Nachdem Heiner Jestrabeks biographisch-politische Skizze 2002 im freiheitsbaum-Verlag erschien, kam 2014 im Dietz-Verlag diese umfangreiche Biographie heraus:
Buchvorstellung – Foto: © I-vista / pixelio.de
Ulrich Weitz: Der Mann im Schatten. Eduard Fuchs. Sitten-Fuchs. Sozialist. Konspirateur. Sammler. Mäzen.
Im Klappentext heißt es: “Eduard Fuchs (1870-1940) wird durch seine sechsbändige “Illustrierte Sittengeschichte (1908-1912) berühmt und wohlhabend. Max Slevogt verdankt ihm seine Entdeckung; Honoré Daumier seine Wiederentdeckung. Wegen anarchistischer Aktivitäten verbringt der spätere Kunsthistoriker mehrfach Monate im Gefängnis;..
..als junger Mann baut er die “Münchener Post” zum modernen Medienkonzern der Sozialdemokratie um, wird Chefredakteur des “Süddeutschen Postillon” und entdeckt die Karikatur als Waffe. Während des Ersten Weltkrieges laufen über Fuchs die Kontakte zwischen den Führern der Linken quer durch Europa, bei bürgerlichen Pazifisten sammelt er Geld für die Streikaufrufe des Spartakusbundes. 1918 verhandelt Fuchs in Moskau mit Lenin im Auftrag von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht; Lenin nennt ihn den “Mann im Schatten”. Mit Felix Weil und Max Horckheimer gründet Fuchs 1924 das Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. 1928 bricht Fuchs mit der KPD und wird zum Finanzier der KPD(O). 1933: In der Nacht des Reichtagsbrandes beginnt seine Emigration. Gestapo und Finanzamt Zehlendorf beschlagnahmen die Villa und die Kunstsammlung. Kurz vor dem Einmarsch der Deutschen in Paris wird Eduard Fuchs auf dem Friedhof Père Lachaise beerdigt. Dieses Buch holt Eduard Fuchs aus dem Schatten.”
Weitz´ Buch enthält freilich doch mehr als die mit stereotypen Markern arbeitende Werbung anpreist. Und Fuchs wird auch nicht aus dem Schatten geholt: er wurde bereits von W. Benjamin, T. Huonker und auch Weitz vorgestellt.
In der neuen Biografie knüpft der Autor an seine 1990 an der Universität Stuttgart angenommene Dissertation an. Er begründet die Wiederaufnahme des Themas damit, dass er neue “wichtige, bisher nicht publizierte Quellen zu Eduard Fuchs” (S.15) erschlossen habe: die zuerst in Moskau eingelagerten, dann in die DDR gelangten und nun im Bundesarchiv in Berlin aufbewahrten Dokumente “Fuchs, Eduard: Direktor des Archivs des deutschen soziologischen Instituts”; die Briefe des marxistischen Wissenschaftlers David Rjasanow an Fuchs aus dem “Russischen Zentrum zur Aufbewahrung und zum Studium der Dokumente der neuesten Geschichte” in Stuttgart und das umfangreiche Material zur Emigrationszeit Fuchs´, das in der “Nicolaevsky Collection” der “Hoover Institution on War, Revolution and Peace” in Stanford/Ca. vorhanden ist.
Im neuen Buch erweitert Weitz den Blick auf Fuchs, den er zuvor in seiner Dissertation vor allem als Sozialdemokraten behandelte. Jetzt sieht er Fuchs “als engagierten Kommunisten, der seine Tätigkeit allerdings weniger in konkreter Parteiarbeit als vielmehr in der Bündnis- und Kulturpolitik sah […] Außerdem wird er als Kunstsammler und als Teil der Berliner Kunstszene im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gezeigt.”
Grundlegend neues über Fuchs´ literarische und politische Tätigkeit bietet Weitz nicht. Die Bedeutung, die Fuchs für das frankfurtistische “Institut für Sozialforschung” und dessen sozialwissenschaftliches Archiv in Berlin zukommt, arbeitete bereits Jestrabek ebenso auf wie er den Briefwechsel mit Rjasanow (teils als Faksimilé) vorstellte. Neues erfährt der Leser über die Exilzeit Fuchs´ aufgrund des Materials der Stanford University (dort konnte allerdings das von Weitz zitierte Fuchs-Manuskript “Der Mann im Schatten. Autobiographisches Fragment” nicht in der von Weitz genannten Fundstelle identifiziert werden [18, Anm. 5]). Auch wäre es merkwürdig, wenn Fuchs als stark an öffentlicher Reputation orientierte Persönlichkeit seine Autobiografie allein auf eine Episode mit Lenin und als dessen “Schattenmann” titelgebend zugespitzt hätte.
Davon abgesehen, halte ich das reichlich und teilweise farbig bebilderte, informationsreiche Buch über Eduard Fuchs als facettenreiche Persönlichkeit der traditionellen Arbeiterbewegung für empfehlenswert.
von Wilma Ruth Albrecht
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Quellen – weiterführende Links
Ulrich Weitz: Der Mann im Schatten. Eduard Fuchs. Sitten-Fuchs. Sozialist. Konspirateur. Sammler. Mäzen. Berlin 2014, 400 p., 39.90 €
Foto: © I-vista / pixelio.de
Wikipedia über Eduard Fuchs – Kulturwissenschaftler