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Ende September hatte ich im Rahmen des Berlin Marathons die Gelegenheit, mit dem Ausnahmesportler Joey Kelly zu sprechen. In der Cheer Zone von Holiday Inn hat er mir seine Top-Tipps für die Regeneration nach solch einem anstrengenden Lauf wie dem Marathon verraten und erzählt, wie er sich für die Herausforderung Laufen motiviert.

Interview mit Joey Kelly beim Berlin Marathon 2014

1. Wie man am besten regeniert.

Joey, was empfiehlst du den Finishern eines Marathons zur Regeneration?

Als erstes sollte der Läufer es natürlich genießen, dass er Marathon in Berlin geschafft hat! Das ist der schnellste Marathon der Welt und einer von den Big 5, also einer von den ganz, ganz wichtigen Marathons, bei dem 40.000 Menschen starten. Man soll stolz auf sich sein – Hauptsache gefinished und geschafft, und dann ab in die Wanne. Der Muskelkater kommt natürlich und deshalb ist ein muskelentspannendes Bad sehr wichtig für die Regeneration.

Warm oder kalt?

Warm natürlich. Was auch hilft, ist die Sauna, weil sie die Muskulatur erwärmt und dabei die Laktate besser abgebaut werden. Meiner Meinung nach ist das ganz wichtig! Und sonst die Füße hoch. Was auch natürlich super ist, wenn man halt entsprechend sich massieren lässt, natürlich nicht so hart, vielleicht nicht heute, sondern morgen/übermorgen und dann vielleicht ein bisschen wandern gehn, vielleicht morgens so 15-20 min. durchwandern, dass der Körper halt entsprechend wieder in Bewegung kommt. Das würde ich empfehlen.

2. Flüssigkeit nicht unterschätzen & sich selbst belohnen!

Nach solch einer Anstrengung wie einem Marathon, hilft es auf jeden Fall, wenn man viel Flüssigkeit trinkt, denn der Körper hat auf den 40 Kilometern viel Flüssigkeit verloren. Auch eine warme Suppe tut gut; aber natürlich kann man auch andere Sachen essen. Man darf sich ruhig mit guten Nahrungsmitteln belohnen. Ich würde nach dem Marathon vielleicht ein alkoholfreies Bier trinke – bloß keines mit Alkohol, denn der schießt direkt in den Kopf!

Interview mit Joey Kelly beim Berlin Marathon 2014 Interview mit Joey Kelly beim Berlin Marathon 2014

3. Über die eigenen Grenzen gehen macht Spaß

Joey, du läufst extrem viel; wie schaffst du das?

Laufen macht mir unheimlich viel Spaß – und Spaß ist natürlich auch ein guter Motivationsfaktor! Ich laufe viele Wettkämpfe – auch viele lange – aber natürlich habe auch ich mal mit einem kleinen Wettkampf angefangen. Dann kam die Steigerung auf Marathon, Iron Man, Wüstenläufe und dann die Läufe, bei denen ich selbst nicht gedacht hätte, dass ich 200 Kilometer am Stück laufen kann. Die meisten Läufer, die zum ersten Mal einen Marathon laufen, haben vorher aber auch nicht geglaubt, dass sie die 42 Kilometer finishen können. Und doch kommen 95 % aller Marathon-Teilnehmer ins Ziel und sind wahnsinnig stolz. Unser Körper hat immer mehr Reserven, als wir denken. Und die kann er auch rausholen!

4. Motivation durch Zwischenziele

Wie motivierst du dich für lange Läufe – zum Beispiel für einen 200-Kilometer-Lauf, bei dem du wirklich lange unterwegs bist?

Man darf das Ziel vor Augen nicht vergessen. Am besten sind Zwischenziele, wie etwa eine Stunde. Nimm zum Beispiel die Läufer, die hier beim Berlin Marathon gerade an uns vorbeilaufen. Einige werden sich wirklich motivieren müssen, damit sie jetzt nicht gleich abbrechen bei Kilometer 35. Hier gibt es U-Bahnen, Busse und Haltestellen und die Leute haben irgendwann so die Schnauze voll, dass sie denken, es das geht nicht mehr. Dabei haben sie eigentlich schon 3/4 hinter sich; aber wenn man nicht mehr kann, sind 7 Kilometer gefühlt die ganze Welt. Ich motiviere mich dadurch, dass ich den Wettkampf entsprechend aufteile, das heißt ich sage mir erstmal ich muss bis zu Kilometer 10 kommen. Dann habe ich 1/4 hinter mir, bis Kilometer 20 habe ich dann entsprechend 1/2, dann 3/4.

Also denkst du dann immer zur nächsten Etappe?

Ja, obwohl es manchmal nicht leicht ist. Die Distanz ist unvermeidbar, man weiß ja, dass der Marathon 42 Kilometer lang ist. Man kann ja nicht belügen und sagen “Der ist 30 Kilometer” – aber man versucht es zu verdrängen und zu sagen “Pass mal auf, 40 km ist das Ziel, aber ich will vor allem meine Zwischenziele erreichen” und genau das ist wichtig.

Interview mit Joey Kelly beim Berlin Marathon 2014 Interview mit Joey Kelly beim Berlin Marathon 2014

5. Die Hysterie des Körpers einplanen und überwinden

Gibt es bei dir überhaupt einen Punkt, an dem du denkst “Ich kann und will nicht mehr”?

Natürlich gibt es den. Ganz nah bei mir lebt noch der innere Schweinehund. Den hab ich leider noch nicht ausgelöscht. Erfahrung hilft natürlich, denn man weiß, dass hier und da Tiefpunkte kommen. Da ist viel Hysterie des Körpers im Spiel. Klar kann der Körper es eigentlich bis zum Ziel schaffen, wenn man gut trainiert ist, aber trotzdem kommt irgendwann die Verzweiflung. Man fragt sich: “Warum mach ich das? Was soll das? Was bringt das alles?”

Aber das gehört einfach zum Marathon. Ich finde, das Ziel ist umso schöner und umso größer, wenn man entsprechend dafür gekämpft und es geschafft hat; dieses fast undenkbare Ziel, für diejenigen, die ihren ersten Marathon beenden. Das verleiht einem selbst unwahrscheinlich viel Kraft und man ist sowohl privat und auch beruflich in jeder Form leistungsfähiger. Wer zum ersten Mal einen Marathon gelaufen ist, der hat körperliche und mentale Grenzen überschritten, was man bis dahin noch nicht kannte und genau das ist das Phänomen am Marathon.

Ist Marathon laufen “in” geworden?

Marathon ist ein Volkssport geworden – vor 30 Jahren sind hier in berlin vielleicht 1.000 Leute gestartet, heute ist die Veranstaltung mit 40.000 Teilnehmern innerhalb von ein paar Stunden ausverkauft und doppelt und dreifach so viele Menschen würden gerne mitmachen. In diesem Jahr gab es zum ersten mal eine Lotterie, bei der man sich anmelden musste – und nur in etwa jeder Zweite bekommt einen Teilnehmer-Slot. In London bewerben sich jedes Jahr sogar um die 250.000 Menschen weltweit. Bei so einem Laufevent muss man es immer und immer versuchen und hoffen, dass es irgendwann klappt und man die Chance dazu bekommt einen der Big 6 Marathons zu laufen: Tokio, Chicago, Boston, New York, Berlin und eben London.

Hast du deine Big 6 schon zusammen?

Nein, ich bin bis jetzt nur mehrmals in Berlin gelaufen. Aber ich würde New York gerne mal laufen und Chicago wäre auch schön, genauso wie Boston. Tokio fände ich auch interessant, da ich noch nie in Japan war.

Wie viele Wettkämpfe bestreitest du im Jahr?

Ich mache zwischen 8 und 12 Wettkämpfen im Jahr. Ich weiß, das ist ein bisschen viel und man sollte im Jahr vielleicht zwei Marathons laufen und nicht alle 6 bis 8 Wochen einen, aber mir macht das Spaß. Ich mache auch viele Ultrawettkämpfe; das sind längere Wettkämpfe, gerne auch Wüstenläufe. Im Dezember habe ich in Südafrika/Namibia einen 350 Kilometer Wüstenlauf. Es wird hart und es wird weh tun, aber ich freu mich!

6. Wo wir im nächsten Jahr starten sollten!

Hast du ein paar Marathon-Empfehlungen für uns?

Na klar! Wer in Deutschland bleiben möchte, dem würde ich Hamburg oder Köln vorschlagen – die sind beide sehr gut organisiert und wirklich gut. Im Ausland gibt es viele kleine Marathons, die wirklich schön und sehenswert sind; z. B. der Florenz Marathon ist richtig gut. Ansonsten soll Paris sehr schön sein und natürlich London. In Europa gibt es wirklich genügend tolle Veranstaltungen – wer eine weite Reise auf sich nehmen will, für den ist natürlich auch der New York Marathon etwas.

 


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