Bunt in Bundi – das richtige Holi

Von Florian R

Die Hindukultur kennt viele Feste und Festivals, doch das wohl Berühmteste ist Holi – das Fest der Farben. Holi ist sogar zum Exportschlager geworden. Überall in Europa und vor allem in Deutschland finden reihenweise Holi-Festivals statt. Doch ich behaupte mal, dass die meisten der Teilnehmer nicht die geringste Ahnung haben, worum es bei Holi geht, denn Holi in Europa bedeutet vor allem, sich mit Farbbeuteln zu beschmeißen.

Seitdem ich das erste Mal in Indien war und Erzählungen von Holi hörte, wollte ich es einmal in Indien erleben. Das war definitiv eine der Sachen, die auf meiner Lebens- To Do –Liste stand. Doch wo soll man Holi feiern? Ich musste nicht lange überlegen an welchem Ort ich das wollte: Bundi! Diese kleine Stadt im südlichen Zipfel von Rajasthan, in die ich mich, als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal hier war, so unendlich verliebt hatte. Und ich muss sagen, es war genau die richtige Entscheidung!

Magisches Bundi


 Aber nun erstmal über Holi im Allgemeinen: Holi ist das Fest des Frühlings. Gefeiert wird der Sieg des Frühlings über den Winter, oder wie die Inder es gerne sagen, das Gute und Schöne siegt über das Böse und Hässliche. Holi dauert meist 2 Tage, kann aber auch bis zu 10 Tagen in manchen Regionen Indiens andauern. Holi gilt in Indien trotz seiner geringen hinduistischen Bedeutung als eines der wichtigsten Feste. Das kann man schon Tage vor dem eigentlichen Beginn spüren. Irgendwie ist jeder aufgeregt und die ohnehin schon sehr freundlichen und immer lachenden Inder lachen noch viel mehr. Warum Holi so bedeutsam ist, kann man sehr einfach erklären: An Holi gibt es keine Beschränkungen, egal von welcher Kaste man kommt, an Holi sind alle gleich und selbst wenn im modernen Indien das Kastensystem längst seine Bedeutung verloren hat, wissen die Menschen diese zwei Tage sehr zu schätzen. An Holi darf ein Angehöriger der niedrigsten Kaste (auch untouchebles genannt) einem Angehörigen der höchsten Kaste (Brahmin) mit Farbe bewerfen und das war zu früheren Zeiten wirklich ein Ereignis.

Aber bevor wir zum werfen mit Farben kommen, erstmal der Reihe nach: Holi beginnt am Abend des ersten Tages. In Bundi fingen die Menschen an mit Farben und bunten Blüten Bilder auf die Straßen zu malen. Unglaubliche Szenen haben sie zusammen gezaubert, Bilder von Göttern, Tempeln und viele andere Dinge. Dabei hat die ganze Stadt zusammen gearbeitet, jung und alt, arm und reich, alle gemeinsam. Da viele Bilder auf die Straßen gezaubert wurden, wurde ich das Gefühl nicht los, dass es auch ein kleiner Wettbewerb ist, wer das Schönste daherzaubert. In der Mitte der Bilder stand meistens eine Figur aus Stroh und als die Sonne unter ging, wurden diese auch prompt angezündet. Feuer überall in der Stadt, in jeder kleinen Gasse brannte nun eine Strohfigur. Eine traumhafte Szenerie.

Das war es dann aber auch schon mit dem ersten Tag Holi. Alle machten sich ziemlich schnell ins Bett denn, der zweite Tag Holi ist nichts für Spätaufsteher. Für mich ging es um 5 Uhr morgens los. Mit der Familie des Guesthouse-Besitzers, die ich seit meinem ersten Besuch in Bundi kenne, ging es zum Tempel. 3h Gesang und Mantras (Gebettexte) und vor allem Bang-Lassi und das muss ich jetzt erklären: Bang ist Marijuhana. Zur Herstellung von Bang wird die komplette Pflanze auf einem Stein mit Gewürzen zu einer Paste zerrieben und dann für Bang-Lassi mit Jogurt vermischt. Im Tempel gab es über die 3 Stunden ungefähr 2 Liter Bang-Lassi für mich und das auf nüchternen Magen. Wir waren also alle, ja sagen wir mal, sehr entspannt… Ich hatte ehrlich gesagt Probleme aufrecht zu sitzen und an stehen oder laufen war erst recht nicht zu denken. Nach drei Stunden war der spirtuelle Teil dann auch vorbei und jetzt hieß es Party! Als sich die Türen des Tempels öffneten und ich auf die Straße blickte war alles schon voll im Gange: hunderte von Leuten, die sich auf der Hauptstraße mit Farbpulver bewarfen und im Hintergrund laute, sehr laute Musik. Ein Bild das keine Kamera einfangen kann und das ich auch nur schwer beschreiben kann. Vielleicht gibt es ein Wort dafür: Magisch!!!

Natürlich war ich auch nicht unbewaffnet. Ich hatte in meinem Beutel rund 20 Tüten mit Farbpulver, also rein in den Trubel. Doch entgegen meiner Vorstellung, wird sich in Indien nicht mit dem Pulver beworfen, sondern es wird sich gegenseitig sehr liebevoll und mit viel Respekt mit der Hand ins Gesicht, Haare, Körper … ach überall halt, gestrichen. So ging es die nächsten 3h weiter. Pulver in die Hand und auftragen, egal ob man Denjenigen nun kennt oder nicht, und immer mit den freundlichen Worten „Happy Holi“. Nach den 3 Stunden war ich ganz schön fertig. So viel Körperkontakt ist anstrengend und der Bang-Lassi hatte immer noch seine Wirkung! Also machte ich mal eine Pause und setzte mich etwas versteckt an den Straßenrand und beobachtete nur.

Das war der Moment in dem ich den Zauber von Holi entdeckte. Inder sind ohnehin sehr freundlich und oft auch ausgelassen. Lachen gehört zur indischen Kultur wie Curry oder Chai. Doch die Freude in den Gesichtern an diesem einen Tag! Ich habe noch nie in meinem Leben soviel Freude und Glück gespürt wie an diesem Tag. Alte Männer, und ich meine wirklich alte Männer, die sich wie kleine Kinder gegenseitig mit Farbe einschmieren und zu typisch indischen Klängen ausgelassen tanzen. Das ist wirklich der Sieg des Guten über das Böse, wenn auch nur für ein paar Stunden an diesem einen Tag im März.

Um zwei Uhr war der ganze Spuck dann auch wieder vorbei und alle gingen nach Hause. Duschen! Irgendwie diese Farbe runter bekommen. Ich brauchte drei Duschen und es war immer noch alles Pink (Pink ist die Farbe die am meisten verwendet wird) und das Pink bleibt auch noch ein paar Tage. Und an manchen Dingen auch noch länger. In den Wochen nach Holi ist es mir öfter passiert, dass ich einen Geldschein in die Hand bekommen habe, der übersäht war mit pinken Punkten oder Fingerabdrücken und sofort war das Lachen und die Erinnerung zurück. Die Erinnerung an einen der schönsten Tage in meinem bisherigen Leben:

Holi-Festival am 17. März 2014 in Bundi