Diese Voraussage erfüllte sich dann natürlich auch. Es waren aber wirklich nur Hügel und das Auf und Ab haute uns nicht aus den Socken. Das sollte erst später kommen. Da wir wie immer früh aufbrachen, hielten sich die Temperaturen in Grenzen. Bis zum ersten Dorf, La Encañada, mussten wir eine Steigung und einige Wellen überqueren, dann kam die logische Abfahrt ins Tal. Dort unten waren viele Leute mit Vieh unterwegs, wie sich herausstellte fand im Dorf gerade ein Viehmarkt statt. Nach nur kurzer Pause stieg die Strasse, nun seit einigen Kilometern wieder "Naturstrasse", wieder an. Eine Gruppe Velofahrer, die wir in Cajamarca getroffen hatten, hatten uns gesagt, dass der Belag dieser Strasse hier, obwohl kein Asphalt, gut sei. Und tatsächlich, es war zwar staubig wie immer, aber wir kamen gut vorwärts, selbst hügelaufwärts. Die Steigung war moderat und da es am frühen Nachmittag bewölkt wurde, war die Sache gar nicht so unangenehm.
Test neue Fototechnik.
Auf der anderen Seite des Berglis fühlten wir uns wie in die Schweiz versetzt. Sanfte Hügel, von leuchtend grünen Wiesen und gelegentlichen Wäldchen bedeckt und überall Milchkühe. Klar, irgendwoher muss die Milch für all den Käse, den man in Cajamarca kaufen kann, ja kommen. Weiter ging's, mehrheitlich bergab, aber immer wieder über kleine Wellen, bis schliesslich die richige Bajada nach Celendín begann, wo wir abends gegen 17 Uhr eintrafen. Wir hatten die Information erhalten, dass in Celendín Julio wohne, ein Ciclista, bei dem man allenfalls übernachten könne. Dumerweise war er aber nicht zu Hause, also suchten wir ein Hostal und fanden mit "Mi Posada" eine Superunterkunft, günstig, ruhig, sehr herzliche Leute und nahe der Plaza. Perfekt. Gerade aufregend war jener Tag zwar nicht gewesen, aber irgendwie befriedigend. Die Batterie meines Bikecomputers war gerade leer und ich weiss nicht nicht gena, wie viele Kilometer wir absolviert hatten, gemäss Wegweiser müssten es jedoch etwa 107 km gewesen sein und gemäss Martina waren wir über acht Stunden (Nettofahrzeit) unterwegs. Entsprechend kaputt waren wir und einiermassen überrascht, dass wir trotzt einigen Stunden Steigungen über 100 km geschafft hatten (den Bajadas sei Dank).Wie sich's gehört begann auch der nächste Tag mit einem Hügel. Die Strasse war immer noch in gutem Zustand und führte hauptsächlich durch Mais- und Kartoffelfelder. Vergeblich versuchte ich, hübsche, rot-schwarze Vögel zu fotografieren. Die konnten zwar jeweils lange in einem Busch sitzen, kaum zückte ich die Kamera, waren sie weg. Soviel zu meinem Talent als Fotografin. Noch am frühen Vormittag hatten wir die Passhöhe erreicht, machten kurz Pause und bestaunten dann die vor uns liegende Abahrt zum Río Marañon. Wir befanden uns da vermutlich auf ca. 3'200 m.ü.M., gemäss Information von anderen Velofahrern liegt der Fluss auf etwa 800 m, der Pass danach soll mit 3'600 m der höchste Punkt des Departament Amazonas sein. Mit anderen Worten, es lag eine Abfahrt der Extraklasse vor uns und danach die Steigung mit den meisten Höhenmetern, die wir je zu bewältigen gehabt hatten.
Aussicht vom Pass ins Tal des Río Marañon.
Und los ging's. Auf dieser Strecke hatte man die Wahl zwischen schnellem Runterfetzen und hübsche Blumen am Strassenrand sehen. Beides gleichzeitig erweis sich als sehr tricky, da man sich ja auch auf die Strasse konzentrieren musste (daneben ging es sehr steil abwärts). Ab und zu klappte die Kooradination jedoch, dann gab es z.B. solche Blumen zu sehen. Schöne Blumen auf dem Weg ins Tal.
Diese Seite des Passes war zwar völlig anders als die Seite von Celendin, Landwirtschaft wird jedoch auch betrieben. Swischen Cajamarca und Celendín hatte es zu meiner Überraschung sogar einige alte Traktoren gegeben. So fortschrittlich ist man hier noch nicht, hier wurde nach altbewährter Methode mit Stieren- oder Ochsengespannen gepflügt.
Hier gibt's keinen Traktor.
Der ein oder andere Halt wegen leuchtenden Blumen brachte noch andere faszinierende Beobachtungen mit sich. Z.B. dieser "Kugelstösser"-Käfer. Keine Ahnung, wie der richtig heisst, obwohl ich schon von diesen schrägen Typen gehört habe. Dieser hier war denn auch wie im Dokumentarfilm damit beschäftigt, eine Erdkugel, die viel grosser ist als er selber rückwärts durch die Welt zu schieben. Und da die Welt bekanntlich nicht total flach und eben ist, hatte er seine liebe Müh und Not, seine Kugel durch all die Rinnen über all die Erdwällchen zu stossen. Wenn er sich seinen Weg zuvor ausgekundschaftet hätte, wäre das mit ein paar kleinen Kurven und Umweglein bedeutend einfacher gegangen, aber auf die Idee kommen Käfer offenbar nicht.
Auch er bei schwerer Arbeit: "Kugelstoss"-Käfer.
Zumindest im Moment war unser Job noch leichter. Es ging noch kilometerweise bergab, meistens nicht sehr steil und je länger je heisser aber es ging bergab und kostete damit kaum Kaft. Je weiter wir ins Tal hinunterkamen, desto trockener und brauner wurde die Landschaft, bis fast nur noch Kakteen und Dornbüsche wuchsen. Einzige Ausnahmen bildeten einige Häuser, dort gab es Wasser und war alles grün. Dort gab es ausserdem agressive Hunde, die uns am liebsten fressen wollten. Bergab waren wir aber schneller und konnten ihnen die Zunge rausstrecken. Pech hatten die Schnellfahrer dort, wo es vor Häusern Schwellen gab. Und zwar ganz fiese, die dieselbe Farbe hatten wie die Erde der Strasse und damit kaum sichtbar waren. So war die eine oder andere Vollbremsung nötig um sich nicht die Felgen zu zerstören oder irgendwohin davonzufliegen. Frontalcrashes gab es auf dieser Bajada ohnehin ein paar. Meistens mit Schmetterlingen, die davon hoffentlich keinen Schaden davontrugen.
Río Marañon.
Kurz vor Mittag hatten wir den Fluss erreicht, überquerten die Brücke und waren schweissgebadet. In einem kleinen Dorf gab es einen Polizeiposten mit obligatorischer Kontrolle. Dann durften wir netterweise im Schatten des Polizeigebäudes Zmittag essen, in der Sonne hätten wir das nicht überlebt. Unser Käse war auch so schon fast tot, bzw. war zu Streichkäse mutiert. Vor dem Polizeiposten gab es auch ein Klo mit integrierter Dusche, wo wir Wasser tanken und uns kurz waschen konnten. Jede Bewegung führte zu Schweissausbrüchen. Und so sollten wir diese Steigung hochkommen??? Das waren immerhin um die 2'800 m, die wir hier raufmussten...
Zu Beginn war die Strasse zum Glück noch nicht steil und führte an einigen Stellen unter schönen alten Mangobäumen durch, die dunkle Schatten warfen. Als wir wieder in praller Sonne fuhren, meinten wir, bald verglühen zu müssen. An einem Bächli konnten wir die T-Shirts tauchen, das kühlt am effizientesten ab. Wir hatten etwa drei Kilometer geschafft als wir an einem Haus vorbeigefahren waren und wir gerade beratschlagten, ob wir fragen sollten, ob wir dort campen könnten, als die Leute uns zurückriefen und uns je eine Mango schenkten. Wow, mega nett. Unsere Frage nach einem "Campingplatz" wurde dann auch enthusiastisch bejaht. Der ältere Herr, mit dem wir redeten, stellte sich als (ehemaliger) Polizeigeneral vor, der auch einmal die Schweiz besucht hatte. Was ihn dort anscheinend sehr beeindruckt hatte, war, dass alles Wasser trinkbar ist, ausser es steht etwas anderes angeschrieben:-)
Unsere neuen Freunde luden uns zu einem Bad im nahen Bach ein, was natürlich gerade recht kam. Mann, tat das gut. Ausserdem war es auch äusserst unterhaltsam, mit einem peruansichen General und seiner Tochter im Flüssli zu plantschen und dabei aufzupassen, nicht von der Strömung mitgerissen zu werden. Was etwas unpraktisch war, war der viele Sand im Wasser, der isch überall mit einschlich. Da ich in Unterhosen und Top badete blieb mir dieser Sand auch recht lang erhalten. Erfrischt und entstaubt wurden wir mit zum Zvieri eingeladen und erfuhren dort, dass wir in einer Art kleinen christlichen Gemeinde gelandet waren, wo viel gebetet wurde. Und wo eine der besten heissen Schokolade in ganz Peru hergestellt wurde. Und zwar von A bis Z selber. Der Kakao wuchs zwischen all den Mangobäumen, wurde vor Ort getrocknet, geröstet und gemahlen (oder gepresst, oder was auch immer) und schmeckt auch wie man sich heisse Schokolade vorstellt. Genial.
Später nahmen wir an einer Art Gottesdienst teil, wo wir etwas über die Läuterung des ehemals nicht gerade zimperlichen Polizisten, der auch gegen den Sendero Luminoso gekämpft hatte, zum gläubigen Christen erfuhren. Interessant, was es hier so alles gibt. Auch das Abendessen war sehr fein, mit einem Agua de Anís, einer Art Aniswasser, ebenfalls selber hergestellt, und ebenfalls mega fein. Zum Schlafen war es uns immer noch fast zu heiss, auch im Seidenschlafsack schwitzten wir weiter.
Unsere Familie für einen Nachmittag/Abend,
Cintia, ihr Vater, der General und vier Hermanitas.
Um dieser Hitze zu entgehen, standen wir schon um halb fünf auf, schafften es jedoch nicht, vor sechs Uhr loszukommen. Logisch, bei so vielen netten Leuten, von denen man sich verabschieden muss. Gelohnt hat sich das frühe Wecken aber auf jeden Fall, die Temperaturen waren noch angenehm und unsere Gehirne wurden an jenem Tag nicht mehr so krass weichgekocht. Auch die Morgensonne liess sich noch aushalten, es blies ein leichter Wind und manchmal fanden wir kleine Bäche um uns abzukühlen. Glücklicherweise gab es auf dieser Strecke nicht viel Verkehr und die wenigen Autos und Laster waren zu unserem absoluten Unglauben sogar rücksichtsvoll und fuhren langsam vorbei! Ein Lastwagenfahrer, den wir ein paar Mal rauf und runterfahren sahen, schenkte uns sogar eine Mango und entschuldigte sich noch, weil er nur eine einzige hatte. Uf, wo sind wir hier denn gelandet?
Bis zum Mittag hatten wir einiges an Höhe gewonnen und waren der schlimmsten Hitze so enttronnen. Mühsam waren einzig die diversen Feuer, mit denen Buschland abgebrannt wurde und durch deren Rauch und Asche wir hindurch mussten. Aber dagegen gab es nichts zu unternehmen, da galt einfach Augen zu und durch. Oder besser Augen auf, man wollte ja nicht den Hang hinabstürzen.
Noch mehr schöne Blumen.
Die Strasse, die sich natürlich über mehrere Kilometer Breite des Berges hin und her wand, erlaubte so auch Aussicht in Seitentälter, die unterschiedlich grün waren und von verschiedenen Pflanzen bewachsen wurden. Auch die Perspektive des Blicks ins Tal wandelte sich ständig, so wurde einem nie langweilig. Ausserdem war da natürlich noch die Strasse auf der anderen Talseite, auf der am Vortag runtergebrettert waren. Sich vorzustellen, wo ma dort jetzt ungefähr wäre, war jedoch eher frustrierend, man meinte, überhaupt nicht vorwärtszukommen. Stimmt jedoch nicht, bis zum spätren Nachmittag hatten wir 33 Kilometer geschafft als wir bei einem Restaurant fragten, ob es irgendwo einen flachen Platz zum campen gäbe. Den gab es sogar, gleich ein paar Meter weiter mit super Aussicht ins Tal. Cool, also blieben wir dort und unterhielten die staunende Kinderschar, die uns beim Zeltaufstellen und Kochen nicht aus den Augen liess.
Der nächste Morgen kam bald und uns blieben noch 27 Kilometer bis zur Passhöhe. Bis etwa halb zwölf hatten wir auch das geschafft und stellten fest, dass es dort oben eher kühl war. Ja logisch, auf dieser Höhe war es noch immer kalt gewesen, nach der Hitze im Tal hatten wir uns das einfach nicht mehr vorstellen können. Da wir uns das zeitlich locker leisten konnten, bis zum Dorf Leymebamba ging es nur noch abwärts, hielten wir Siesta und genossen die Stille in der Höhe.
Nach dieser Strecke mit tropischen Pflanzen glaubten wir uns auf der anderen Seite wieder in die Schweiz gebeamt. Klar, einige Details wie Baustiel der Häuser und Baumarten stimmten nicht ganz, im Grossen und Ganzen könnte die Landschaft jedoch in der Schweiz liegen. Wir flitzen durch ein paar winzige Dörflein und standen um etwa halb drei in Leymebamba auf der Plaza. Wir wollten dort übernachten, da es dort einiges zu sehen gab. Ausser einem Museum war uns ein schöner Wasserfall und die Laguna de los Cóndores empohlen worden. Wie sich dann aber leider herausstelle, würde man für einen Besuch der Lagune mindestens drei Tage und einen Führer brauchen und der Wasserfall befand sich gar nicht in der Nähe. So blieb das Museum, das wir für den nächsten Morgen einplanten.
Könnte doch fast in der Schweiz sein.
Und das es dann auch Wert war, 4.5 km den Hügel hinauf zurückzufahren. Ausgestellt waren dort diverse Gegenstände (Keramik-Gefässe, Textilien, Werkzeuge, geschnitzte Figuren) der Chachapoya-Kultur, die sich nach der Eroberung durch die Inkas mit der Inka-Kultur vermischt hatte. Bei der Laguna de los Cóndores hatte man zahlreiche Mumien gefunden, die jetzt auch im Museum zu bestaunen waren. Interessanterweise waren die Chachapoyas hellhäutige, grosse Menschen gewesen, offenbar europäischen Ursprungs. Im Museum wurde die Frage, woher diese Leute denn wohl gekommen waren, jedoch nicht beantwortet.
Schräge Typen gibt's da...
Am selben Tag kurz nach Mittag fuhren wir weiter in Richtung Tingo, dem Ausgangspunkt für die Besichtigung von Kuelap, einer der bedeutendsten Ruinen im Norden Perus. Das war eine ruhige, mehrheitlich abfallende Halbtagesetape entlang dem Río Utcubamba. Das Flusstal war grün, hübsch aber nicht weiter spektakulär. In Tingo fanden wir eine günstige Unterkunft mit überraschen bequemen Betten. Schon bald stellte sich jedoch heraus, dass die Sache mit dem versprochenen heissen Wasser einmal mehr nicht funktionierte. Aber ok, kalte Duschen sind nichts Neues. Blöder war, dass, als Martina unter der Dusch stand, bald gar kein Wasser mehr kam. Auf meine Nachfrage hin reagierten die Señoritas des Hostales nicht weiter überrascht und brachten einen Eimer Wasser ins Zimmer. Offenbar sind Unterbrüche in der Wasserversorgung hier keine Seltenheit.
Da wir unsere Frühstücks-Haferflocken langsam aber sicher extrem satt haben, hatten wir zum Zmorge Sandwiches und Kaffee bestellt, auf 6 Uhr, immerhin erwarteten uns drei Stunden Aufstieg nach Kuelap. Als um 6.10 Uhr noch niemand in der Küche stand, begnügten wir uns mit unseren öden Avenas und waren eine halbe Stunde später abmarschbereit. Inzwischen war auch die Küche bevölkert, so cancellten wir das bestellte Frühstück und legten los. Trotzt der morgendlichen eher kühlen Temperaturen waren wir bald klatschnass geschwitzt, der Weg war aber auch blödsinnig steil. Und schon bald stellte ich fest, dass mein Magen durch irgendetwas beleidigt war, hatte aber keine Ahnung, was das Problem sein könnte. Je weiter wir hochstiegen, desto mieser ging es mir, ich hatte Rückenschmerzen, keine Energie, war total kaputt. So brauchten wir denn auch insgesammt dreieinhalb Stunden bis wir die Festung endlich erreicht hatten.
Kuelap Haupteingang.
Das nächste Problem bestand darin, Tickets zu kaufen. Offenbar gab es nur beim Parkplatz eine Verkaufsstelle, die befand sich aber weitere 20 Minuten Fussmarsch vom Eingang entfernt. No way! Wir würden ganz gewiss nicht weitere 40 Minuten in der Gegend rumlatschen. Schliesslich trafen wir einen netten Angestellten der Anlage, bei dem wir die Eintrittsgebühr entrichten konnten, wenn auch ohne im Gegenzug ein Ticket zu erhalten. Aber wir sind hier in Peru, also kein Problem. Wir fanden auch prompt eine Führerin, die uns eine gute Stunde die Anlage zeigte und erläuterte.
Gemäss den Archäologen hatten hier in der Blütezeit der Chachapoya-Kultur 3'000-4'000 Menschen gewohnt, in kreisförmigen Wohngebäuden, die alle gleich eingerichtet waren. Es gab einen Eingang, eine Art erhöhte Plattform (als Bett?), einen Stein, der zum Getreidemahlen diente und ein oder mehrere ebenfalls kreisförmige Löcher, die als Grabstätte dienten. Die Viviendas waren aussen mit geometrischen Mustern verziert, die den gesellschaftlichen Rang der Bewohner anzeigten.
Viviendas, Wohngebäude in Kuelap.
Auf unserem Rundgang trafen wir noch Archäologen bei Ausgrabungen und konnten eine interessante Unterhaltung zwischen ihnen und unserer Führerin verfolgen. Erst ging es um den Ursprung eines Gebäudes, das bis anhin als Chachapoya-Architektur klassiert wurde, jetzt aber zum Inka-Stil zugehörig bezeichnet wurde. Die Inka hatten Kuelap erobert, aber nicht zerstört. Sie hatten es bewohnt und weitere Gebäude errichtet, aber keine runden, sondern rechteckige. Als die Spanier hier aufkreuzten, verbündeten sich die sich von den Inkas unterdrückt fühlenden Chahapoya mit ihnen und halfen ihnen, die Inkas zu besiegen. Dumm nur, dass die Spanier die Unterdrückung danach fortsetzten.
Soweit so gut, das war noch nicht überrachend. Als sich die Konversation zu Gebräuchen verschiedener Amazonas-Stämmen wandte, wurde es interessanter. Anscheinend sei hier Kannibalismus weit verbreitet gewesen. Und das nicht in grauer Vorzeit, sondern bis von 20-30 Jahren. Belege dafür gäbe es zwar keine, aber an den unzähligen Legenden und Berichten muss wohl etwas Wahres sein. Bei vielen Hochkulturen in Lateinamerika (Inka, Maya, Azteken) waren auch Menschenopfer üblich und unsere Füherin vermutete, dass da teilweise auch ein gewisser Kannibalismus dahintersteckte. Schön, schön, ich hatte ja auch schon Stories von menschenfressenden Urwaldbewohnern gehört, wirklich geglaubt hatte ich das bisher jedoch nicht.
Vivienda reconstruida, rekonstruiertes Wohngebäude.
Bald nach Ende der Führung machten wir uns auf den Rückweg. Graue Wolken drohten und wir hatten keine Lust, diesen steilen, wenn nass bestimmt äusserst glitschigen Weg bei Regen runterzuklettern. Inzwischen waren mein Kopf und Rücken in so üblem Zustand, dass ich weder nach links noch nach rechts schauen konnte und jeder Schritt schmerzte. So schlich ich langsam den Berg runter und wünschte mir, nie da raufgewandert zu sein. Zurück in Tingo löste eine Erkältungs-Tablette das Problem verblüffend schnell, das Problem mit dem fliessenden Wasser hingegen schien unlösbar zu sein. Jedenfalls war nichts mehr mit kalter Dusche, eine Katzenwäche mit Lappen und Flasche war das höchste der Gefühle.
Als wir am nächsten Morgen unsere Velos packen wollten, machte Martina eine schreckliche Entdeckung. Unsere Velos waren fort! Weg, fort, gestohlen!! Natürlich nicht die grossen, teuren Stahlrösser, sondern jene etwa 4 cm kleinen Drahtvelölis, die wir für je 50 Cent in Cusco gekauft und an den Lenkern befestigt hatten. Oh Schreck, ich hatte an diesem winzigem Velo solche Freude gehabt, jetzt hat es irgend so ein kleiner mieser, fieser Dieb! Leider wussten wir nicht, ob die evtl. schon seit Leymebamba gefehlt hatten und konnten darum keinen Aufstand veranstalten. Aber auch dort hatte es im Hostal einen Jungen gehabt, der sehr an unseren Velos interessiert gewesen war, ist also schon möglich, dass die Velölis dort geblieben sind. Ah Shit!!!
Die nächsten 23 km führten uns weiter sanft bergab durchs Utcubamba-Flusstal bis zur Abzweigung nach Chachapoyas. Hier begann der Asphalt und die Subida, 15 km Steigung bis zur Stadt, kombiniert mit schön warmen Temperaturen. Aber was sind schon 15 km? Klar, wir schwitzten und hatten Durst, aber irgendwann hatten wir die Aussenquartiere der Stadt erreicht, wo ich mir die Autowaschanlagen merken konnte, um später den Staub aus meiner Schaltung zu waschen. Dann war der Asphalt fertig und es folgten ein paar hundert Meter übelste Steinpiste, dann eine steile Steigung auf Betonplatten und schon waren wir im Zentrum der Stadt. Nach einigem Suchen hatten wir sogar eine hübsche Unterkunft gefunden, nicht supergünstig aber dafür sympatisch. Hier sind zwei Tage Pause geplant, dann geht's endgültig in die Tropen und vor allem in Richtung Ecuador.