Bundeswehreinsätze im Inland: Urteil mit unabsehbaren Folgen

Bewaffnete Streitkräfte um das Volk in Schach zu halten, das gab es zuletzt 1945. Die Bundeswehr wehrt nicht wie die Polizei Gefahren ab. Ihre Aufgabe ist es, den Gegner zu vernichten und da außer uns gerade niemand da ist, sind wir, das Volk, dieser Gegner

Verantwortungsloses Urteil mit unabsehbaren FolgenMit ihrem letzten Urteil zum Einsatz einer Bundeswehr auch mit militärischen Waffen im Inneren, hat das Bundesverfassungsgerichts meiner persönlinen Meinung nach das Grundgesetz und die deutschen Bevölkerung verraten und an die Märkte verkauft. Dies schreibe ich nicht nur, weil ich es denke, sondern weil ich es womöglich nicht mehr lange werde tun dürfen in diesem Land. Unser Bundesverfassungsgericht ist die höchste und somit letzte Entscheidungsinstanz in diesem Lande und somit auch die einzige Institution, die uns vor korrupten Politikern, Lobbyisten und Konzernbossen schützen kann. Lobenswerter Weise hat es dies in der Vergangenheit auch getan. Die Entscheidung des Gerichts, einem Verzicht auf die fundamentalen Grundsätze unserer Verfassung zuzustimmen, muss daher sehr ernst und nachdenklich stimmen.

Verantwortungsloses Urteil mit unabsehbaren FolgenImmerhin muss nun damit gerechnet werden, dass Soldaten mit scharf aufmunitionierten Waffen künftig größere Demonstrationen begleiten und einschüchtern, weil irgendein Agent Provocateur aus den Reihen der Polizei wie schon so oft mit Steinen auf seine Kollegen wirft, wodurch das ganze zu einem bewaffneten Aufstand erklärt werden könnte. Beim Heimatschutz mischt die Bundeswehr bereits mit. Dort ist es ihre Aufgabe, als ‘Regionale Sicherungs- und Unterstützungskräfte’ im Fall eines ‘inneren Notstands’ sowohl feindliche Kombattanten als auch widerstrebende Bevölkerungsteile zu bekämpfen. Nun also auch offiziell und mit scharfer Munition. Es gibt sicherlich viele Menschen in Deutschland, die sich vom Bundesverfassungsgericht als dem einzigen und letzten Bollwerk gegen die heraufziehende Diktatur im Stich gelassen fühlen. Wenn auch nicht vom gesamten Gericht. Einer hielt Recht und Grundgesetz die Treue. Es war der Verfassungsrichter Prof. Dr. Reinhard Gaier, der in einem gut begründeten Sondervotum gegen die Entscheidung des restlichen Gerichts gestimmt hatte. Hier der Originaltext des Richters.

Das Sondervotum des Richters Prof. Dr. Reinhard Gaier

Das Grundgesetz in seiner gegenwärtigen Fassung schließt den Kampfeinsatz der Streitkräfte im Inneren mit spezifisch militärischen Waffen sowohl in Fällen des regionalen (Art. 35 Abs. 2 Satz 2 GG) wie in Fällen des überregionalen (Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG) Katastrophennotstandes aus. Mit seiner Antwort auf die zweite Vorlagefrage würdigt das Plenum weder hinreichend den Wortlaut der einschlägigen Verfassungsnormen unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte noch erfolgt eine systematische Auslegung mit Blick auf die Einheit der Verfassung als „vornehmstes Interpretationsprinzip“. Insoweit hat der Plenarbeschluss im Ergebnis die Wirkungen einer Verfassungsänderung.

1. Auch und gerade seitdem nach der Notstandsgesetzgebung anders als vor 1968 der Einsatz des Militärs im Inneren nicht mehr schlechthin unzulässig ist, bleibt strenge Restriktion geboten. Es ist sicherzustellen, dass die Streitkräfte niemals als innenpolitisches Machtinstrument eingesetzt werden. Abgesehen von dem extremen Ausnahmefall des Staatsnotstandes, in dem nur zur Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer als letztes Mittel auch Kampfeinsätze der Streitkräfte im Inland zulässig sind (Art. 87a Abs. 4 GG), bleibt die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit allein Aufgabe der Polizei. Ihre Funktion ist die der Gefahrenabwehr und nur über hierfür geeignete und erforderliche Waffen darf die Polizei verfügen; hingegen sind Kampfeinsätze der Streitkräfte auf die Vernichtung des Gegners gerichtet, was spezifisch militärische Bewaffnung notwendig macht. Mit dieser strikten Trennung zieht unsere Verfassung aus historischen Erfahrungen die gebotenen Konsequenzen und macht den grundsätzlichen Ausschluss der Streitkräfte von bewaffneten Einsätzen im Inland zu einem fundamentalen Prinzip des Staatswesens. Wer hieran etwas ändern will, muss die zu einer Verfassungsänderung erforderlichen parlamentarischen Mehrheiten für sich gewinnen, was Anfang 2009 nicht gelungen ist. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, hier korrigierend einzugreifen.

2. Dass ein Einsatz der Streitkräfte mit militärischer Bewaffnung in beiden Fällen des Katastrophennotstandes von Verfassungs wegen untersagt ist, lässt sich mit einer historischen Verfassungsinterpretation, vor allem aber mit einer systematischen Auslegung des Grundgesetzes begründen. Entgegen der Auffassung des Plenums hat der Rechtsausschuss des Bundestages im Rahmen der Notstandsgesetzgebung im Jahr 1968 eine klare Entscheidung getroffen und in seinem damaligen Bericht, der Grundlage für den Gesetzgebungsbeschluss des Bundestages zur Verfassungsänderung war, unmissverständlich vorgeschlagen, den Einsatz militärisch bewaffneter Streitkräfte auf den Staatsnotstand als eine besonders gefährdende Situation des inneren Notstandes (Art. 87a Abs. 4 GG) zu beschränken. Zudem lässt das Plenum völlig außer Acht, dass zur Zeit der Notstandsgesetzgebung eine weitergehende Zulassung des Einsatzes militärisch bewaffneter Einheiten der Streitkräfte im Inneren politisch nicht durchsetzbar gewesen wäre. Im Einklang damit steht die Systematik, die das Grundgesetz mit der Implementierung der „Notstandsverfassung“ erfahren hat. Die strikte Trennung der Regelung des Katastrophennotstandes einerseits von der des inneren Notstandes andererseits belegt, dass diese beiden Fälle des Streitkräfteeinsatzes im Inneren völlig unterschiedliche, sich nicht überschneidende Anwendungsbereiche haben und deshalb nicht durch die Zulassung spezifisch militärischer Bewaffnung auch in Fällen des Katastrophennotstandes vermengt werden dürfen. Zudem lässt auch der Umstand, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber mit der Bundesregierung einem Kollegialorgan die Zuständigkeit für die Einsatzentscheidung zuweist, nur den Schluss zu, dass er von vornherein den Einsatz spezifisch militärischer Waffen im Katastrophennotstand nicht für erforderlich hielt und damit auch nicht legitimieren wollte. Denn Gefährdungslagen, denen effektiv nur mit dem Einsatz solcher Waffen mit Vernichtungskraft begegnet werden kann, sind dadurch gekennzeichnet, dass ihrer Beseitigung jede zeitliche Verzögerung abträglich ist. Daher wäre die Betrauung eines in der Entscheidungsfindung vergleichsweise schwerfälligen Kollegialorgans mit der Initiativbefugnis zum Einschreiten gerade auch mit Blick auf die vom verfassungsändernden Gesetzgeber angestrebte „wirksame Bekämpfung“ dysfunktional.

3. Der Plenarbeschluss kann mit den von ihm entwickelten Kriterien eine Umgehung der engen Voraussetzungen des inneren Notstandes nach Art. 87a Abs. 4 GG durch die weniger strengen Voraussetzungen des Katastrophennotstandes nicht verhindern. Der Versuch der weiteren Eingrenzung des bewaffneten Streitkräfteeinsatzes durch das Erfordernis eines „unmittelbar bevorstehenden“ Schadenseintritts „von katastrophischen Dimensionen“ wird der nötigen Klarheit und Berechenbarkeit nicht gerecht. Es handelt sich um gänzlich unbestimmte, gerichtlich kaum effektiv kontrollierbare Kategorien, die in der täglichen Anwendungspraxis – etwa bei regierungskritischen Großdemonstrationen – viel Spielraum für subjektive Einschätzungen, wenn nicht gar voreilige Prognosen lassen. Das ist jedenfalls bei Inlandseinsätzen militärisch bewaffneter Streitkräfte nicht hinnehmbar. Im Schatten eines Arsenals militärischer Waffen kann freie Meinungsäußerung schwerlich gedeihen.

4. Im Übrigen bietet der durch den Plenarbeschluss nun erweiterte Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Inneren für den Schutz der Bevölkerung namentlich vor terroristischen Angriffen keine messbaren Vorteile. Zwar mag es danach nunmehr zulässig sein, dass Kampfflugzeuge unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 LuftSiG „Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben“. Die erfolgreiche Gefahrenabwehr durch solche Maßnahmen wird allerdings insbesondere in „Renegade“- Fällen deshalb wenig wahrscheinlich sein, weil der Abschuss von Flugzeugen, in denen sich Passagiere und Besatzungsmitglieder befinden, mit dem Grundrecht auf Leben in Verbindung mit der Garantie der Menschenwürde unvereinbar ist und unzulässig bleibt. Es kommt hinzu, dass – auch nach der Auffassung des Plenums – ohne Verfassungsänderung allein die Bundesregierung nach Maßgabe des Art. 35 Abs. 3 Satz 1 GG über den Einsatz militärischer Waffen gegen Luftfahrzeuge befinden kann, was angesichts des vergleichsweise kleinen deutschen Luftraums kaum jemals zu einer rechtzeitigen Maßnahme führen wird. Soll danach der Rahmen, den das materielle Verfassungsrecht für eine effektive Abwehr von Gefahren aus dem Luftraum lässt, genutzt werden, so ist trotz der nun erweiterten Zulässigkeit von Kampfeinsätzen eine Verfassungsänderung gleichwohl unvermeidlich.

Quelle:


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