Ein VCP Bundeslager ist für einen Pfadfinder neben Auslandsfahrten wohl das aufregendste was es zu erleben gibt. Alle vier Jahre veranstaltet der VCP (Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfin-der) ein solches Bundeslager, mit rund 5000 Teilnehmern. Dieses Jahr war es wieder soweit. Zehn Tage hatten Pfadfinder aus Deutschland sowie 250 internationale Gäste zusammen Spaß und versuchten in Almke (bei Wolfsburg, Niedersachsen) nachdem Lager-Motto „Leinen los – auf zu neuen Abenteuern“ ein nachhaltiges Lager zu gestalten. Hier bekommt ihr einen tollen Einblick in die zehn Lager-Tage: mein Bundeslager-Tagebuch. Hier aber erst ein kleines Wörterbuch: Stamm (Pfadfinder-Ortsverband), Sippe (Gruppe), Sipplinge (Mitglieder einer Gruppe), Oasen (Treffpunkte um abends zu feiern, was zu trinken und was zu essen).
1. Tag - Freitag, 30. Juli, Anreise Nach langer Vorbereitungszeit geht es endlich los. Die Teillager-Leitung von „Port Puree“ reiste bereits eine Woche vorher an. Nun folgte der Stamm. Am Nachmittag stiegen dann 25 Karlshulder Pfadis in den Bus nach Almke. Nach einer Fahrtzeit von 7 Stunden, 45 Minuten waren wir spätabends bereits endlich da. Vor dem Lagerplatz mussten wir erstmal warten, bis uns jemand zeigte, wo es überhaupt hingeht. Vor dem Lagerplatz hüpfte ich erstmal rum, weil ich mein Adrenalin nicht mehr zurückhalten konnte. Ich hatte schon ewig nicht mehr so viel Adrenalin und Glückshormone im Körper. Vor dem Lagerplatz erhalte ich von Viola und Pascal erstmal SMSen und Anrufe, wo wir sind und ob wir schon da sind. Dann geht es endlich los, wir betreten den Lagerplatz. Allerdings können wir nichts erkennen. Es ist finster wie die Nacht. Das Ausmaß des Lagers wird uns erst wohl am nächsten Tag klar. Die Zelte müssen wir gar nicht mehr aufbauen, da die Stammesführung bzw. die TL-Leitung so nett war und uns die Zelte bereits aufgebaut haben. Nach einer kurzen Begrüßung des Ratsherren (Teillager-Leitung) und Stammesführers Philipp, fielen die Sipplinge erstmal in ihre Schlafsäcke, die Ranger/Rover erklommen das Lager-Nachtleben.
2. Tag – Samstag, 31. Juli, Platzbegehung/ Singewettstreit im Teillager Am Morgen brach jeder auf, um den großen Lagerplatz zu erkunden. Ich begann mit meinen ersten Besuchen. So bestand mein Nachmittag größtenteils aus alten Pfadi-Freunde besuchen. Am Abend fand im Teillager der Auftakt des Bundeslager-Singewettstreits statt. Hier konnte man als Solo-Künstler oder Gruppe ein Lied performancen. Unterhaltsame Performances waren dabei. Nina trat aus unserem Stamm an und sang „Oasis – Wonderwall.“ Sie konnte zwar nicht den Endentscheid erreichen, aber dabei sein ist alles.
3. Tag – Sonntag, 01.August, Gottesdienst/ Internationaler AbendAm Sonntag fand standesgemäß ein großer Gottesdienst mit allen Lagerteilnehmern statt. Allerdings dauerte der Gottesdienst mit einer Dauer von über zwei Stunden viel zu lang. Nachdem Essen ging es für den ganzen Stamm ins Freibad, das gleich neben dem Lagerplatz lag. Die Bundeslager-Lagerleitung hat mit dem Freibad-Betreiber einen Tarif von 0,60 Euro pro Karte ausgehandelt. Schon mehr als günstig. Am Abend fand der Internationale Abend statt. Hier führten die Gastnationen aus Großbritannien, Südtirol, Mongolei, Israel, Rumänien, Schweiz, Russland und Finnland Stücke und Tänze, traditionell zu ihrer Kultur auf. Außerdem feierte der Weltpfadfinderverband der Frauen WAGGGS (World Association of Girl Guides and Girl Scouts) sein 100-jähriges. Nachdem plötzlich starker Regen aufbrach, beendete die Leitung die Veranstaltung. 5000 Pfadis machten sich wieder auf dem Weg zu ihren Zelten. Am Vormittag schauten wir beim Hajk-Büro „Alles muss raus“ vorbei. Dort buchten wir einen 2-Tages-Hajk von Dienstag auf Mittwoch, mit einer Streckenlänge von insgesamt 32 Kilometern. Meine Sipplinge äußerten bereits vor dem Bundeslager den Wunsch einen Hajk zu machen.
4. Tag – Montag, 02. August, FreiAm Nachmittag tauchten zwei junge Frauen von der Bundezentrale für gesundheitliche Aufklärung auf um uns über Folgen von Alkoholkonsum aufzuklären. Es waren viele Informationen dabei, allerdings für die Meisten nichts Neues. Es wurde ein Quiz mit Fragen gemacht, außerdem konnte man sich mit den Mädels über das Thema unterhalten. Der Abend stand zur freien Verfügung. Allerdings hieß es am Nachmittag für meine Sipplinge und mich noch Rucksack packen für den morgigen Hajk. Jeder konnte sich nochmal ein paar Tipps holen. Oberstes Gebot, so wenig wie möglich mitnehmen. Jedes Stück, was im Rucksack ist, ist unnötiger Ballast. Und Ballast können wir nicht gebrauchen.
5. Tag – Dienstag, 03. August, Hajk 1. TagNachdem Frühstück brach meine Sippe zum Hajk auf. Erstmal musste noch das Essen verteilt werden. Da uns die Hajk-Kiste die uns zugeteilt wurde, nicht vom Hocker haute, beauftragten wir die Stammesführung für uns einzukaufen. So nahmen wir eine gesunde Mischung aus Hajk-Kiste und Eigeneinkauf mit. Bevor es richtig losging, mussten wir uns erstmal im Hajkbüro melden und unsere Karte abholen. Dann konnte es richtig losgehen. Insgesamt schuftete meine Sippe satte 24 Kilometer an einem Tag weg. Um zu gestehen, zu getraut hätte ich es ihnen das nicht auf Anhieb. Auf alle Fälle konnte man so sich einen besseren Eindruck vom Land Niedersachsen machen. Niedersachsen ist sehr dünn besiedelt, hier gibt es gigantische Felder, viel größer als in Bayern. Die Menschen sind hier sehr nett. Allerdings gibt es dementsprechend auch wenig Supermärkte, Metzger und Bäcker. Also auf unserer Hajkroute kreuzte keines der drei genannten Geschäfte den Weg. Im Zielort Querenhorst gab es immerhin eine Tankstelle. Dort kauften wir uns zusätzlich zum knappwerdenden Brot, Semmeln dazu. Oder wie man im hohen Norden sagt, Brötchen. Bei einer Familie durften wir dann oben im Dachboden nächtigen, was einfach mal obergeil war. Stereo-Anlage, großer Tisch, kleiner Tisch im Eck zum Verweilen und viel Platz. Zwar hat es nachts leicht gezogen, aber das machte uns nicht viel aus. Nachdem wir eingekehrt sind, gab es erstmal Essen. Das klassische Hajkessen, Nudelsuppe und Ravioli. Nachdem erstmal gefuttert wurde, stand ein lässiger Abend an. Es wurde diskutiert, was alles in unsere Sippen-Kiste soll. Wir überlegen uns, eine Kiste für die Sippe anzuschaffen, in der alles drin ist, was man auf dem Lager immer braucht als Sippe. Außerdem spielten wir noch ein Spiel, bis sich um Mitternacht die ersten in ihre Schlafsäcke verabschiedeten. Die beiden Leiter gingen um halbzwei ins Bett, ebenfalls müde und leicht niedergeschlagen.
6. Tag – Mittwoch, 04. August, Hajk 2. Tag/ Teillager-Abend Am nächsten Morgen, hieß es erstmal ausschlafen. Nach einem stärkenden Frühstück, musste erstmal alles aufgeräumt werden. Alle packten ihre Sachen zusammen. Die Familie „gewährte“ uns Zugang zu ihren schönen Garten. Dort war die Hausente und der Hund der Familie die Attraktion. Nachdem wir uns nochmal herzlichst bei der Familie bedankt haben, brachen wir zu den letzten 8 Kilometern nach Almke auf. Nach deutlich weinigeren Pausen wie beim ersten Hajk-Tag kamen wir endlich am Lagerplatz an. Dort mussten wir uns noch einem Feedback-Gespräch im Hajkbüro unterziehen, ehe wird dann endlich in unsere Zelte zurückkehren konnten. Dort wurde erstmal alles wieder zum Urzustand gebracht. Jeder bezog seinen alten Platz und ging zum Duschen. Ich gönnte mir nach der Reinigung ein Händl im Teillager-Cafe Strebergarten. Denn unser Teillager-Cafe bot sensationeller weise Händl an. ¼ (1,50 Euro) und ½ (3,00 Euro), absolut super Preise. Am Abend stand dann der Teillager-Abend an. Unser TL-Abend war ein bisschen anders, als er eigentlich sein sollte. In der Oase „Treibgut“ sahen wir 750 Port „Püraten“ einen Film an. Der Film mit dem Titel „We Feed the World“ schockierte und informierte gleichermaßen. Der Film zeigte auf, wie verschwenderisch und unverantwortlich, allen voran die großen Industriestaaten mit Lebensmitteln umgehen. Pro Tag werden zwei Tonnen Brot (das zwei Tage alt ist) weggewerfen bzw. entsorgt. Insgesamt produzieren wir für 12 Milliarden Menschen Lebensmittel, knapp 7 Milliarden Einwohner haben wir. Trotzdem müssen Millionen von Menschen Hunger leiden und 800 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberen Trinkwasser. Zahlen die schockieren, aber leider die Wahrheit ganz hart darstellen. We Feed The World zeigt erfolgreich aber brutal auf, wie krank eigentlich unsere Menschheit ist. Der Nestle-Chef packt am Ende noch einen darauf. Er verwendet fast in jedem Satz das Wort „Geld“ oder „Profit“ Wenn Geld das einzige Problem unserer Menschheit ist, dann sieht man wie krankhaft wir sind und wie tief wir gesunken sind.
7. Tag, Donnerstag, 05. August, Wolfsburg-Tag, Stammesabend Der Wolfsburg-Tag stand an. Erstmal war ungewiss, was unsere Sippe an diesem Tag unternimmt in der VW-Stadt. David war so freundlich und buchte für seine und meine Sippe die Aktion „Autostadt“ im Ereignisfeld Stadt. So brachen wir nach einer kurzen Busfahrt auf zur Autostadt. Dieses Jahr feierte die Autostadt ihr 10-jähriges Bestehen. Erstmal fasziniert waren wir alle. So viel Glas, so tolle Architektur, hier muss also viel Geld reingesteckt worden sein. Die Tickets kosteten für Gruppen lediglich 4,00 Euro. So ging es los. Die Kinder durften die Autostadt selbstständig erkunden. Zwei Treffpunkte wurden ausgemacht, um zu prüfen ob alle noch da sind. Im VW-Pavillon schaute ich mir erstmal den meisterlichen VW Scirocco an. Mein absolutes Traumauto. Und irgendwann möchte mich mir meinen Traum mit viel Arbeit und vorhandenen Kapital erfüllen. Audi bot auch so einiges. Den RS5, Wert 70.000 Euro. Wir hatten die Ehre und durften mal die Sound-Anlage voll aufdrehen. Der A1 haute mich in der vor mir stehenden Ausstattung (25.000 Euro) nicht vom Hocker. Allerdings ist der A1 ein schnuckliges Auto, von dem ich mir schon vorstellen könnte, ihn zu fahren. Trotzdem würde ich ihm den Scirocco vorziehen. Das Old-Timer-Museum bot mit dem Audi80, dem VW Käfer und dem VW Bulli etliche alte Schönheiten. Dann war der Trip in der Autostadt schon wieder beendet. Dann entdeckten meine Sipplinge etwas Besonderes. In der Autostadt gab es die Möglichkeit kostenlos online zu gehen. Ich checkte kurz die PMs und ging kurz in Facebook, dann war es dann schon wieder. Dann ging es in die Stadt Wolfsburg selbst. Und wie man sich schon denken kann, führte der Weg zu McDonalds. Dort waren Horden von Pfadfindern. Wir holten uns die nötige Fleischration ab. Zufällig traf ich dann dort Anja, eine Grundkurs-Bekanntschaft an. Sie habe ich schon immer gesucht. Der Abend wurde schon mal ausgemacht. Dann stand schon der Rückweg zum Zeltplatz an. Am Abend stand ein Stammesabend an mit Halstuchverleihung. Nach einem Schweigemarsch fanden wir uns erst zur Halstuchverleihung ein. Zwei meiner Sipplinge erhielten das blau-grüne Halstuch. Danach gab es Tschai und es wurden Lieder gesungen. Die komplette Karlshulder Teillager-Leitung fand sie ein, ebenso die Regionsleitung. Nach einem schönen Abend hieß es nur noch einmal schlafen, bis zum letzten regulären Lagertag.
8. Tag, Freitag, 06. August, Länderbrunch, LagerabschlussDer Morgen des letzten Lagertages begann mit dem Länderbrunch. Alle Pfadis nahmen an einer Veranstaltung ihres Länderverbands teil. Der VCP Bayern hielt am Kochtopf (zentrale Lagerbaute TL Port Puree) ein Frühstück mit rund 700 Menschen ab. Der Nachmittag war frei. Hier konnte jeder nochmal die Zeit nutzen, liebgewonnene Menschen zu besuchen. Ich verweilte beim VCP Himmelkron. Am Abend stand der offizielle Lagerabschluss an. Erst stand der Abschluss im Teillager an, dann ging es in Richtung Hauptbühne. Und unser Teillager übertraf alles. Als unser Teillager begrüßt wurde, hauten wir erstmal unseren Teillager-Schrei „Ole Ole Port Puree – Volle Düse Lauchgemüse“ raus. Und alle staunten. Nein, wir setzen noch einen drauf. Als unser TL gerufen wurde, sprangen wir alle hoch. Alma Matar (Teillager des VCP Niedersachsen) versuchte uns zu übertrumpfen, kam allerdings nicht an uns ran. „Alma wir hören nichts“ brachten wir den Niedersachsen entgegen. Das Lagerlied ertönte zum letzten Mal. Und zum Abschluss folgte das Bundeslied „Allzeit Bereit“, Gänsehaut pur. 5.000 singen das Bundeslied, damit war das Bundeslager beendet. Am Abend wurde dann noch ordentlich gefeiert, die letzte Nacht auf dem Bundeslager, die letzte Nacht mit liebgewonnenen Menschen. Und es wurde schon fleißig verabschiedet. Man konnte ja nicht wissen, ob man denjenigen am Abbau-Tag nochmal sieht.
9. Tag, Samstag, 08. August, AbreiseAm Abbau-Tag hieß es normal drei Stunden volle Power. Um 06:45 Uhr wurde geweckt und bereits mit dem Zeltabbau begonnen. Nachdem Frühstück wurde das Werk vollendet. Am meisten Arbeit stellte das Küchenzelt, der sogenannten Gelenkbinder da. Das Küchenzelt muss ausgeräumt werden, die Kisten gepackt werden und das Zelt abgebaut werden. Eigentlich waren wir voll im Zeltplan. So hieß es dann letzte Eindrücke vom Bundeslager sammeln, sich von einigen Leuten verabschieden und den Lagerplatz in Richtung Bus verlassen. Bundeslager das war´s. Das Bundeslager 2010 war für mich ein wunderschönes Erlebnis. Ich habe viele alte Freunde wieder getroffen und viele neue nette Leute kennengelernt. Ich denke, daraus werden sich Freundschaften über Jahre hinaus entwickeln. Ich nehme vieles von diesem Lager mit, ganz nachdem Motto: Leinen los, auf zu neuen Abenteuern.