Wenn es einen Bereich der Science-Fiction gab, den ich im letzten Jahr in nur sehr begrenztem Umfang behandelt habe, dann war es die SF-Literatur. Darum nahm ich mir Ende 2013 vor, wieder öfter als in den zurückliegenden Monaten zu Romanen und Geschichtensammlungen zu greifen. Gesagt, getan. Gleich zwei Bücher waren es, die ich mir zu Gemüte geführt habe und die ich hier besprechen möchte.
Für den Science Fiction Club Deutschland e.V. (SFCD) gibt der Verlag p.machinery von Michael Haitel nun schon seit einiger Zeit die Reihe AstroSF heraus. Im August 2013 erschienen dort die Bände Blackburn (AstroSF 33) und Die Große Streifenlüge (AstroSF 32). Zwei Bücher, die abgesehen von der Tatsache, dass sie beide Geschichtensammlungen repräsentieren, unterschiedlicher nicht sein könnten.
Für Blackburn entwarf Herausgeber Michael Haitel als Inspiration für interessierte Autoren eine Prämisse in Form alternativer Geschichtsschreibung:
An dieser Stelle ist es müßig zu diskutieren, wie realistisch seinerzeit ein solches Szenario überhaupt gewesen wäre. Und ob wirklich nur vier Autoren Beiträge eingereicht haben oder alle übrigen nicht zur Veröffentlichung taugten, kann man als Außenstehender ebenfalls nicht beantworten. Tatsache ist, dass Blackburn mit 56 Seiten ein sehr überschaubarer Band (man könnte auch von Bändchen reden) geworden ist. Nun sagt Quantität nichts über Qualität aus, doch die Autoren hatten offenbar sichtlich Mühe mit der Prämisse, denn nur Merlin Thomas schafft es in Operation Heal, die Ausgangssituation wirklich für seine Erzählung zu nutzen. Folgerichtig ist sie das Highlight des Buches. Thomas' Geschichte spinnt den historischen Faden weiter und gewährt uns einen tiefen wie zynischen Blick in die Abgründe der Verquickung von Machtpolitik und Wirtschaftsinteressen. Im Vergleich zu dieser so gelungen Story fallen die anderen drei Beiträge deutlich zurück. Weder Urs Wolf (Homo Radians) noch Michael Weinberger (Anomalie) wussten mit der ihnen vorgegebenen Ausgangssituation wirklich etwas anzufangen. Und selbst der gestandene Matthias Falke (Die Mörserstellung) wirkt nicht sonderlich inspiriert. Wie gut, dass wenigstens Merlin Thomas für diesen Band die Kohlen aus dem Feuer holt. Seiner Geschichte ist es zu verdanken, dass ich hier sagen kann, es habe sich gelohnt, Blackburn zu lesen.
An das Buch Die Große Streifenlüge bin ich zugegebenermaßen mit einer Mischung aus Vorfreude und Unbehagen herangegangen. Mit Vorfreude deshalb, weil alle hier versammelten Geschichten durch Songs von Kate Bush inspiriert wurden und ich selbst ein großer Fan der Künstlerin bin. Gleichzeitig bereitete mit die Vorstellung Unbehagen, die Erzählungen könnten vielleicht mit der Klasse ihrer Inspirationsquellen nicht schritthalten. Man kennt das: Der Roman hat einen gepackt und von der Verfilmung war man anschließend enttäuscht. Vor diesem Hintergrund war ich umso erfreuter, als ich feststellen musste, dass ausnahmslos alle Storys in Die Große Streifenlüge bei mir auf Gegenliebe stießen.
Ich sagte eingangs, dass die Bücher Blackburn und Die Große Streifenlüge nicht unterschiedlicher sein könnten. Damit ging es mir nicht um den deutlich größeren Umfang der letztgenannten Veröffentlichung, sondern um die Tatsache, dass Blackburn durch eine einzige (dafür aber richtig gute) Story davor bewahrt wird, komplett irrelevant zu sein, während Die Große Streifenlüge hingegen durchweg mit ihren Erzählungen zu punkten versteht. Wer als SF-Fan gleichzeitig Anhänger dieser englischen Ausnahmekünstlerin ist, wird an diesem Buch nur schwerlich (wenn überhaupt) vorbeikommen.
Die Große Streifenlüge möchte ich euch wärmstens ans Herz legen, doch Blackburn ist wahrlich Geschmackssache. Doch holt euch das Buch ruhig – und sei es nur, um euch ein eigenes Bild zu machen.
Die Fakten:
Titel: Blackburn Erschienen als Band 33 der Reihe AndroSF Verlag: p.machinery, Murnau für den SFCD Herausgeber: Michael Haitel Autoren: M. Falke, M. Thomas, M. Weinberger, U. Wolf Umfang: 56 Seiten Format: Taschenbuch Erscheinungsjahr: 2013 Preis: 5,90 Euro
ISBN: 978 3 942533 70 6
Titel: Die Große Streifenlüge Erschienen als Band 32 der Reihe AndroSF Verlag: p.machinery, Murnau für den SFCD Herausgeber: Michael Haitel Autoren: E. Asui, G. Behrend, K. Beuchert, C. Heinzel, T. Sanss u.a. Umfang: 180 Seiten Format: Taschenbuch Erscheinungsjahr: 2013 Preis: 8,90 Euro
ISBN: 978 3 942533 69 0
Link: Website des Verlags p.machinery