihr zwei (!) Monate lang ohne Einschränkungen nutzen könnt.
OK. Capture One kostet 229 Euro. Doch nach meiner Einschätzung bringt das Programm dem ambitionierten Fotografen deutlich mehr als das nächste Luxusobjektiv – viel mehr! Und so betrachtet habt ihr euch, wenn ihr C1 statt des xten Objektivs kauft, wahrscheinlich 600 bis 1800 Euro gespart und habt trotzdem um Welten bessere Resultate.
Ihr seht: Ich bin begeistert.