Gibt man bei Google „superfood“ ein, spuckt die schlaue Maschine ganz fix 17.200.000 Ergebnisse aus. Folgt man Wikipedia, dann ist es in erster Linie ein Marketingbegriff. Den Begriff gibt es schon länger, aber so richtig in Mode gekommen ist er erst in den letzten Jahren. Allenthalben stolpert man über Chiasamen, Macawurzel oder Quinoa.
Was ist denn nun eigentlich Superfood? Gemeint sind Lebensmittel, die im Vergleich zu „normalem“ Essen besonders große Gesundheitsvorteile bieten sollen. Und: es sind in aller Regel Lebensmittel gemeint, die von weit, weit her kommen.
Hier setzt das Buch an: ist es wirklich nötig, dass wir exotische Nahrungsmittel um den Globus schippern, um in den Genuss der gesundheitlichen Vorteile zu kommen? Wie groß sind überhaupt die gesundheitlichen Vorteile? Und welchen Preis zahlen wir eigentlich für den landwirtschaftlichen und logistischen Aufwand, der da betrieben wird?
Das Buch startet mit einem ausführlichen Einleitungsteil. Es wird kurz erklärt, was Superfoods eigentlich genau sind und dann geht es mitten hinein in das Thema Nachhaltigkeit. Das beginnt mit der Frage nach der Ökologie: es ist klar, dass die Natur beeinflußt wird von der Art, wie wir uns ernähren. Und leider ist es so, dass viele der begehrten Superfoods nicht nur irrsinnige Transportwege benötigen, sondern dass in den Anbauländern auch Raubbau an der Natur betrieben wird, um den Bedarf der Industrienationen befriedigen zu können. Oft erfolgt die Produktion auch unter unwürdigen Bedingungen und zu Hungerlöhnen. Wer also Superfoods kaufen möchte, sollte zumindest auf biologischen Anbau achten und nur Produkte kaufen, die das Fair Trade Siegel tragen. Die Transportwege bleiben natürlich trotzdem.
Das nächste Kapitel befasst sich mit den Inhaltsstoffen der Superfoods. Sie sind ja deshalb so beliebt, weil sie in aller Regel entweder extrem vitaminreich sind, sehr viele sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, wie Quinoa eine hervorragende Eiweißzusammensetzung haben oder Ähnliches. Allerdings gibt es da einen Haken: viele der Superfoods kommen nicht als naturlbelassene Produkte zu uns, sondern eher in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Inhaltsstoffe, sondern auch darauf, wie der Körper sie verwertet. Oft ist es auch so, dass die Benefits der tollen Inhaltsstoffe nur theoretisch im Labor getestet wurden („in vitro“). Ob sie dann beim Menschen tatsächlich auch so toll wirken („in vivo“), das weiß man oft gar nicht.
Dann geht es in die Einzelheiten: von der Açaibeere bis hin zu Spirulina erfahren wir Wissenswertes über einzelne exotische Superfoods. Erklärt werden gesundheitliche Wirkung, Anbau, Form der Verabreichung und die empfohlene Dosierung. Oft gibt es auch noch zusätzliche Tipps und Hintergrundinfos.
Ich greife einfach mal ein Produkt heraus: die Açaibeere – in verschiedenen Darreichungsformen ein Verkaufsschlager im Bioladen. Die Beere ist heimisch in Mittel- und Südamerika. Anbau und Ernte sind sehr harte Arbeit: die Arbeiter klettern bei sehr heißem, schwülen Klima barfuss und ungesichert auf den Palmen herum, um die Beeren zu ernten. Die Beeren werden gereinigt und weiterverarbeitet, dann per Flugzeug exportiert. Und warum? Begehrt sind die Beeren wegen ihres hohen Gehalts an Anthocyanen. Das ist ein sekundärer Pflanzenwirkstoff, der freie Radikale abfängt und somit in der Krebsprävention Gutes tut. Außerdem wird das Immunsysem angekurbelt; man sagt der Beere außerdem eine Schutzwirkung für das Gehirn nach, so dass das Risiko, an Parkinson oder Alzheimer zu erkranken, sinkt. Klingt gut, wurde aber bisher nur in Zellkulturen nachgewiesen und nicht am menschlichen Körper. Verkauft werden die Beeren in getrockneter Form, als Fruchtmark, Saft oder Pulver. Wenn dabei noch andere Bestandteile beigemischt werden, ist es schwierig, die richtige Dosierung zu finden.
Insgesamt gibt es bei nahezu jedem exotischen Superfood irgendeinen Haken; was immer bleibt, sind die langen Transportwege und oft auch die fragwürdigen Produktionsbedingungen. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass man bei einer ausgewogenen Ernährung auf die Exoten gut verzichten kann ohne gesundheitliche Einbußen fürchten zu müssen. Da trifft es sich gut, dass sich ein letztes Kapitel des Buches den einheimischen Superfoods widmet. Wer sich also gerne viele Anthozyane zuführen möchte, der muss nicht die teure, weitgereiste Açaibeere kaufen. Unsere Heidelbeeren können da durchaus mithalten. Und es gibt sie frisch. Außerdem gelistet sind Aronia, Brennessel, Sanddorn, Hanfsaat, Giersch, Leinsamen – der ähnliches leistet wie die gehypten Chia-Samen – und einige andere.
Fazit: Das ist – erfreulicherweise, finde ich – nicht wirklich ein Schwarzbuch. Es ist eine kritische und fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Superfood. Anbau und Inhaltsstoffe werden sachlich und fundiert erklärt. Besonders gelungen finde ich, dass mit den einheimischen Superfoods Alternativen zu den importierten Produkten aufgezeigt werden.
Und um schon mal vorzugugreifen: im nächsten Beitrag stelle ich Euch ein Buch vor, dass sich auf entspannte Art mit gesunder Ernährung befasst und so gut wie ohne Superfoods auskommt
- Gebundene Ausgabe: 87 Seiten
- Verlag: Stocker, L
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3702015817
- € 9,95