Butterkrise: Die Norweger kriegen ihr Fett weg

Es klingt ein bisschen wie die Geschichten der Großeltern, inzwischen Urgroßeltern, damals nach dem Krieg, als die Leute ihr Tafelsilber oder die Pelzmütze gegen ein Pfund Butter eingetauscht haben. Aber die Geschichte ganz aktuell: In Norwegen ist die Butter derzeit knapp. Es werden Preise von mehreren Tausend Kronen pro Pfund Butter verlangt (das heißt aber nicht, dass sie bezahlt werden), das ist selbst für die wohlhabenden Norweger, die an ein entsprechendes Preisniveau gewöhnt sind, ziemlich viel. Und das, wo der Trend zu mehr Fett im Essen geht, denn derzeit werden die Kohlehydrate beschuldigt, die eigentlichen Dickmacher zu sein. Dagegen stehen Sahne, Butter, und alles, was daraus gemacht wird, gerade hoch im Kurs. Deshalb verbrauchen die Norweger in diesem Jahr 30 Prozent mehr Butter und gleichzeitig gaben die durch den verregneten Sommer deprimierten nordischen Kühe weniger Milch.

Butterkrise: Die Norweger kriegen ihr Fett weg

Norwegische Familie - Skulptur im Vigeland Park, Oslo

Das haben sie nun davon, die Norweger, die mit ihren strengen Milchquoten und hohen Einfuhrzöllen ihre Landwirtschaft regulieren! Mal eben flexibel auf veränderte Konsumgewohnheiten reagieren ist da nicht drin. Zwar wurde der Butterzoll kurzfristig gesenkt, aber nur bis Ende des Jahres. Dafür leitet wohl kaum ein ausländischer Produzent seine Waren um, die er in diesem Jahr auch wo anders los wird. Das ruft Schmuggler auf den Plan, an der norwegischen Grenze wurden schon Autos voller Butterpäckchen gestoppt. Natürlich beschlagnahmten die Zöllner das Schmuggelgut.

Originell finde ich auch eine andere Begründung der Butterkrise: In der Frankfurter Rundschau wird zu diesem Thema ein Vertreter der norwegischen Molkerei Synode Finden zitiert: „Tines Auftrag ist, den Verbrauchern Milch und Butter zu geben. Aber sie denken kommerziell“. Tine habe einen Teil der Milch abgezweigt, um Käse in die USA zu exportieren, statt die einheimischen Plätzchenbäcker zu versorgen.

Das ist interessant, denn meines Wissens handelt es sich auch beim Nicht-EU-Land Norwegen um ein marktwirtschaftlich organisiertes Land. Norwegen ist zwar eine konstitutionelle Monarchie mit König und so weiter, aber das parlamentarische Regierungssystem ist vorbildlich demokratisch, mit einem hohen Frauenanteil und allem was dazu gehört. Und soweit ich weiß, ist Norwegen zwar sozialstaatlich sehr gut ausgebaut, aber der Kapitalismus wurde dort nie abgeschafft, weder offiziell, noch inoffiziell. Warum sollten Unternehmen dort dann nicht kommerziell denken?

Gut, ich hab mal recherchiert, die Molkerei-Genossenschaft Tine ist auf dem norwegischen Milch- und Buttermarkt quasi Monopolist, wobei Tine eine Art Regulatorenrolle auf diesem Markt spielen soll: Tine muss den Bauern ihre Milch abnehmen und im ganzen Land zu einheitlichen Preisen die Versorgung sichern. Aber hier ist wunderschön zu sehen, dass der Markt selbst dann versagen kann, wenn die Spielregeln sehr genau vorgeschrieben sind und er nicht so richtig frei ist. Die Freier-Markt-Fetischisten werden jetzt in die Hände klatschen und frohlocken – regulierte Märkte sind halt nicht flexibel. Was für die Bauern meistens gut ist, weil sie ja auf jeden Fall den festgelegten Mindestpreis bekommen, ist für die Verbraucher in diesen Fall blöd, weil sie eben nicht mehr zum mehr oder weniger günstigen Einheitspreis einkaufen können. So etwas hat man ja auch zu DDR-Zeiten immer wieder gehört – was man so zum Leben brauchte, gab es zum günstigen Einheitspreis oder halt gar nicht. Und dann musste man pfiffig sein und irgendwas „organisieren“.

Vielleicht sollten die deutschen Krabbenfischer, die gerade reihenweise pleite gehen, weil es in der Nordsee in diesem Jahr zu viele Krabben gibt – und die nimmt ihnen keine staatliche Krabbengenossenschaft zu garantieren Festpreisen ab, sondern nur die beiden marktbeherrschenden Großabnehmer Klaas Puul und Heiploeg zu Niedrigstpreisen (von denen die Verbraucher aber auch nichts merken, die Krabben bei Aldi oder Rewe kosten genauso viel wie eh und je) – puh, langer Einschub, also vielleicht sollten die Krabbenfischer einfach nach Norwegen fahren und für die darbenden Norweger Butterfahrten veranstalten.



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