Buddy Whittington
John Mayall hatte schon immer ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Gitarristen: Eric Clapton, Peter Green, Mick Taylor, Coco Montoya, Walter Trout. Der letzte amtliche Gitarrist der Bluesbreakers hieß/heißt Buddy Whittington.
Und dieser 1956 in Fort Worth geborene Texaner steht heute auf der Bühne des Spirit of 66 in Verviers.
Was in den nun folgenden zwei Stunden geboten wird, verdient ohne Umschweife vom ersten Lick an bis zum letzten Akkord das Prädikat: „Besonders wertvoll“. Und dies ist noch recht bescheiden ausgedrückt. Man fragt sich einfach nur und das immer wieder, wo diese Amerikaner all diese Talente herholen. Und hier auf dem „Alten Kontinent“ kennt man ja lediglich die Spitzen der Eisberge.
Der Mann spielt mit einer ausgefeilten Technik, die aber das das Feeling nicht beherrscht. Es ist eher umgekehrt. Um allen möglichen stilistischen Schattierungen, die die Ausdrucksweise von Bluessongs nun mal beinhalten, gerecht zu werden, braucht es eben ein gewisses Maß an technischer Vollkommenheit, und wenn diese gleichsam in den Hintergrund rutscht und somit einer offensichtlichen Leichtigkeit und Spielfreude weicht, ist die Sache erst wirklich perfekt.
Und genau das trifft bei Buddy Whittington’s Spiel zu.
Am Sound gibt es nichts zu mäkeln, der ist im Spirit of 66 immer top. Was Buddy Whittington aus seiner Lentz Guitar, einem Fender Stratocaster nachempfundenen Edelinstrument, herausholt und über seinen Dr. Z Amp an unsere Ohren bringt, ist schlichtweg phänomenal. Ehrlich, hierfür die Worte zu finden, die diesem Spiel gerecht werden, scheint mir schier unmöglich. Da hilft eigentlich nur eins: Man muss diesen Gitarristen live erleben, um das nachempfinden zu können, was er da auf die Bühne zaubert.
Wer dies nicht kann, mag sich mit der DVD oder auch mit der CD und dem Konzertmitschnitt zu John Mayall’s 70. Geburtstag begnügen, hier zeigt er immer wieder, dass er ein erstklassiger Gitarrist und ein ebenso guter Sänger ist. Nein, verstecken braucht sich ein Buddy Whittington nicht, auch nicht hinter Mick Taylor oder Eric Clapton, die bei dem John Mayall Konzert auch mit von der Partie sind.
Dann gibt es noch Buddy’s Soloscheibe, die als Titel schlicht seinen Namen trägt und von der heute einige Tracks live präsentiert werden. Z.B. «Second Banana»,«Stevie Rave On», das wunderbare Instrumental «Greenwood» oder ZZ Top’s «Sure Got Cold After the Rain Fell».
Um das Thema von Freddie King’s «Hideaway» spinnt Buddy eine atemberaubende Improvisation, die dem Kenner freudig zuckende Mundwinkel beschert. Apropos Freddie King, sein Stil blitzt auch bei Buddy immer wieder durch, das letzte Album der Bluesbreakers «In The Palace Of The King» ist dem „Texas Cannonball“, wie man Freddie nannte, gewidmet. Hiervon gibt es dann auch einige Titel wie beispielsweise «Big Legged Woman» oder «Going Down».
Zugaben gibt’s reichlich, für die Erste «Grits Ain’t Groceries» gehen die Musiker noch nicht einmal von der Bühne, die letzten beiden Titel sind dann «Roll The Dice» ohne Unterbrechung gefolgt von «Since I’ve Been Lovin’ You», was noch mal Gänsehautfeeling produziert.
Wow. Was für ein Konzert! Ich gebe die volle Einundzwanzig und das mit mindestens zehn Ausrufezeichen!
Bei all der Freude über Buddy Whittington’s Leistung sollte man natürlich nicht die drei weiteren Männer auf der Bühne vergessen, ohne die dieses musikalische Feuerwerk so nicht möglich gewesen wäre:
Roger Cotton, ehemals Mitglied in Peter Green’s Splinter Group, an den beiden Roland Keyboards. Klasse, seine Hammond- Teppiche, seine Piano- und funky Clavineteinlagen, eine tolle Ergänzung zu Buddy’s Gitarrenarbeit im Begleit- wie auch im Solospiel.
Pete Stroud, der ebenfalls in der Splinter Goup spielte, aber auch mit Roger Chapman oder Micky Moody, sorgt mit seinem Fretless PS Bass für die nötige tiefe Tongrundlage, auch doppelt er an einigen Stellen Buddy’s Gitarrenläufe. Die ideale Ergänzung, unauffällig, aber immer präsent.
Steve Dixon an den Drums, ein sehr präziser Schlagwerker mit allen nötigen Licks and Tricks, die ein ausgefeiltes Rhythmuselement braucht. Jemand, der nicht nur nach Schema „F“ verfährt, sondern immer wieder mit Einfallsreichtum überrascht, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen.
Alles in Allem war dieser Konzertabend einer derjenigen, von denen man noch lange zehrt und schwärmt. Und genau das werde ich tun.
Das Publikum hier und heute weiß das zu honorieren, der Applaus ist lang anhaltend und die Stimmen nach dem Gig sind alle überschwänglich positiv. Ein Erlebnis der Extraklasse.
Fazit: Ein Konzert von Buddy Whittington und seiner Crew sollte der geneigte Bluesfan also unbedingt nicht verpassen. Wirklich nicht.
Text und Fotos © 2009 Tony Mentzel
PS
An dieser Stelle auch noch mal ein großes DANKE an Francis vom Spirit of 66, der es immer wieder schafft, solche Spitzenveranstaltungen zu organisieren….