Buddhismus kam in zwei Wellen nach Tibet. Die erste war zwischen dem siebten und dem neunten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, auf der Höhe des tibetischen Imperiums, als Tibet große Teile Zentralasiens beherrschte. Der tibetische König Songtsen Gampo gab eine Schrift in Auftrag, welche auf Grundlage von Sanskrit (der alten Sprache von Indien) entwickelt werden sollte. Sein Nachfolger Trisong Detsun war Schirmherr über eine große Übersetzungsanstrengung, welche die gesamte Lehre Buddhas in das Tibetische übertrug. Nach dem Zusammenbruch dieses Imperiums gab es eine "dunkle Periode" von politischer und kultureller Zersplitterung in Tibet. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts machten viele Tibeter die mutige Reise über den Himalaya, um weitere buddhistische Texte und Techniken in Indien zu finden. Manche besuchten die großen buddhistischen Universitäten in Indien wie Nalanda, um die Philosophie und die Künste zu studieren. Manche suchten entfernte und trostlose Stellen auf, um die mündlichen Anweisungen von vollendeten Meditationsmeistern zu erhalten. Aus diesen Reisen und Unternehmungen entwickelten sich die unverwechselbaren Traditionen von einer buddhistischer Scholastik und Meditation in Tibet. Heute gibt es vier Hauptschulen des tibetischen Buddhismus. Nyingma (oder die "alte Schule") führt ihren Ursprung zur ersten Welle der Etablierung des Buddhismus in Tibet zurück. Die Sarma (die "neuen Schulen") welche sich in Sakya-, Kagyu- und Gelugschule sammelten, entwickelt sich aus der zweiten Welle. Einige Traditionslinien wie die Sakya- und die Gelugschule legten besonderen Wert auf den intellektuellen Ansatz der Lehren. In der Kagyu- und die Nyingmaschule wurde großer Wert auf die Meditation gelegt. Sie werden daher oft "Praxislinien" genannt. Innerhalb jeder dieser vier Hauptschulen gibt es über Generationen ungebrochene Folgen von Meister auf Schüler übertragene mündliche Lehren und Autorisierungen.