Bundesgerichtshof: Zum Anspruch auf Vergütung für Kartenlegen

Bundesgerichtshof: Zum Anspruch auf Vergütung für Kartenlegen

© Stefan Bayer / pixelio.de

Eine Entscheidung in der Sache konnte der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Urteil am  13. Januar 2011 (Az. III ZR 87/10) noch nicht fällen, aber er hat doch einige grundlegende Fragen zur Vergütung einer Kartenlegerin beantwortet (und dabei auch Kriterien festgelegt, die auch auf andere vergleichbare Dienstleistungen anzuwenden sind):

Die von einer Kartenlegerin versprochene Leistung ist objektiv unmöglich. Eine Leistung ist objektiv unmöglich, wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik schlechthin nicht erbracht werden kann. So liegt es beim Versprechen des Einsatzes übernatürlicher, „magischer“ oder parapsychologischer Kräfte und Fähigkeiten. Dies dürfte dann nach den Ausführungen des BGH also auch über das Kartenlegen hinaus für solche Leistungen insgesamt gelten.

Aus der objektiven Unmöglichkeit der versprochenen Leistung folgt aber nicht zwingend, dass der Vergütungsanspruch derjenigen, die solche Leistungen verspricht, nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt. Die Vertragsparteien können im Rahmen der Vertragsfreiheit und in Anerkennung ihrer Selbstverantwortung wirksam vereinbaren, dass eine Seite sich – gegen Entgelt – dazu verpflichtet, Leistungen zu erbringen, deren Grundlagen und Wirkungen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft und Technik nicht erweislich sind, sondern nur einer inneren Überzeugung, einem dahingehenden Glauben oder einer irrationalen, für Dritte nicht nachvollziehbaren Haltung entsprechen.

„Erkauft“ sich jemand derartige Leistungen im Bewusstsein darüber, dass die Geeignetheit und Tauglichkeit dieser Leistungen zur Erreichung des von ihm gewünschten Erfolgs rational nicht erklärbar ist, so widerspricht es dem Inhalt und dem Zweck des Vertrags sowie den Motiven und Vorstellungen der Parteien, wenn der Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten nicht bestehen würde. Bei diesen Fällen kann man in der Regel davon ausgehen, dass die Kartenlegerin nach dem Willen der Parteien die vereinbarte Vergütung ungeachtet des Umstands, dass die „Tauglichkeit“ der erbrachten Leistung rational nicht nachweisbar ist, beanspruchen kann.

Allerdings muss im entschiedenen Fall noch der wirkliche Wille der Vertragsparteien durch das Berufungsgericht aufgeklärt werden.

Darüber hinaus wies der Bundesgerichtshof darauf hin, dass auch noch die Frage der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung nach § 138 BGB zu prüfen sei: Viele Personen, die derartige Verträge schließen, befänden sich in einer schwierigen Lebenssituation oder es handele sich bei ihnen um leichtgläubige, unerfahrene oder psychisch labile Menschen. Daher dürfen in solchen Fällen keine allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gestellt werden.

Nun mögen einige Leser sich fragen, wie ein solcher Fall zum BGH kommt, denn zunächst denkt man beim „Kartenlegen“ wohl eher an Rummelplatz und geringe Entgelte. Hier war es aber anders: Die Klägerin ist als Selbständige mit Gewerbeanmeldung tätig und bietet Lebensberatung („life coaching“), wobei sie ihre Ratschläge anhand der durch Kartenlegen gewonnenen Erkenntnisse erteilt. In einer durch Beziehungsprobleme ausgelösten Lebenskrise stieß der Beklagte im September 2007 auf die Klägerin. In der Folgezeit legte sie ihm am Telefon in vielen Fällen zu verschiedenen - privaten und beruflichen - Lebensfragen die Karten und gab Ratschläge. Hierfür zahlte der Beklagte im Jahr 2008 mehr als 35.000,00 EUR. Für im Januar 2009 erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin mit ihrer Klage 6.723,50 EUR. Wir reden also insgesamt über Entgelte von knapp 42.000,00 EUR.

Pressemitteilung Nr. 5/11 vom 13.1.2011.


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